Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)

ihren beiden Händen hielt sie Ravenors andere Hand in ihrem Schoß.
    Ein sehr schönes Bild der Zuneigung, wenn da nicht die boshaften Blicke wären . Der junge Magier wischte sich den Schweiß von der Stirn und erfreute sich an seinem gelungenen Werk. Ich sollte etwas sagen, jetzt wo es auf einmal so still ist. Und er hielt einen Monolog über seine gelungene Arbeit:
    „Was für ein friedliches Bild und wie lieb ihr zueinander seid. Das berührt wahrlich mein Herz. In Arvon gibt es viele Statuen dieser Art. Das hat mich zu dieser Komposition inspiriert. Vielleicht sollte ich euch in Stein verwandeln und in die Halle von Naganor bringen. Meister Raiden würde das Arrangement sicherlich gefallen. Ich glaube, ich sollte dem Kunstwerk einen Namen geben. Wie wäre es mit ‚Sanfte Zuneigung mit bitterbösem Blick‘. Ja, das trifft es ziemlich gut. So, kein Gezanke mehr bis morgen früh und wenn ich euch dann wieder befreie, werde ich die Erinnerung an diese glücklichen Stunden löschen. Also verschwendet die wenige Zeit, die euch bleibt, nicht mit boshaften Rachegedanken. Denn egal was ihr plant, ihr werdet euch nicht mehr daran erinnern.“ Zum Abschluss riskierte Eryn einen Blick in die Gedanken des Pärchens. Die dachten augenblicklich nur an Mord und Totschlag. Uh, Ravenor ist verdammt sauer und Essyia kaum weniger, aber das Gekeife war ja nicht mehr auszuhalten. Also ich finde diese Harmonie wirklich gelungen und morgen kann sich Meister Raiden mit den zweien abgeben . Oder besser gesagt, sie zur Vernunft bringen. Das bekommt er immer ganz gut hin – finde ich.
     

     
    Am nächsten Morgen wachte Ravenor auf und fühlte sich wie gerädert. Total verspannt. Jeder Muskel schmerzt. Er benutzte den Handschuh, um sich einen Erfrischungszauber zu zaubern.
    Dann fragte er verunsichert: „Eryn, ich fühl mich ziemlich scheiße, kann das von dem Gift im Bein kommen?“
    Der junge Magier saß am Feuer und kochte etwas in einem Topf. Beiläufig antwortete er, ohne aufzusehen. „Nee, glaube ich nicht.“ Hihihi, ich darf mich nicht verraten. Das war aber auch zu witzig gestern.
    „Und ich kann mich gar nicht mehr so recht erinnern, was gestern Abend passiert ist. Ist das nicht komisch?“
    Sehr gut. Ich hatte schon Angst, dass der Zauber nicht richtig wirkt. „Wegen deinem Bein habe ich dich in einen Heilschlaft geschickt und als Nebenwirkung kann es dabei passieren, dass einen das Gedächtnis narrt. Die Hexe habe ich auch schlafen geschickt. War einfach sicherer.“
    Ravenor sah zu Essyia hinüber. „Sie sieht friedlich aus, wenn sie so schläft. Du solltest sie in dem Zustand lassen. Wann holst du den Prinzen?“
    Die Suppe auf dem Feuer war fertig und Eryn goss sie in die Schalen, die sie mithatten. „Nachdem ich gegessen habe. Wenn er einmal da ist, ist es mit den Mahlzeiten immer so eine Sache. Hier, nimm auch eine.“ In der Schüssel befand sich ein deftiger Eintopf, der verführerisch roch, aber noch so heiß war, dass er vor sich hin dampfte. Ravenor nahm die Schüssel vorsichtig entgegen, um sich den heißen Inhalt nicht aus Versehen über die Finger zu schütten.
    „Die Eishexe lasse ich schlafen, bis ich zurückkomme“, bemerkte Eryn. Um des lieben Friedens willen. „Ist besser so. Und tu ihr bitte nichts zuleide.“
    „Ich tue doch keiner wehrlosen Frau etwas“, bemerkte Ravenor gönnerhaft, als ob er über der Angelegenheit stehen würde.
    Eryn schwieg und tat geschäftig, um keinen Verdacht zu erregen. Na das klang gestern aber ganz anders .
    „Obwohl die hier schon ein ziemliches Biest ist. Übrigens könntest du ihr aus Naganor was Nettes zum Anziehen mitbringen. Diese Lumpen sind unästhetisch.“
    Da ist er wieder, unser Ravenor, hin- und hergerissen zwischen starker Ablehnung und, na ja, ‚sie ist aber doch eine Frau‘... und nicht ganz unattraktiv dazu .
    Die Schale war leer und Eryn stand auf. „Räum hier auf. Du weißt wie der Prinz ist und ich habe gestern alles gemacht, als ihr zwei geschlafen habt . “ …Oder so ähnlich. Sah wirklich hübsch aus. Ich habe wirklich eine künstlerische Ader. Eryn der Lebendskulpturist. Auf eine Zustimmung Ravenors wartete Eryn nicht. Es ist ohnehin fraglich, ob von Ravenors Seite zum Thema Aufräumen Einsicht zu erwarten ist. Ist letztendlich sein Problem, was er daraus macht. Und Eryn verschwand durch das Tor.
     
    In Naganor gab es dann für Eryn eine unerwartete Überraschung. Meister Raiden erläuterte kurz das Problem und seine Absichten,