Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
Er ist am Tor und wartet darauf.“
Damit war Eryn aus dem Raum und eine weitere Gelegenheit bot sich ihm an diesem Tage nicht mehr.
Abends traf er dann einen nervösen Ravenor in der Küche, konnte ihm aber nur von seinem missglückten Versuch berichten.
Zwei Tage verstrichen, in denen Eryn nicht einmal in die Nähe des Arbeitszimmers kam. Sie waren alle am Aspentor und wanderten ständig durch den Tunnel, um neue Ideen auszuprobieren. Nach weiteren erfolglosen Versuchen zog sich Meister Raiden in sein Arbeitszimmer zurück und ließ sich eine neue Theorie durch den Kopf gehen.
Dabei erinnerte er sich an eine Zusammenstellung, die er vor ein paar Tagen gemacht hatte. Er begann die Aufzeichnung in der angeblichen Ordnung zu suchen.
Irgendwo auf dem Schreibtisch muss sie ja liegen. Vielleicht sollte ich doch ein wenig aufräumen, damit ich wieder den Überblick bekomme.
Und so ließ sich der Herr von Naganor herab, die Papierhaufen zu durchforsten und zu sortieren. Eine unglaublich ermüdende und kräftezehrende Arbeit. Liebend gerne hätte er jemand anderen diesen unliebsamen Job aufs Auge gedrückt, doch er befürchtete, dass er dann gar nichts mehr finden würde.
Was wissen schon die Hilfskräfte darüber, welche Notizen wichtig sind und welche nicht?
Fast schon auf der blanken Tischplatte angekommen stieß er auf einen zusammengefalteten Zettel mit Meister Werges Handschrift: Prinz Raiden zur Kenntnisnahme.
Die üblichen Aufstellungen. Material, Kosten der Garnison, die Monatsaufstellung und dergleichen, dachte er zunächst, doch dass der oberste Verwalter extra einen Vermerk darauf geschrieben hatte, machte Meister Raiden etwas stutzig und er faltete das Papier auseinander, nur um einen kurzen Blick darauf zu werfen. Nicht, dass ihm der Zettel als besonders wichtig erschien, es war halt nur eben so ein Gefühl.
Eine Abrechnungsliste offenbarte sich ihm auf den ersten Blick. Aber dann bemerkte er die Zeichnungen am unteren Rand des Blattes. Da waren Doppelreihen kleiner Strichmännchen und ein größeres davor mit einem Schwert in der Hand. Unterschrieben war das Papier mit Sir Ravenor und von der Unterschrift deutete ein fetter Pfeil auf das große Strichmännchen. In der Ecke lag ein Strichmännchenpferd auf dem Rücken und hatte Kreuze als Augen. Welches wohl einen verendeten Gaul darstellte.
Was soll das sein? Ein schlechter Witz? Und dann las Prinz Raiden den Text der Aufstellung. Saufen, Huren und Glücksspiel, geschlagene drei Wochen lang, ohne Unterbrechung und das mit dem Geld aus meiner Schatztruhe. Das ist schon mehr als frech.
„Sir Ravenor zu mir in die Zitadelle – Arbeitszimmer“, dröhnte es im Kopf des jungen Offiziers.
„ Mein Prinz, ich stehe gerade auf dem Übungsplatz mit vierzig Männern zur Ausbildung. “
„SOFORT!!!“
Da war Ravenor ohne Zweifel klar, was die Stunde geschlagen hatte.
„Jawohl, mein Prinz“, stotterte er noch halblaut vor sich hin . Scheiße!! ! , dachte er ganz laut im Kopf.
Dann ließ er die Männer Aufstellung einnehmen und schickte sie weg, bevor er sich auf den Weg zur Zitadelle machte. Böse Vorahnungen plagten ihn und er legte sich Worte zurecht, wie er das erklären sollte. Aber etwas richtig Überzeugendes wollte ihm nicht einfallen.
Am Tor stieß Ravenor auf Sir Cerdik, der zu Pferd unterwegs nach Griscont war. Ravenor bat ihn, ob er ihn nicht hinten aufsitzen ließe und bei der Zitadelle abladen könne, was Sir Cerdik auch ohne große Fragen tat.
Was bin ich doch für ein Idiot? Jetzt eile ich mich auch noch, um schneller zu meiner Hinrichtung zu kommen. Nein, es wird den Prinzen gnädig stimmen, wenn ich mich beeile. Er hat Humor und macht gerne Witze. Sicherlich wird er es verstehen und darüber lachen – wird er nicht.
Das Dorf lag bereits hinter ihnen und dann tauchte das Tor der Zitadelle auf. Ein gähnendes Maul voller spitzer Zähne. Ravenor glitt vom Rücken des Pferdes und dankte Sir Cerdik, dann machte er sich schweren Herzens auf den Weg.
Viel zu schnell stand Ravenor dann im Arbeitszimmer des Prinzen und grüßte vorschriftsmäßig, den Helm unter den Arm geklemmt. Der Prinz hatte ihm den Rücken zugewandt und ignorierte ihn gekonnt, und dennoch hatte der junge Offizier keinen Zweifel daran, dass Prinz Raiden sich Ravenors Kommen sehr wohl bewusst war. Das war das Tückische an den Magiern, sie konnten auf andere Weise beobachten und sehen als die Normalsterblichen.
Mit gefährlich leiser und zischender
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