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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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klopfte, hoffte Cathy nur, es würde nicht zu offensichtlich sein, daß sie noch nie zuvor in ein so wunderschönes Haus eingeladen worden war. Doch kaum hatte der Butler sie hineingebeten, verließen sie ihre Hemmungen, denn sie sah, welche Leckerbissen es hier zu genießen gab. Während andere den unentwegt nachgeschenkten Champagner tranken und sich von den auf Silbertabletts herumgereichten Appetithappen bedienten, galt ihre Aufmerksamkeit anderen Dingen. Sie stieg die Treppe hinauf und genoß dabei eine seltene Augenweide nach der anderen.
    Die erste war ein Courbet, ein Stilleben in herrlich kräftigen Rot-, Orange- und Grüntönen; dann folgte ein Picasso, zwei von rosa Blüten umgebene Tauben, deren Schnäbel sich fast berührten; eine Stufe höher bewunderte sie einen Pissarro, der eine alte Frau zeigte, die eine Heugarbe trug, ein Bild, das von verschiedenen Grüntönen beherrscht wurde. Und unwillkürlich hielt sie den Atem an, als sie als nächstes den Sisley sah, ein Gemälde der Seine, bei dem jeder Hauch von Pastell eine eigene Wirkung erzielte.
    »Das ist mein Lieblingsgemälde«, sagte eine Stimme hinter Cathy. Sie drehte sich um und sah einen großen jungen Mann mit leicht zerzaustem Haar und einem ansteckenden Lächeln. Seine Smokingjacke saß nicht so recht, seine Fliege war schief, und er lehnte am Geländer, als brauchte er es als Stütze.
    »Wunderschön«, sagte sie. »Als ich jünger war, versuchte ich selbst ein bißchen zu malen, und es war Sisley, der mich überzeugte, daß ich es lieber aufgeben sollte.«
»Wieso?«
Cathy seufzte. »Schauen Sie doch das Bild an! Das hat er
    mit siebzehn gemalt, als er noch zur Schule ging.«
»Gütiger Himmel«, sagte der junge Mann. »Eine Expertin.« Cathy lächelte ihren neuen Begleiter an.
»Vielleicht sollten wir uns auch noch die Werke im oberen
    Korridor ansehen?«
»Wird Sir Charles nichts dagegen haben?«
»Kann ich mir nicht vorstellen«, entgegnete der junge
    Mann. »Was hätte man denn davon, ein Sammler zu sein, wenn man anderen nicht die Gelegenheit gibt, seine Schätze zu bewundern?«
    Ermutigt durch seine Zuversicht, stieg Cathy eine weitere Stufe hoch. »Phantastisch!« sagte sie. »Ein früher Sickert! Kommt selten vor, daß mal einer verkauft wird.«
    »Sie arbeiten offenbar in einer Kunstgalerie.«
     
    »Ich arbeite bei Trumper«, erklärte Cathy stolz. »Chelsea
    Terrace 1. Und Sie?«
»Auf gewisse Weise gehöre ich auch zu Trumper«, gestand
er. Aus dem Augenwinkel sah Cathy Sir Charles aus einem der
oberen Zimmer näher kommen – ihre erste Begegnung mit dem
Vorsitzenden. Wie Alice wäre sie am liebsten durch ein
Schlüsselloch verschwunden, aber ihr Begleiter wirkte
ungerührt und schien sich wie zu Hause zu fühlen.
Der Gastgeber lächelte Cathy an, als er die Treppe
herunterstieg. »Hallo«, sagte er, als er auf ihrer Höhe war. »Ich
bin Charlie Trumper und habe schon viel über Sie gehört,
junge Dame. Natürlich habe ich Sie bei der italienischen
Auktion gesehen, und Becky sagt, daß Sie großartige Arbeit
leisten. Übrigens, Glückwunsch zum Katalog.«
»Danke, Sir.« Cathy wußte nicht, was sie sonst hätte sagen
sollen, da Sir Charles weiter die Stufen hinunterging und
unentwegt redete, ihren Begleiter jedoch ignorierte.
Erst als er weiter unten war, blickte er über die Schulter zurück und sagte: »Meinen Sohn haben Sie also schon kennengelernt. Lassen Sie sich nicht von seinem harmlosen Gelehrtenaussehen täuschen; er ist genauso ein Spitzbube wie sein Vater. Zeig ihr den Bonnard, Daniel.« Und schon
verschwand Sir Charles im Salon.
»Ah ja, der Bonnard. Vaters ganzer Stolz«, sagte Daniel.
»Ich könnte mir keine bessere Möglichkeit ausdenken, ein
Mädchen ins Schlafzimmer zu locken.«
»Sie sind Daniel Trumper?«
»Nein, Raffles, der berüchtigte Kunstdieb.« Daniel nahm
Cathys Hand und führte sie den Rest der Treppe hinauf ins
elterliche Schlafzimmer.
»Na, was sagen Sie dazu?« fragte er sie.
»Umwerfend.« Was anderes fiel Cathy nicht gleich ein,
während sie zu dem riesigen Bonnard-Akt – seine Geliebte
Michelle, die sich abtrocknete – aufblickte, der über dem
Doppelbett hing.
»Vater ist ungemein stolz auf diese Dame«, erklärte Daniel. »Und er erinnert uns immer wieder daran, daß er nur
dreihundert Guineen für sie bezahlen mußte. Beinahe so gut
wie der …« Er ließ den Satz unvollendet.
»Er hat einen ausgezeichneten Geschmack.«
»Der beste Laie auf diesem Gebiet, sagt Mutter. Und wer
könnte ihr

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