Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Hilfe nehmen, die ihn vor der Übelkeit bewahrten und selbst die konnten das flaue Gefühl nicht gänzlich unterdrücken. Ravenor hingegen schien wie für die See gemacht. Unterhielt sich angeregt mit den Matrosen und kletterte sogar einmal in die Wanten hinauf, um von oben über das Meer zu sehen. Auf diese Erfahrung in schwindelnder Höhe auf den schwankenden Seilen konnte Eryn getrost verzichten. Außerdem war es unnötig für ihn in die Höhe zu klettern, nur um die Umgebung besser beobachten zu können. Dafür gab es schließlich Zauberaugen.
Dann hielt sie eine Flaute länger auf als geplant war und so dauerte es eine Woche, bevor sie Kraag schließlich erreichten. Die Hafenstadt unterschied sich nicht sonderlich von den anderen und auch die Spelunken waren dieselben. Für die Übernachtung suchten sie sich ein besseres Haus. Denn sie wollten nicht unbedingt nachts überfallen werden, was in den Spelunken durchaus im Bereich des Möglichen lag.
Erneut brütete Eryn über seinen zusammengetragenen Informationen: Der Brand in der Stadt war nicht zwingend Rotbarts Werk, vielmehr schien er aus einem anderen Grund ausgebrochen zu sein . Damit bleiben die kümmerlichen Fakten übrig:
Rotbart beherrschte die Magie. Mit Sicherheit Wasser, Luft , Geist, Feuer und Liebeszauber.
Er war König der Piraten, unangefochten über viele Jahre.
Das Nest der Piraten ist die Insel Traken, die es weit draußen im Meer geben mag. Vermutlich schützen das Eiland Zauber, die sie vor den Augen derer verbergen sollen, die dort nichts verloren haben.
Es gibt eine Geschichte, in der die Piraten bei den verblichenen Freibeutern einen Schwur leisten und ihre Seele verkaufen. Ein Schwur bei der Krone Kahls, den Knochen Rotbarts und dem Grab in der See. Was auch immer das sein soll? So ein Schwur könnte ein Bann sein... aber das ist alles nichts weiter als eine Vermutung.
Das Schiff Rotbarts war die Meermaid. Für ihre Verbrechen bestraft, wurden die Piraten mitsamt dem Schiff in die Tiefe gerissen. Und so verschwand die Meermaid so wie ihr Kapitän spurlos. Weniger dramatisch dargestellt: Einfach gesunken. Das ‚Warum‘ bietet vielen Geschichten Raum und die eine ist so unglaublich wie die andere.
Mehrfach wurden die großen Magier um Hilfe gegen die Piraten gebeten. Diese aber waren, geschwächt durch die Drachenkriege, mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und lehnten es ab, den Unmagischen Hilfe zu leisten. Dabei fiel auch der Name Savyen. Savyen, der Herr von Draegnok, dem Blauen Turm.
Als Ravenor dann endlich auch erwacht war und sich hinreichend frisch gemacht hatte, gingen sie hinunter in den Gaststättenraum. Es war Mittagszeit und es saßen noch andere Gäste an den Tischen. Von seinem Platz aus konnte Eryn direkt auf drei Gäste blicken, die die typische Ausstrahlung von Stadtbeamten hatten. Ein Gespräch über Einfuhrzölle untermauerte die Vermutung noch zusätzlich. Nach einem anfänglichen Scan schenkte Eryn den Beamten keinerlei weitere Beachtung mehr und begann ein Gespräch mit Ravenor:
„Hier in Kraag erfahren wir auch nichts Weiteres über Rotbart, genauso wie in den anderen Städten. Wir sollten daran denken, zurückzukehren.“ Das Wort ‚Rückkehr‘ rüttelte Ravenor endgültig wach und er war bei dem Thema rundweg anderer Meinung:
„Also so schnell sollten wir die Suche nicht aufgeben. Du kannst dein Epos über den grausamen Piratenkönig Rotbart nicht nach zwei Sätzen beenden. Was ist mit dem Stadtbrand hier in Kraag? Dazu gibt es sicherlich noch mehr zu erfahren?“ Es war schon klar, dass Ravenor seinen exzessiven Lebensstil nicht aufgeben wollte. Und eine Rückkehr nach Naganor bedeutete für ihn das Ende seiner Eskapaden.
„Du hast doch selbst zugehört. Der Stadtbrand scheint nicht Rotbarts Werk gewesen zu sein. Es werden so viele Geschichten erzählt. Welche davon enthalten auch nur ein Fünkchen Wahrheit?“ Dabei bemerkte Eryn, dass einer der Beamten zu ihnen herübersah.
Rein routinemäßig las er die Gedanken des Mannes. Wenn der Dichter Informationen über Rotbart sucht, warum geht er dann nicht ins Stadtarchiv? Dort sind die ganzen Fakten gesammelt. Alles andere ist ja doch nur Seemannsgarn .
Bei dieser Erkenntnis fiel Eryn die Kinnlade herunter. Es gibt ein Archiv mit Aufzeichnungen? Warum hab ich an so was nicht gedacht? Das ist doch an sich das Naheliegendste. Stattdessen haben wir jede heruntergekommene Kneipe besucht und uns die Geschichten der versoffenen Gestalten
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