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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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»Aber ein bißchen Ehre gebührt mir doch für St. Paul’s und die Universität von London, oder etwa nicht?«
»Nicht da, wo ich herkomme«, entgegnete Daphne und begutachtete ihre Fingernägel. »Aber ich habe jetzt keine Zeit, mich mit der arbeitenden Bevölkerung zu unterhalten, Darling. Ich muß weg. Henry Bromsgrove geht mit mir zu einem Tanzabend in Chelsea. Und so grün der gute Henry auch ist, möchte ich mich doch nicht um die jährliche Pirsch auf den Ländereien seiner Familie in Schottland im August bringen.«
Während Becky sich ein Bad einließ, dachte sie über Daphnes Worte nach, die wirklich humorvoll gemeint und nicht auf sie gemünzt gewesen waren. Aber sie erinnerten sie wieder an das Problem, dem sie sich gegenübersah, wenn sie es wagte, die traditionellen gesellschaftlichen Schranken mehr als nur ein paar Augenblicke zu übertreten.
Daphne hatte sie tatsächlich mit Guy bekannt gemacht, vor ein paar Wochen erst, als Daphne sie überredet hatte, mit ein paar Freunden in La Boheme im Covent Garden zu gehen. Ganz genau konnte sich Becky an diese erste Begegnung erinnern. Sie hatte sich so bemüht, ihn nicht zu mögen, weil Daphne sie vor seinem Ruf als Frauenheld gewarnt hatte. Sie hatte versucht, den schlanken jungen Mann nicht zu offensichtlich anzustarren. Sein dichtes blondes Haar, die tiefblauen Augen und sein ungezwungener Charme hatten an diesem Abend wahrscheinlich schon scharenweise die Herzen junger Mädchen erobert, aber da Becky annahm, daß er jeder die gleichen Komplimente machte, weigerte sie sich, sich davon geschmeichelt zu fühlen.
Am nächsten Abend fragte Daphne sie, was sie von dem jungen Offizier von den Royal Fusiliers hielt.
»Mußt du von ihm reden?« fragte Becky.
»Ich verstehe«, sagte Daphne. »So sehr hat er dich beeindruckt?«
»Ja«, gab Becky zu. »Aber was soll’s? Könntest du dir vorstellen, daß sich ein junger Offizier aus einer vornehmen Familie für ein Mädchen aus Whitechapel interessiert?«
»Kann ich, obwohl ich befürchte, daß er nur auf eines aus ist.«
»Dann solltest du ihn warnen, daß ich nicht diese Art von Mädchen bin.«
»Ich glaube nicht, daß ihn das bisher abgeschreckt hat«, entgegnete Daphne. »Doch wie auch immer, er läßt dich fragen, ob du mit ihm ins Theater gehen würdest, in Begleitung einiger Freunde aus seinem Regiment. Was hältst du davon?«
»Oh, liebend gern.«
»Das habe ich mir gedacht, also habe ich für dich zugesagt, ohne dich vorher zu fragen.«
Becky lachte, mußte jedoch noch volle fünf Tage warten, bis sie den jungen Offizier wiedersah. Nachdem er sie abgeholt hatte, schlossen sie sich einer Gesellschaft junger Offiziere und Debütantinnen im Haymarket Theater an, um sich Pygmalion von George Bernard Shaw anzusehen, der gerade en vogue war. Becky genoß das Stück, obwohl Amanda Ponsonby, die Begleiterin eines der Offiziere, während des ganzen ersten Akts kicherte und sich dann weigerte, sich während der Pause mit ihr zu unterhalten.
Beim Dinner im Cafe Royal saß Becky neben Guy und erzählte ihm alles über sich, angefangen von ihrer Geburt in Whitechapel, bis zum Stipendium, das sie für das Bedford College bekommen hatte.
Als Becky sich von den übrigen verabschiedet hatte, fuhr Guy sie zurück nach Chelsea, und nachdem er »Gute Nacht, Miss Salmon« gesagt hatte, schüttelte er ihr die Hand. Becky nahm an, daß sie den jungen Füsilier nie wiedersehen würde.
Aber Guy schickte ihr bereits am nächsten Tag ein Billett, in dem er sie zu einem Empfangsabend im Offizierskasino einlud; in der Woche darauf folgte eine Einladung zum Dinner, dann zu einem Ball und schließlich, am Ende des Monats, eine Wochenendeinladung zu seinen Eltern in Berkshire.
Daphne tat ihr Bestes, ihr alles über die Familie Trentham zu erzählen. Der Major, Guys Vater, war ein liebenswerter Mensch, versicherte sie Becky. Er bewirtschaftete dreihundert Hektar, hauptsächlich Weideland, in Berkshire und war auch Jagdherr der Buckhurst Hunt.
Daphne nahm mehrere Anläufe, ihrer Freundin zu erklären, was eine Parforcejagd war, mußte jedoch zugeben, daß selbst Eliza Doolittle sich schwergetan hätte zu verstehen, wozu sie gut sein sollte.
»Guys Mutter ist allerdings nicht so natürlich und großzügig in ihrer Einstellung wie der Major«, warnte Daphne. »Sie ist ein fürchterlicher Snob.« Beckys Zuversicht sank. »Sie ist die zweite Tochter eines Baronets, den Lloyd George adelte, weil er irgendwas erfunden hat, das man hinten an einen

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