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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der perfekte Dreh
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bestiegen. An jenem denkwürdigen Donnerstag muß ich für jeden Klienten, der meinen Rat erbat, einen miserablen Rechtsbeistand abgegeben haben.
    Während der folgenden Woche fuhr ich jeden Morgen um dieselbe Uhrzeit – höchstens einige Minuten früher oder später – an der Bushaltestelle vorbei, sah sie jedoch nie wieder. Ich fing an, mich zu fragen, ob die ganze Szene vielleicht nur ein Produkt meiner Phantasie gewesen war. Dann entdeckte ich Christina wieder, als ich eines Tages, nachdem ich einen Klienten aufgesucht hatte, durch die Stadt zurückfuhr. Sie war allein, und ich trat hart auf die Bremse, als ich sah, wie sie ein Geschäft in der Bloor Street betrat. Diesmal parkte ich den Wagen in zweiter Spur und überquerte schnell die Straße, wobei ich mich wie ein schäbiger Privatdetektiv fühlte, der sein Leben damit verbringt, durch fremde Schlüssellöcher zu gucken.
    Was ich sah, überraschte mich – nicht die Tatsache, sie in einem eleganten Damenmodengeschäft zu sehen, sondern die Entdeckung, daß sie dort arbeitete.
    Im Augenblick, da ich sah, wie sie einen Kunden bediente, rannte ich zurück zu meinem Wagen. Sobald ich in meinem Büro angekommen war, fragte ich meine Sekretärin, ob ihr ein Geschäft namens »Willing’s« bekannt sei.
    Meine Sekretärin lachte nur. »Wenn Sie verheiratet wären, wüßten Sie, daß es das teuerste Damenmodengeschäft in der Stadt ist«, fügte sie hinzu.
    »Wissen Sie noch etwas über den Laden?« fragte ich und versuchte dabei, gleichgültig zu klingen.
    »Nicht sonderlich viel«, sagte sie. »Nur, daß die Besitzerin eine reiche Lady namens Mrs. Klaus Willing ist, über die oft in Frauenzeitschriften berichtet wird.«
    Weitere Fragen brauchte ich meiner Sekretärin nicht zu stellen, und ich werde Dich, Vater, auch nicht mit einem Bericht über meine anschließende Detektivarbeit belästigen. Ausgerüstet mit diesen ersten bruchstückhaften Informationen brauchte ich nicht lange, bis ich wußte, wo Christina wohnte, daß ihr Mann Geschäftsleiter einer Auslandsfiliale von BMW war und daß sie nur dieses eine Kind hatten.
    Der Rabbi holte tief Luft und warf einen Blick auf die Uhr auf seinem Schreibtisch, was mehr aus Gewohnheit geschah als aus dem Bedürfnis zu erfahren, wie spät es sei. Er ließ einige Sekunden vergehen, bevor er sich wieder dem Brief zuwandte. Damals war er so stolz auf seinen Sohn gewesen, als dieser sich zum Rechtsanwalt gemausert hatte, warum nur hatte er damals nicht den ersten Schritt zu einer Versöhnung getan? Wie gern hätte er seinen Enkel gesehen!
    Zu meinem endgültigen Beschluß brauchte ich keinen juristischen Scharfsinn, sondern nichts weiter als ein wenig gesunden Menschenverstand – obgleich ein Rechtsanwalt, der gleichzeitig sein eigener Mandant ist, sich zweifellos selbst betrügt. Eine Kontaktaufnahme, so beschloß ich, mußte direkt erfolgen, und ich hielt einen Brief für den einzigen Weg, den Christina akzeptieren würde.
    An jenem Montagmorgen schrieb ich eine einfache Nachricht, die ich mehrmals überarbeitete, bevor ich beim »Fleet Kurierdienst« anrief und bat, sie ihr persönlich im Laden auszuhändigen. Als der junge Mann mit dem Brief davonfuhr, wäre ich ihm am liebsten gefolgt, um sicherzugehen, daß er ihn auch der richtigen Person übergab. Ich kann seinen Inhalt noch immer Wort für Wort wiederholen.
    Liebe Christina, Du sollst wissen, daß ich hier in Toronto lebe und arbeite. Können wir uns sehen? Ich werde an jedem Abend dieser Woche zwischen sechs und sieben im Klubraum des Royal York Hotels auf Dich warten. Falls Du nicht kommen solltest, kannst Du Dich darauf verlassen, daß ich Dich nie wieder belästigen werde. Benjamin
Ich traf an jenem Abend fast dreißig Minuten zu früh dort ein. Wie ich mich erinnere, nahm ich in einem unpersönlich wirkenden, gleich neben der Haupthalle gelegenen Klubraum Platz und bestellte eine Tasse Kaffee.
    »Erwarten Sie noch jemanden, Sir?« fragte der Kellner. »Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen«, antwortete ich. Es kam niemand, doch ich blieb trotzdem noch bis sieben Uhr
    vierzig an meinem Platz.
    Am Donnerstag hatte der Kellner schließlich aufgehört zu fragen, ob sich jemand zu mir gesellen würde, während ich allein dasaß und erneut eine Tasse Kaffee kalt werden ließ. Alle paar Minuten schaute ich auf meine Armbanduhr. Jedesmal, wenn eine Frau mit blondem Haar den Klubraum betrat, tat mein Herz einen Sprung, aber es war nie die Frau, auf die ich

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