Archer Jeffrey
Wie hieß er doch gleich?«
»‘arvey, Lieutenant ‘arvey.«
»Seine Pistole ‘at uns schließlich beide gerettet!« Tommy schwenkte die Waffe. »Das is’ mehr, als sich von diesem ‘undesohn Trentham sagen läßt.«
»Was meinst du damit?« fragte Charlie.
»Er ‘at vor den deutschen Gräben gekniffn, oder nicht? ‘at sich in den Wald verdrückt. Zwei Deutsche ‘aben den Feigling geseh’n und ‘aben ihn verfolgt. Einen ‘ab ich erledigt.«
»Und wo ist Trentham jetzt?«
»Irgendwo da oben.« Tommy deutete zur Hügelkuppe. »Bestimmt ‘at er sich vor dem einen Deutschen verkrochen.«
Charlie blickte den Hang hoch.
»Und was jetzt, Corp?« fragte Tommy.
»Wir müssen ‘inter dem Deutschen ‘er und ihn erledigen, bevor er den Captain findet.«
»Warum geh’n wir nicht einfach ‘eim und ‘offen, daß er den Captain vor mir erwischt?« schlug Tommy vor.
Aber Charlie war bereits wieder auf den Füßen und marschierte los.
Sie stiegen den Hang vorsichtig hinauf und benutzten die Bäume als Deckung, während sie angespannt Augen und Ohren offenhielten, bis sie die unbewaldete Kuppe ereicht hatten.
»Keiner von den beiden zu seh’n«, flüsterte Charlie.
»Stimmt. Schau’n wir zu, daß wir zu unsren Linien zurückkommen. Wenn die Deutschen uns erwischen, laden sie uns bestimmt nicht zum Tee ein.«
Charlie orientierte sich. Vor ihnen stand eine kleine Kirche, die wie die vielen anderen aussah, an denen sie bei ihrem Marsch zur Front vorbeigekommen waren.
»Ich glaub’, wir sollten erst noch in die Kirche reinschauen«, sagte er. »Aber geh’n wir kein unnötiges Risiko ein.«
»Was zum Teufel glaubst du, ‘ab’n wir die letzte Stunde getan?« entgegnete Tommy.
Zentimeter um Zentimeter krochen sie über den freien Boden, bis sie die Sakristeitür erreichten. Charlie drückte sie vorsichtig auf und erwartete einen Kugelhagel, aber das lauteste Geräusch, das sie hörten, war das Quietschen der Angeln. Im Innern bekreuzigte Charlie sich, wie sein Großvater es immer getan hatte, wenn er St. Mary und St. Michael’s in der Sutton Street betreten hatte. Tommy zündete sich eine Zigarette an.
Charlie blieb wachsam, während er sich in der kleinen Kirche umsah. Sie hatte bereits durch eine deutsche oder englische Granate die Hälfte ihres Daches verloren, war aber ansonsten noch unbeschädigt.
Charlie war fasziniert von den Mosaiken an den Wänden, deren Steinchen zu lebensgroßen Bildern zusammengefügt waren. Langsam ging er die Wände entlang und bewunderte die sieben Jünger, die diesen gottlosen Krieg – zumindest vorerst – überlebt hatten.
Als er den Altar erreichte, kniete er sich nieder, senkte den Kopf und dachte unwillkürlich an Vater O’Malley. In diesem Moment schoß eine Kugel an ihm vorbei, traf das Messingkreuz, das scheppernd auf den Boden fiel. Während Charlie hinter dem Altar Deckung suchte, knallte ein zweiter Schuß. Die Kugel traf einen deutschen Offizier, der sich in einem Beichtstuhl verborgen gehalten hatte, von der Seite in den Kopf. Der Deutsche mußte tot gewesen sein, noch ehe er aus dem Beichtstuhl auf den Steinboden sackte.
»Ich kann nur ‘offen, daß er zuvor alle seine Sünden gebeichtet ‘at«, meinte Tommy.
Charlie kroch hinter dem Altar hervor.
»Um ‘immels willen, bleib da’inten. ‘s is’ noch jemand in der Kirche, und ich ‘ab’ das komische Gefühl, daß es nicht nur der Allmächtige is’.« Beide hörten nun eine Bewegung in der Kanzel über ihnen, und Charlie huschte hinter den Altar zurück.
»Ich bin es nur«, sagte eine Stimme über ihnen, die sie gleich erkannten.
»Wer is’ ›ich‹?« rief Tommy und bemühte sich, nicht zu lachen.
»Captain Trentham. Nicht schießen.«
»Dann zeigen Sie sieh, und kommen Sie mit den ‘änden überm Kopf ‘erunter, damit wir sicher sein können, daß Sie es auch sind!« rief Tommy und genoß jede Sekunde, die den Mann, der ihn stets mit seinem Haß verfolgt hatte, der Verlegenheit preisgab.
Trentham stand in der Kanzel langsam auf und kam mit erhobenen Händen die steinerne Treppe herunter. Er folgte dem Gang auf das Kreuz zu, das jetzt vor dem Altar lag, stieg über den toten deutschen Offizier und hielt vor Tommy an, der die Pistole immer noch direkt auf Trenthams Herz gerichtet hatte.
»Tut mir leid, Sir«, sagte Tommy und senkte die Pistole. »Ich mußte sichergeh’n, daß Sie kein Deutscher sind.«
»Der akzentloses Englisch spricht«, entgegnete Trentham sarkastisch.
»Sie ‘aben uns selbst bei unsrer
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