Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
Vom Netzwerk:
keineswegs sicher, ob er immer noch Vizepräsident der Bank sein wollte, wenn der Vorstandsvorsitzende nicht in der Lage war, alle Veränderungen zu schlucken, die er empfahl. Su Ling beschwerte sich nicht, obwohl sie es erst vor kurzem geschafft hatte, ihre kleine Familie in dem neuen Haus einzuquartieren, die Wohnung in New York zu verkaufen, eine Vorschule für Luke zu finden und ihre Vorlesungen als Statistikprofessorin an der UConn für den Herbst vorzubereiten. Die Vorstellung, wieder nach New York zu ziehen, gefiel ihr gar nicht.
    Daneben beriet sie Nat, welche Computer für die Bank am kostengünstigsten sein würden, überwachte deren Installation und veranstaltete Abendkurse für jene Bankangestellten, die mehr lernen wollten, als nur, wie man einen Computer einschaltet. Aber Nats größtes Problem war die chronische personelle Überbesetzung. Er hatte den Vorstandsvorsitzenden bereits darauf hingewiesen, dass die Russell Bank derzeit 71 Belegschaftsmitglieder zählte und dass die Bennett Bank, die einzige andere unabhängige Bank der Stadt, dieselben Leistungen mit nur 39 Angestellten anbot. Nat erstellte einen getrennten Bericht über die finanziellen Folgen der personellen Überbesetzung und schlug ein Vorruhestandsprogramm vor, das zwar die Gewinne der nächsten drei Jahre beschneiden, aber langfristig zu Gunsten der Bank arbeiten würde. Das war der Dreh- und Angelpunkt, an dem Nat nicht nachgeben wollte. Wie er Tom beim Abendessen mit Su Ling erklärte, würden sie alle arbeitslos werden, wenn sie damit noch zwei Jahre bis zur Pensionierung von Mr Russell warteten.
    Sobald Mr Russell Nats Bericht gelesen hatte, beraumte er für Freitagabend 18 Uhr eine Krisensitzung ein. Als Nat und Tom in das Büro des Vorstandsvorsitzenden traten, schrieb er gerade einen Brief. Bei ihrem Eintritt sah er auf.
    »Es tut mir Leid, dass ich nicht in der Lage bin, euren Empfehlungen zu folgen«, sagte Mr Russell, noch bevor seine beiden Vizepräsidenten sich setzen konnten. »Ich habe nicht vor, Angestellte zu entlassen, mit denen ich teilweise seit dreißig Jahren zusammenarbeite.« Nat versuchte angesichts der Aussicht, zweimal in sechs Monaten gefeuert zu werden, zu lächeln. Er fragte sich, ob Jason bei Chase immer noch eine Stelle für ihn hatte. »Darum bin ich zu dem Schluss gekommen«, fuhr der Vorstandsvorsitzende fort, »dass dieser Plan nur funktionieren kann« – er legte beide Hände auf den Bericht, als ob er ihn segnen wollte –, »wenn die Person, die gehen muss, ich selbst bin.« Er unterschrieb den Brief, den er aufgesetzt hatte, und reichte seinem Sohn seine Kündigung.
    Bill Russell verließ das Büro an jenem Abend um 18 Uhr 12 und betrat das Gebäude niemals wieder.
     
    *
    »Welche Qualifikationen haben Sie für ein öffentliches Amt?« Fletcher sah von seinem Podest aus auf die kleine Gruppe an
Journalisten, die vor ihm saß. Harry lächelte. Das war eine von
    siebzehn Fragen, deren Antworten sie am Vorabend vorbereitet hatten.
    »Ich habe nicht sehr viel Erfahrung«, räumte Fletcher ein, entwaffnend, wie er hoffte, »aber ich wurde in Connecticut geboren und bin dort aufgewachsen, bevor ich nach New York ging und in eine der angesehensten Kanzleien des Landes eintrat. Ich möchte die Fähigkeiten, die ich mir dort erworben habe, für die Menschen von Hartford einsetzen.«
    »Denken Sie nicht, dass Sie mit sechsundzwanzig noch ein wenig zu jung sind, um uns zu sagen, wie wir unser Leben zu führen haben?«, wollte eine junge Dame aus der zweiten Reihe wissen.
    »Ich war im selben Alter«, warf Harry ein, »und Ihr Vater hat sich nie beklagt.« Ein oder zwei der älteren Berichterstatter lächelten, aber die junge Frau ließ sich nicht so einfach abspeisen.
    »Sie kamen damals aus einem Weltkrieg zurück, Senator, und hatten drei Jahre Erfahrung als Offizier an der Front. Darf ich fragen, Mr Davenport, ob Sie Ihren Einberufungsbescheid während des Vietnamkrieges verbrannt haben?«
    »Nein, das habe ich nicht«, sagte Fletcher. »Ich habe nie einen Einberufungsbescheid erhalten. Wenn ich einen erhalten hätte, hätte ich mit Freuden gedient.«
    »Können Sie das beweisen?«, verlangte die Journalistin zu wissen.
»Nein«, erwiderte Fletcher. »Aber wenn Sie meine Rede im Rahmen der Erstsemestlerdebatte in Yale lesen, räumt das sicher all Ihre Zweifel bezüglich meiner Gefühle zu diesem Thema aus.«
»Wird Ihr Schwiegervater die Fäden ziehen, falls Sie gewählt werden?«, erkundigte sich ein

Weitere Kostenlose Bücher