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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
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sich da schon mehr zurück. Fletcher konnte nicht glauben, wie sehr Harry Junior gewachsen war.
    »Bevor ich zu müde dazu bin«, sagte Harry, »muss ich unter vier Augen mit Fletcher sprechen.«
Martha trieb ihre Familie aus dem Zimmer. Offenbar wusste sie, worüber ihr Mann mit seinem Schwiegersohn reden wollte.
»Ich sehe dich nachher zu Hause«, sagte Annie, während sie die widerspenstige Lucy wegzerrte.
»Und dann sollten wir auch gleich nach Ridgewood aufbrechen«, rief Fletcher ihr in Erinnerung. »Ich kann es mir nicht leisten, morgen zu spät zur Arbeit zu kommen.« Annie nickte und schloss die Tür.
Fletcher zog einen Stuhl heran und setzte sich neben den Senator. Er fing gar nicht erst groß mit Smalltalk an, da sein Schwiegervater erschöpft wirkte.
»Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, was ich sagen soll«, begann der Senator. »Der einzige Mensch, mit dem ich darüber gesprochen habe, ist Martha und sie ist absolut meiner Meinung. Wie bei so vielen Dingen in den letzten dreißig Jahren bin ich mir nicht sicher, ob es nicht vielleicht sogar ihre Idee war.« Fletcher lächelte. Ganz wie Annie, dachte er und wartete, dass der Senator fortfuhr. »Ich habe Martha versprochen, nicht zur Wiederwahl anzutreten.« Der Senator schwieg.
»Annie würde es gern sehen, wenn Sie alt und grau würden, anstatt bei einer Rede vor dem Senat tot umzufallen, wie wichtig diese Rede auch sein mag«, sagte Fletcher. »Und da stimme ich ihr zu.«
»Ich weiß, dass die beiden Recht haben, Fletcher, aber bei Gott, ich werde es vermissen.«
»Und man wird Sie vermissen, Sir.« Der Senator ignorierte das Kompliment. Offenbar wollte er sich nicht vom Kurs abbringen lassen.
»Als Jimmy auf die Welt kam, hatte ich die verrückte Vorstellung, dass er eines Tages meinen Platz einnehmen, vielleicht sogar nach Washington gehen und unseren Bundesstaat dort repräsentieren könnte. Aber schon bald wurde mir klar, dass es niemals so kommen würde. Mein Stolz auf ihn könnte nicht größer sein, aber er ist einfach nicht aus dem Holz geschnitzt, das es für ein öffentliches Amt braucht.«
»Er hat verdammt gute Arbeit geleistet und mich zum Präsidenten gemacht«, sagte Fletcher. »Gleich zwei Mal.«
»Das hat er«, räumte Harry ein, »aber Jimmy wird immer im Maschinenraum schuften, denn er ist nicht für das Steuerruder geschaffen.« Er schwieg erneut. »Doch vor zwölf Jahren traf ich beim Footballspiel Hotchkiss gegen Taft einen jungen Mann, der es kaum erwarten konnte, ans Steuerruder gelassen zu werden. Eine Zufallsbegegnung, die ich niemals vergessen werde.«
»Ich auch nicht, Sir«, pflichtete Fletcher ihm bei.
»Im Lauf der Jahre konnte ich beobachten, wie dieser Knabe zu einem anständigen jungen Mann heranwuchs und ich bin stolz darauf, dass er heute mein Schwiegersohn und Vater meiner Enkeltochter ist. Und bevor ich zu rührselig werde, Fletcher, sollte ich jetzt auf den Punkt kommen, sonst schläft noch einer von uns beiden ein.«
Fletcher lachte.
»Schon bald werde ich bekannt geben, dass ich für eine Wiederwahl in den Senat nicht zur Verfügung stehe.« Er hob den Kopf und sah Fletcher direkt in die Augen. »Gleichzeitig möchte ich ankündigen, wie stolz ich bin, dass mein Schwiegersohn, Fletcher Davenport, sich bereit erklärt hat, an meiner Stelle anzutreten.«

28
    NAT BRAUCHTE KEINE SECHS MONATE, um herauszufinden, warum die Russell Bank seit über zehn Jahren keine höheren Gewinne einfahren konnte. So gut wie jede moderne Banklehre wurde ignoriert. Die Russell Bank lebte immer noch im Zeitalter handschriftlicher Hauptbücher, personalisierter Konten und der festen Überzeugung, dass ein Computer mehr Fehler macht als ein Mensch und daher eine Verschwendung von Zeit und Geld darstellte. Nat suchte drei oder vier Mal pro Tag Mr Russells Büro auf und stellte jedes Mal fest, dass das, worauf sie sich morgens geeinigt hatten, am Nachmittag schon wieder über den Haufen geworfen worden war. Das geschah für gewöhnlich, kurz nachdem ein langjähriges Belegschaftsmitglied mit einem Lächeln im Gesicht Mr Russells Büro verlassen hatte. Häufig musste Tom die Scherben aufkehren. Wenn er nicht gewesen wäre, um seinem Vater zu erklären, warum die Änderungen notwendig waren, hätte es womöglich nie einen Sechs-Monats-Bericht gegeben.
    An den meisten Abenden kam Nat erschöpft und manchmal wütend nach Hause. Er warnte Su Ling, dass es eine Kraftprobe geben könnte, sobald er seinen Bericht vorlegte. Und er war sich

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