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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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eine Dame, eine Mrs. Trentham? Engländerin, ziemlich herrisch, dürfte 1927 etwa zwei Wochen hier gewohnt haben.« Charlie schob dem alten Mann die Pfundnoten entgegen.
»Ob ich mich an sie erinnere? Ich werde sie nie vergessen! Ich war damals noch Lehrling, und sie hat die ganze Zeit was auszusetzen gehabt – an der Bedienung, am Essen, an allem. Hat nur Wasser getrunken, hat gesagt, sie traut den australischen Weinen nicht und denke nicht daran, gutes Geld für französische auszugeben – deshalb habe auch immer ich an ihrem Tisch bedienen müssen. Am Ende des Monats ist sie weg, ohne auf Wiedersehen und ohne auch nur ein kleines Trinkgeld. Und ob ich mich an sie erinnere!«
»Ja, das hört sich nach Mrs. Trentham an«, sagte Charlie. »Aber hatte man hier eine Ahnung, aus welchem Grund sie nach Australien gereist ist?« Er holte eine dritte Pfundnote aus der Brieftasche und legte sie auf die beiden anderen.
»Das weiß ich leider nicht, Sir«, bedauerte der Ober. »Sie hat nie mit jemandem gesprochen, und ich bin mir nicht einmal sicher, ob Mr. Sinclair-Smith etwas weiß.«
»Mr. Sinclair-Smith?«
Der Ober deutete über die Schulter zur hinteren Ecke, in der ein älterer Herr allein an einem Tisch saß. Er hatte eine Serviette in den Kragen gesteckt und war mit einem großen Stück Stiltonkäse beschäftigt. »Der Besitzer«, erklärte der Ober. »Sein Vater war der einzige, mit dem Mrs. Trentham vielleicht geredet haben könnte.«
»Danke«, sagte Charlie. »Sie haben mir sehr geholfen.« Der Ober steckte die drei Geldscheine ein. »Sind Sie so freundlich und fragen den Geschäftsführer, ob er einen Augenblick Zeit für mich hätte?«
»Gern, Sir.« Der alte Ober schloß die Zigarrenkiste und eilte davon.
»Der Geschäftsführer ist viel zu jung, sich zu erinnern …«
»Halten Sie Augen und Ohren offen, Mr. Roberts, vielleicht lernen Sie dann noch den einen oder anderen Schlich, den man Ihnen bei Ihrer Ausbildung nicht beigebracht hat«, sagte Charlie und schnitt die Zigarrenspitze ab.
Der Geschäftsführer kam an ihren Tisch geeilt. »Sie wollten mich sprechen, Sir Charles?«
»Glauben Sie, Mr. Sinclair-Smith würde mir bei einem Glas Cognac Gesellschaft leisten?« fragte Charlie und gab dem jungen Mann eine seiner Visitenkarten.
»Ich werde ihn sogleich fragen, Sir«, versicherte ihm der Geschäftsführer und ging zu dem anderen Tisch.
»Ich glaube, Sie warten besser im Foyer auf mich, Roberts«, sagte Charlie, »denn ich fürchte, mein Benehmen in der nächsten halben Stunde könnte Ihr Berufsethos verletzen.« Er blickte durch den Raum zu dem alten Herrn, der Charlies Karte studierte. Roberts seufzte, stand auf und ging.
Ein breites Lächeln erschien auf Mr. Sinclair-Smiths wulstigen Lippen. Er stemmte sich aus seinem Stuhl und watschelte zu seinem englischen Gast hinüber.
»Sinclair-Smith«, stellte er sich mit übertrieben englischem Akzent vor, ehe er Charlie eine schlaffe Hand gab.
»Nett, daß Sie mir ein bißchen Gesellschaft leisten, alter Junge«, sagte Charlie. »Ich erkenne einen Landsmann, wenn ich ihn sehe. Darf ich Sie zu einem Cognac einladen?« Der Ober eilte davon.
»Wie freundlich von Ihnen, Sir Charles. Ich hoffe, Sie waren mit der Küche meines bescheidenen Hauses zufrieden?«
»Sehr«, versicherte ihm Charlie. »Aber sie wurde mir ja auch empfohlen«, log er, während er seine Zigarre paffte.
»Empfohlen?« Sinclair-Smith bemühte sich, nicht überrascht zu wirken. »Darf ich fragen, von wem?«
»Meiner greisen Tante, Mrs. Ethel Trentham.«
»Mrs. Trentham? Großer Gott, Mrs. Trentham! Wir haben die liebe Dame seit der Zeit meines verstorbenen Vaters nicht mehr gesehen.«
Charlie runzelte die Stirn, als der alte Ober mit zwei großen Cognacs zurückkam.
»Ich hoffe, es geht ihr gut, Sir Charles.«
»Kein Grund zur Klage«, entgegnete Charlie. »Sie hat mich gebeten. Sie zu grüßen.«
»Wie gütig von ihr.« Sinclair-Smith drehte seinen Schwenker. »Und welch erstaunliches Gedächtnis, denn ich war noch ein junger Mann zu der Zeit und hatte gerade erst begonnen, im Hotel mitzuarbeiten. Sie muß jetzt …«
»Sie ist schon über Neunzig«, sagte Charlie. »Und die Familie hat immer noch keine Ahnung, warum sie damals überhaupt nach Melbourne gereist ist«, fügte er hinzu.
»Das weiß ich auch nicht.« Sinclair-Smith nippte an seinem Cognac.
»Sie haben sich nie mit ihr unterhalten?«
»Nein, nie. Mein Vater und Ihre Tante führten zwar viele Gespräche, aber er hat mir nie gesagt,

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