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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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aber schließlich stand er
langsam auf und sagte beim Hinausgehen: »Ich verstehe. Na ja,
vielleicht ein anderes Mal.«
Becky wartete kurz, dann stand sie auf, ging zur Tür und
drehte den Schlüssel im Schloß, ja, sie zog ihn sogar heraus
und nahm ihn mit zum Bett. Es dauerte lange, bis sie
einschlafen konnte.
    Als sie am nächsten Tag zum Frühstück hinunterkam, erfuhr sie von Major Trentham, daß seine Gattin unruhig geschlafen hätte und ihre Migräne nicht besser geworden sei. Sie hatte deshalb beschlossen, im Bett zu bleiben, bis die Kopfschmerzen ganz vergangen waren.
    Als der Major und Guy zur Kirche gegangen waren und Becky mit der Sonntagszeitung im kleinen Salon zurückgelassen hatten, entging ihr nicht, daß die Dienstboten miteinander flüsterten und verstohlen zu ihr herüberblickten, wenn sie glaubten, sie bemerke es nicht.
    Mrs. Trentham erschien zum Mittagessen, nahm jedoch nicht an der Unterhaltung teil. Aber als die flüssige Sahne über den Sommerpudding gegossen wurde, fragte sie unerwartet: »Und worüber hat der Vikar heute gepredigt?«
    ›»Und wie ihr wollt, daß euch die Menschen tun, so sollt auch ihr ihnen tun‹«, antwortete der Major mit leichter Schärfe in der Stimme.
    Mrs. Trentham wandte sich zum erstenmal an Becky. »Und wie hat Ihnen der Gottesdienst in unserer Kirche gefallen, Miss
    Salmon?«
»Ich war nicht …«, begann Becky.
»Ah ja, natürlich, eine des auserwählten Volkes.« »Nein, ich bin römisch-katholisch«, berichtigte Becky. »Oh«, sagte Mrs. Trentham und spielte die Überraschte.
    »Ich nahm natürlich an, bei dem Namen Salmon … In dem Fall hätte es Ihnen in der St.-Michaels-Kirche sicher nicht gefallen. Wissen Sie, da gibt es keinen unnötigen Prunk.«
    Becky hatte den Eindruck, daß jedes Wort von Mrs. Trentham wohl berechnet war und sie ihre Auftritte wahrscheinlich vorher geprobt hatte.
    Nachdem der Tisch abgeräumt war, verschwand Mrs. Trentham wieder, und Guy schlug Becky einen Spaziergang vor. Becky ging zu ihrem Zimmer hinauf und zog ihre flacheren Schuhe an. Auf keinen Fall wollte sie noch einmal Mrs. Trenthams Reitstiefel ausleihen.
    »Ich bin soweit«, erklärte Becky, als sie wieder unten war, und sie öffnete den Mund nicht mehr, bis sie sicher sein konnte, daß Mrs. Trentham weit außer Hörweite war.
    »Was erwartet deine Mutter eigentlich von mir?« fragte
    Becky schließlich.
»Oh, so schlimm ist es doch gar nicht«, meinte Guy. »Du
reagierst zu heftig. Papa ist überzeugt, daß sie dich schon noch
anerkennen wird, wenn man ihr nur Zeit gibt. Und außerdem,
falls ich zwischen dir und ihr wählen muß, weiß ich genau, wer
mir wichtiger ist.«
Becky drückte seine Hand. »Danke, Liebling, aber ich bin
trotzdem nicht sicher, ob ich einen solchen Abend wie den
gestrigen noch einmal durchstehen möchte.«
»Wir können ja schon früher zurückfahren und die Nacht
bei dir verbringen«, schlug Guy vor. Becky blickte ihn an, weil
sie nicht wußte, ob er das tatsächlich ernst gemeint hatte. So
fügte er hastig hinzu: »Kehren wir lieber ins Haus zurück,
sonst beklagt sich Mutter noch, daß wir sie den ganzen Nachmittag allein gelassen haben.« Sie beschleunigten den
Schritt.
Ein paar Minuten später stiegen sie die Freitreppe hinauf.
Becky zog ihre Hausschuhe wieder an, warf einen Blick in den
Garderobenspiegel und folgte Guy ins Wohnzimmer.
Überrascht stellte sie fest, daß bereits groß für den Tee gedeckt
war. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, daß es erst Viertel nach
drei war.
»Wie gedankenlos von dir, uns so lange warten zu lassen,
Guy«, waren Mrs. Trenthams erste Worte.
»Kann mich nicht erinnern, daß wir je schon so früh Tee
getrunken haben«, warf der Major ein, der neben dem Kamin
saß.
»Trinken Sie Tee, Miss Salmon?« Mrs. Trentham brachte es
fertig, selbst das abfällig klingen zu lassen.
»Ja, bitte«, antwortete Becky.
»Vielleicht könntest du Becky beim Vornamen nennen«,
schlug Guy vor.
Mrs. Trentham blickte ihren Sohn streng an. »Ich kann diese
neue Unsitte nicht billigen, jedermann beim Vornamen zu
rufen, schon gar nicht, wenn einem die Person eben erst
vorgestellt wurde. Darjeeling, Lapsang oder Earl Grey, Miss
Salmon?« fragte sie und blickte Becky ungeduldig an, erhielt
jedoch keine Antwort, weil Becky sich noch nicht von der
vorherigen abfälligen Bemerkung erholt hatte. »Offenbar gibt
es in Whitechapel keine große Auswahl«, fügte Mrs. Trentham
nun hinzu.
Becky hatte gute Lust, die Kanne zu nehmen und sie

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