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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
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anfangen?«
»Mir ist natürlich bewusst, dass die Bank in den letzten Jahren hinter ihren Mitbewerbern zurückgefallen ist. Vielleicht legen wir als Familienunternehmen einfach mehr Wert auf die Beziehung zu den Kunden als auf das Geschäftliche. Das ist etwas, was deinem Vater bestimmt gefällt, Nat. Vielleicht hat er aus diesem Grund seit über dreißig Jahren ein Konto bei uns.« Nat nickte zustimmend. »Ihr wisst ja auch, dass uns ein oder zwei Mal andere Banken schlucken wollten, aber auf diese Weise will ich meinen Berufsweg nicht beenden – als Leiter einer anonymen Filiale irgendeiner Großbank. Ich sage euch, was mir vorschwebt. Ich möchte, dass ihr beide in den ersten sechs Monaten die Bank von oben bis unten durchleuchtet. Ich gebe euch carte blanche – ihr dürft alle Fragen stellen, alle Türen öffnen, alle Akten lesen, alle Konten einsehen. Am Ende der sechs Monate werdet ihr mir sagen, was getan werden muss. Und denkt auch nicht eine Sekunde darüber nach, meine Gefühle zu schonen, denn ich weiß, wenn es die Russell Bank ins nächste Jahrhundert schaffen will, dann müssen wir von Grund auf erneuert werden. Wie lautet also eure erste Frage?«
»Kann ich bitte den Schlüssel zur Tür bekommen?«, bat Nat.
»Warum?«, wollte Mr Russell wissen.
»Weil 10 Uhr als Öffnungszeit für die Belegschaft einer progressiven Bank etwas zu spät ist.«
Als Nat mit Tom am Steuer nach New York zurückfuhr, teilten sie untereinander ihre Verantwortungsbereiche auf.
»Dad war sehr gerührt, dass du Chase abgesagt hast, um zu uns zu kommen«, meinte Tom.
»Du hast dasselbe Opfer gebracht, als du die Bank of America verlassen hast.«
»Schon, aber der Alte Herr ist immer davon ausgegangen, dass ich ihn ablöse, sobald er seinen fünfundsechzigsten Geburtstag feiert. Und ich wollte ihn schon warnen, dass ich das nicht tun werde.«
»Warum nicht?«, erkundigte sich Nat.
»Ich habe weder die Visionen noch die Ideen, die nötig sind, um die Bank zu retten. Du aber schon.«
»Zu retten?«, meinte Nat.
»Ja. Wir wollen uns nichts vormachen. Du hast die Bilanz gesehen, also weißt du so gut wie ich, dass wir gerade noch genug verdienen, damit meine Eltern ihren Lebensstandard aufrechterhalten können. Aber die Gewinne sind seit Jahren nicht gestiegen. In Wahrheit braucht die Bank deine Fähigkeiten mehr als einen Packesel wie mich. Darum müssen wir uns über eine Sache einigen, bevor es zum Thema wird: Was die Bank angeht, beabsichtige ich, an dich als Geschäftsführer zu berichten.«
»Aber du wirst dennoch Vorstandsvorsitzender werden müssen, sobald dein Vater in den Ruhestand geht.«
»Warum?«, fragte Tom. »Du wirst doch derjenige sein, der alle strategischen Entscheidungen trifft.«
»Weil die Bank deinen Namen trägt und in einer Stadt wie Hartford ist das immer noch wichtig. Es ist gleichermaßen wichtig, dass die Kunden niemals herausfinden, welche Zügel der Geschäftsführer hinter den Kulissen in der Hand hält.«
»Ich spiele mit, aber nur unter einer Bedingung«, sagte Tom. »Gehälter, Prämien und alle anderen Einnahmen werden zu gleichen Teilen zwischen uns aufgeteilt.«
»Das ist sehr großzügig von dir«, sagte Nat.
»Nein, ist es nicht«, widersprach Tom. »Vielleicht clever, aber nicht großzügig, denn fünfzig Prozent von dir bringen einen sehr viel höheren Gewinn als einhundert Prozent von mir.«
»Vergiss nicht, dass ich bei Morgan soeben ein Vermögen verloren habe«, warnte Nat.
»Und zweifelsohne hast du daraus etwas gelernt.«
»Genauso wie damals, als wir es mit Ralph Elliot zu tun hatten.«
»Nur ein Name aus der Vergangenheit. Irgendeine Ahnung, was er gerade macht?«, fragte Tom und bog auf die Route 95.
»Das Letzte, was ich nach Stanford von ihm gehört habe, war, dass er ein hochkarätiger Anwalt in New York geworden sein soll.«
»Ich möchte nicht zu seinen Mandanten gehören«, sagte Tom.
»Oder vor Gericht gegen ihn antreten müssen«, ergänzte Nat.
»Tja, wenigstens darüber müssen wir uns keine Sorgen machen.«
Nat sah aus dem verschmierten Fenster, während sie durch Queens fuhren. »Sei dir da mal nicht zu sicher, Tom. Falls irgendwann etwas schief gehen sollte, wird er ganz sicher die Gegenseite vertreten wollen.«
    *
    Sie saßen im Kreis um sein Bett, plauderten über dies und das, nur nicht über das eine Thema, das ihnen am Herzen lag. Die einzige Ausnahme war Lucy, die mitten auf dem Bett saß und ihren Opa als lebendes Schaukelpferd benützte. Joannas Kinder hielten

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