Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
natürlich keinen Grund darstellte, die Intonierung nicht zu lernen. Die Logik entzog sich Ravenors praktischem Verständnis. Warum sollte er etwas lernen, was ihm nichts nutzte? Doch in seiner augenblicklichen Lage und dem gespannten Verhältnis zu Prinz Raiden, schluckte er seine Ablehnung dagegen hinunter und lernte die Intonierungen – wie befohlen. Zum Glück hatte er noch andere Aufgaben übertragen bekommen, die mehr nach seinem Geschmack waren.
Meister Raiden entgegnete: „Eine diplomatische Antwort, wenn auch nichtssagend.“
Dann fuhr der Herr von Naganor fort, während er seinen Becher hob.
„Könnt Ihr mir nachschenken? Oder wie lange soll ich noch mit dem leeren Becher winken?“
„Mein Prinz, nichts was ich lieber täte, doch der Wein steht so schon schmerzhaft in meiner Nähe.“
Dabei legte Ravenor das Besteck aus der Hand und deutete auf den Armreif, den ihm der Prinz so überaus großzügig geschenkt hatte. „Wasser könnte ich Euch anbieten.“ Der Prinz gab nun einen Laut des Unwillens von sich.
„Mmh, Eryn.“ Der Angesprochene hob den Krug magisch empor, was ganz gegen die Lehren Meister Lovins war, aber den Forderungen des Prinzen an Eryn durchaus entsprach.
„Mein Prinz, wie immer?“ Meister Raiden nickte und Eryn versuchte gleichzeitig zum Weinkrug auch den Wasserkrug für die Mischung halb-halb hochzuheben. Die Krüge begannen auf ihrem Weg zu ruckeln.
„Jetzt bin ich aber gespannt. Eingießen, zusammen! Schüler.“
Als Eryn merkte in welche Sackgasse er sich da gerade selbst hineinmanövriert hatte, hätte er sich ohrfeigen können. Es war schon schwer genug einen Krug sicher zu bewegen, ohne etwas zu verschütten, aber zwei auf einmal lag an den Grenzen von Eryns derzeitigem Können und das Eingießen würde dabei zum Prüfstein werden.
Warum habe ich bloß so angeberisch tun müssen? Ein Krug nach dem anderen hätte es auch getan und nun komme ich da nicht mehr heraus. Wenn ich was verschütte, dann bin ich dran .
Aber Lehrmeister Raiden war ganz in seinem Element.
„Die Intonierung dazu, Sir Ravenor!“
„Dernest-er-a dakkor cer-as dernest-er-a wat galuv cer-as adar not-dor dernest vavit.“
Trotz genauester Prüfung konnte Meister Raiden keine Fehler finden. Die Intonierung unterstützte das Hochheben, Bewegen, Kippen, Zurückkippen und Wiederabstellen der Krüge.
„Das war eine korrekte Intonierung, die Eryn natürlich nicht verwenden wird. Ohne Intonierung und ohne Gestik, wie gehabt. Rumfuchteln und Rumplärren lässt einen Magier wie einen Marktschreier erscheinen und die ganze Erhabenheit magischen Wirkens wird zerstört.“
Schweißperlen standen Eryn inzwischen auf der Stirn. Die Krüge hatten sich zum Becher gezittert und schwebten nun links und rechts davon. Der schwierigste Teil stand noch bevor. Mit dem Ärmel wollte sich Eryn den Schweiß von der Stirn wischen, doch er befürchtete, dass Meister Raiden ihm das als Gestikulieren auslegen würde. Also unterließ er es von vornherein. Die Krüge kippten langsam, zitterten, stießen leicht an den Rändern zusammen, doch sie füllten den Becher zu gleichen Teilen mit Wasser und Wein ohne etwas zu verschütten und setzten dann holprig auf dem Tisch auf. In Besinnung auf seine Erziehung nahm Eryn nun doch nicht den Ärmel, um sich den Schweiß abzuwischen, sondern die Serviette.
„Gerade so! Ein Wunder, dass nichts verschüttet wurde. Parallelzaubern ist noch eine sehr unsichere Angelegenheit, Eryn. Da hast du Nachholbedarf. Auch etwas Wein für dich?“
Da Eryn sich den Wein sicherlich wieder selbst – auf magische Art – würde einschenken dürfen, verzichtete er bescheiden darauf.
„Danke, Meister Raiden, mehr als ein Glas Wein möchte ich nicht trinken, das benebelt den Verstand zu sehr. Und dieses Glas hatte ich vorhin schon.“ Wohlwollend nahm Prinz Raiden das zur Kenntnis und nickte zu Ravenor hinüber.
„Da seht Ihr es. Mäßigung ist der wahre Genuss. Zu wissen, wann es genug ist und den Rebensaft genießen aufgrund seines Geschmacks. So trinkt man, Sir Ravenor.“
„Mein Prinz, ich würde Euch gerne beweisen, dass ich mich gebessert habe. Aber die allumfassende magische Kontrolle hindert mich daran. Könntet Ihr nicht in Erwägung ziehen, mich davon zu befreien?“
Die schönen Worte fruchteten leider nicht.
„Vorerst belassen wir es dabei. Die totale Abstinenz wird Euch gut tun und Ihr braucht mich darauf auch nicht weiter hinzuweisen. Wenn die Zeit kommt, werde ich selbst
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