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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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Seite. Endlich hörte er Stimmen, englische Stimmen. Er hätte sich nie träumen lassen, daß er sich so über den Anblick dieser Schützengräben freuen könnte.
»Wir haben es geschafft!« schrie Tommy so laut, daß sogar die Deutschen es hätten hören können. Wieder grub Charlie das Gesicht in den Schlamm.
»Wer da?« bellte eine Stimme. Charlie hörte das Klicken englischer Gewehre reihauf in den Gräben, als schläfrige Männer zum Leben erwachten.
»Captain Trentham, Corporal Trumper und Private Prescott von den Royal Fusiliers«, rief Charlie.
»Parole!«
»Oh, verdammt, irgendeine Märchenfigur …«
›»Little Red Riding Hood‹!« brüllte Trentham.
»Kommen Sie näher und zeigen Sie sich!«
»Prescott zuerst«, befahl Trentham. Tommy hob sich auf die Knie und kroch langsam auf die eigenen Gräben zu.
Charlie hörte den Knall eines Schusses hinter sich, und einen Augenblick später fiel Tommy auf den Bauch und blieb reglos im Schlamm liegen.
Charlie blickte rasch durch das Halbdunkel auf Trentham, der sagte: »Verdammte Deutsche! Bleiben Sie unten, sonst geht es Ihnen genauso.«
Charlie ignorierte den Befehl und kroch rasch vorwärts. Als er seinen Freund erreicht hatte, legte er einen Arm um seine Schulter. Sie befanden sich keine zwanzig Meter von den Gräben entfernt. »Wir haben einen Verwundeten!« sagte Charlie gerade so laut, daß man es dort hören mußte.
»Prescott, rühren Sie sich nicht, bis die nächste Wolke kommt«, befahl Trentham hinter ihnen.
»Wie fühlst du dich?« fragte Charlie, während er sich bemühte, die Miene seines Freundes zu erkennen.
»Is’ mir schon bessergegangen«, krächzte Tommy.
»Ruhe!« zischte Trentham.
»Das war keine deutsche Kugel«, würgte Tommy hervor, während Blut aus seinem Mund sickerte. »Sieh zu, daß du den ‘undesohn kriegst, falls ich selber die Chance nicht mehr ‘ab’.«
»Du wirst schon wieder«, versicherte ihm Charlie. »Nichts und niemand kann Tommy Prescott umbringen.«
Als sich eine große dunkle Wolke vor den Mond schob, sprangen mehrere Männer aus den Gräben und rannten auf sie zu. Ihnen folgten zwei Sanitäter mit einer Bahre. Sie stellten sie neben Tommy ab, hoben ihn darauf und rannten damit zu den Gräben zurück. Jetzt kam eine ganze Salve von den deutschen Linien.
Als sie sich in der Sicherheit eines Schützengrabens befanden, ließen die Sanitäter die Bahre unsanft auf den Boden fallen.
Charlie brüllte sie an: »Bringen Sie ihn sofort zum Lazarettzelt – um ‘immels willen, schnell!«
»Nützt nichts mehr, Corp«, entgegnete ein Sanitäter. »Er ist tot.«
    5
    »Das Hauptquartier wartet auf Ihren Bericht, Trumper.« »Ich weiß, Sergeant, ich weiß.«
»Probleme, Junge?« fragte der Oberfeldwebel. Charlie
    wußte, daß er damit meinte: Können Sie schreiben?
»Keine Probleme, Sergeant.«
In der nächsten Stunde brachte er seine Gedanken langsam
    zu Papier, dann schrieb er den einfachen Bericht über das, was am 18. Juli 1918 während der zweiten Marneschlacht vorgefallen war, ins reine.
    Immer wieder las Charlie die banalen Zeilen durch. Er pries zwar Tommys Mut während der Schlacht, erwähnte jedoch Trenthams Flucht vor dem Feind nicht. Die einfache Wahrheit war, daß er nicht gesehen hatte, was hinter ihm vorgegangen war. Er hatte sich zwar seine eigene Meinung gebildet, aber ohne Beweise leistete sie in einem offiziellen Bericht nichts. Und was Tommys Tod betraf, auch da hatte er keine Beweise, daß die tödliche Kugel aus Captain Trenthams Pistole gekommen war. Selbst wenn Tommy in beiden Fällen recht gehabt hatte, und Charlie das angab, war es nur sein Wort gegen das eines Offiziers und Gentlemans.
    Er konnte lediglich eines tun: dafür sorgen, daß Trentham aus seiner Feder kein Lob für das erhielt, was sich an dem Tag während der Schlacht zugetragen hatte. Trotzdem kam sich Charlie wie ein Verräter vor, als er schließlich seine Unterschrift auf die zweite Seite unter seinen Bericht setzte, ehe er ihn dem Ordonnanzoffizier aushändigte.
    Später an diesem Tag gab ihm der Sergeant vom Dienst eine Stunde frei, damit er ein Grab für Rekrut Prescott schaufeln konnte. Während er daneben kniete, verfluchte er die Männer beider Seiten, die für einen solchen Krieg verantwortlich waren.
    Charlie hörte dem Feldkaplan zu, der »Asche zu Asche« und »Staub zu Staub« sagte, woraufhin wieder der letzte Zapfenstreich geblasen wurde. Dann machte der kleine Trupp einen Sehritt nach rechts und beerdigte den nächsten

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