Archer Jeffrey
aus ihm herauszuquetschen?«
»Gott sei Dank«, antwortete Charlie. »Sieht so aus, als habe Guy Trentham eine Tochter gehabt.«
»Eine Tochter?« wiederholte Roberts, der seine Erregung nicht im Zaum halten konnte. »Und hat Cooper Ihnen einen Namen gesagt oder sonst etwas über sie erzählt?«
»Margaret Ethel. Ansonsten haben wir nur einen einzigen weiteren Hinweis: Mrs. Trentham, Guys Mutter, hat Melbourne 1927 besucht. Warum, konnte Cooper mir nicht sagen.«
»Bewundernswert«, sagte Roberts. »Sie haben in zwanzig Minuten mehr erreicht als ich in zwanzig Tagen.«
»Ja, aber ich hatte den Vorteil meiner distinguierten Geburt.« Charlie grinste. »Also, was meinen Sie, wo hat eine vornehme Engländerin in dieser Stadt zu jener Zeit ihr müdes Haupt zur Ruhe gebettet?«
»Ich bin nicht von hier«, bedauerte Roberts. »Aber mein Sozius Neil Mitchell kann uns da vielleicht helfen. Seine Familie ist schon vor über hundert Jahren nach Melbourne gekommen.«
»Worauf warten wir?«
Neil Mitchell runzelte die Stirn, als Roberts ihn fragte. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, gestand er, »aber meine Mutter müßte es wissen.« Er griff nach dem Telefon und wählte. »Sie ist Schottin, also wird sie versuchen, etwas für die Auskunft herauszuschlagen.« Charlie und Trevor Roberts standen vor Mitchells Schreibtisch und warteten, der eine geduldig, der andere ungeduldig. Nach den üblichen Worten, die eine Mutter von ihrem Sohn erwartet, stellte er seine Frage und lauschte aufmerksam ihrer Antwort.
»Vielen Dank, Mutter, du bist ein Schatz, wie immer«, sagte er schließlich. »Bis zum Wochenende«, fügte er hinzu und legte den Hörer auf die Gabel.
»Und?« fragte Charlie.
»Der Victoria Country Club war die einzige Möglichkeit, wo jemand wie Mrs. Trentham damals hätte absteigen können«, antwortete Mitchell. »Damals hatte Melbourne nur zwei anständige Hotels, und das andere war nur für Geschäftsreisende.«
»Gibt es das Hotel noch?« fragte Roberts.
»Ja, aber es ist schrecklich heruntergekommen. Kaum noch mehr als eine Absteige.«
»Dann rufen Sie doch bitte für uns an, und bestellen Sie einen Tisch zum Mittagessen für Sir Charles Trumper. Betonen Sie das ›Sir Charles‹.«
»Selbstverständlich, Sir Charles.« Roberts lächelte. »Und welchen Akzents werden Sie sich zu diesem Anlaß bedienen?«
»Kann ich erst sagen, wenn ich den Gegner eingeschätzt habe«, antwortete Charlie, während die beiden zum Auto zurückkehrten.
»Eine Ironie, wenn man es recht bedenkt«, sagte Roberts und bog auf die Schnellstraße ein.
»Eine Ironie?«
»Ja. Wenn Mrs. Trentham sich all diese Mühe machte, die Existenz ihrer Enkelin aus dem Register entfernen zu lassen, muß sie einen erstklassigen Anwalt gehabt haben.«
»Und?«
»Dann muß irgendwo in dieser Stadt in einem Archiv eine Akte begraben sein, die uns alles sagen könnte, was wir wissen müssen.«
»Möglich, aber das Problem ist, daß wir nicht genug Zeit haben herauszufinden, wo wir graben sollen.«
Als sie im Victoria Country Club ankamen, erwartete der Geschäftsführer sie am Eingang. Er führte seinen hohen Gast zu einem ruhigen Tisch in einer Nische. Charlie war allerdings enttäuscht, daß der Mann noch so jung war.
Er wählte die teuerste Speise auf der Karte und dazu einen 1957er Chambertin. Innerhalb weniger Augenblicke hatte er die Aufmerksamkeit aller Kellner im Restaurant.
»Und was führen Sie jetzt im Schild, Sir Charles?« erkundigte sich Roberts, der sich mit dem Tagesmenü zufriedengab.
»Geduld, junger Mann«, erwiderte Charlie mit gespielter Geringschätzung, während er sich mit stumpfem Messer abmühte, ein fast verdorrtes, zähes Stück von seinem Lammbraten abzuschneiden. Schließlich gab er es auf und bestellte Vanilleeis in der Hoffnung, daß die Köche daran nicht allzuviel verderben konnten. Als schließlich der Kaffee serviert wurde, kam der Oberkellner an den Tisch und bot ihnen beiden eine Zigarre an.
»Eine Monte Cristo bitte«, sagte Charlie.
Er nahm eine Pfundnote aus seiner Brieftasche und legte sie auf den Tisch vor sich. Eine große Zigarrenkiste wurde für ihn geöffnet, damit er sich selbst eine aussuchen konnte.
»Sie arbeiten schon lange hier, nicht wahr?« fragte Charlie beiläufig.
»Im vorigen Monat waren es vierzig Jahre«, antwortete der Ober, während sich eine zweite Pfundnote zur ersten gesellte.
»Gutes Gedächtnis?«
»Ich glaube schon, Sir.« Der Ober blickte auf die zwei Geldscheine.
»Erinnern Sie sich an
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