Archer Jeffrey
daß sich der Schmuck recht gut
machte.
Beim Glockenschlag acht der zahlreichen Uhren im Haus
begab sie sich wieder hinunter in den kleinen Salon. Ihr
entging die Wirkung nicht, die das Kleid und die Brosche auf
beide Männer hatte. Immer noch prasselte das Feuer im Kamin
und verbreitete eine wohlige Wärme, doch von Mrs. Trentham
war auch jetzt nichts zu sehen.
»Welch ein entzückendes Kleid, Miss Salmon«, sagte der
Major.
»Oh, danke, Major Trentham«, entgegnete Becky, während
sie die Hände vor dem Kamin wärmte und sich im Zimmer
umsah.
»Meine Gattin wird gleich kommen«, versicherte ihr der
Major, als der Butler Sherry auf einem Silbertablett anbot. »Es war reizend von Ihnen, mir Ihren riesigen Besitz zu
zeigen«, meinte Becky. »Ich habe den Ausflug sehr genossen.« »Ach, so riesig ist er gar nicht«, wehrte der Major mit
herzlichem Lächeln ab, »aber ich freue mich, daß Ihnen der
kleine Marsch Spaß gemacht hat«, fügte er hinzu und blickte
plötzlich über ihre Schulter.
Becky drehte sich um und sah eine große, elegante Dame,
die von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war, den Salon
betreten. Sie ging gemessenen Schrittes auf die drei
Anwesenden zu.
»Mutter«, sagte Guy. Er eilte der Dame entgegen und küßte
sie auf die Wange. »Ich möchte dich mit Becky Salmon
bekannt machen.«
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Becky.
»Darf ich fragen, wer ein Paar meiner besten Reitstiefel aus
dem Schrank unter der Treppe genommen hat?« fragte Mrs.
Trentham scharf und ignorierte die Hand, die Becky ihr
entgegengestreckt hatte. »Und sie dann einfach von oben bis
unten voll Schlamm zurückgestellt hat?«
»Ich«, gestand der Major. »Sonst hätte sich Miss Salmon die
Farm in ihren eleganten Halbschuhen mit mir ansehen müssen,
was nicht sehr ratsam gewesen wäre.«
»Es wäre ratsamer gewesen, wenn Miss Salmon gleich mit
dem richtigen Schuhwerk gekommen wäre«, meinte Guys
Mutter spitz.
»Es tut mir leid …«, begann Becky.
»Wo warst du denn den ganzen Tag, Mutter?« versuchte
Guy das Thema zu wechseln. »Wir hatten gehofft, dich schon
viel früher zu sehen.«
»Ich mußte ein paar Probleme lösen, die unseren neuen
Vikar offenbar völlig überfordern«, antwortete Mrs. Trentham.
»Er hat von der Organisation eines Ostergottesdienstes nicht
die geringste Ahnung. Ich möchte wissen, was man den jungen
Leuten heutzutage in Oxford beibringt.«
»Vielleicht Theologie«, meinte Major Trentham.
Der Butler räusperte sich. »Das Dinner kann aufgetragen
werden, Madam.«
Mrs. Trentham drehte sich ohne ein weiteres Wort um und
führte die anderen raschen Schrittes ins Eßzimmer. Sie wies
Becky den Platz rechts vom Major und ihr direkt gegenüber an,
und das an einem Tisch, an dem bequem zwölf Personen hätten
sitzen können. Drei silberne Messer, vier Gabeln und zwei
Löffel funkelten Becky entgegen. Sie hatte keine
Schwierigkeiten, das richtige Besteck für den ersten Gang zu
wählen, da es Suppe gab, doch von da an würde ihr nichts
übrigbleiben, als Mrs. Trenthams Beispiel zu folgen. Ihre Gastgeberin richtete das Wort nicht ein einziges Mal an
sie, bis der Hauptgang serviert war. Sie sprach nur zu ihrem
Gatten und beklagte sich über die schlechten Leistungen ihres
Sohnes Nigel in Harrow; auch an dem neuen Vikar ließ sie sich
wieder aus; und Lady Lavinia Malin, die Witwe eines Richters,
die erst vor kurzem hierhergezogen war und durch die es zu
noch mehr Unfrieden gekommen war, als man es hier schon
gewohnt war, schien auch nicht gerade ihre Freundin zu sein. Becky hatte den Mund gerade voll Fasan, als Mrs. Trentham sich unerwartet an sie wandte. »Und womit beschäftigt sich Ihr
Vater, Miss Salmon?«
»Er ist tot«, entgegnete Becky, bevor sie den Bissen ganz
hinunterschlucken konnte.
»Oh, das tut mir leid. Dann ist er wohl im Dienst seines
Regiments im Krieg gefallen?«
»Nein.«
»Oh. Was hat er dann während des Krieges gemacht?« »Er hatte eine Bäckerei. In Whitechapel«, fügte Becky
hinzu, der Worte ihres Vaters eingedenk: ›Wenn du je
versuchst, deine Herkunft zu verleugnen, kann es nur mit
Tränen enden.‹
»Whitechapel?« fragte Mrs. Trentham. »Ist das nicht das
malerische Städtchen in der Nähe von Worcester?«
»Nein, Mrs. Trentham, Whitechapel liegt mitten im
Londoner East End.« Becky hoffte, Guy würde einspringen
und ihr helfen, doch er interessierte sich offenbar mehr für
seinen Rotwein.
»Oh!« Mrs. Trenthams Lippen wurden schmal. »Ich
erinnere mich, daß ich einmal die
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