Aretha Franklin - Queen of Soul
Liebe.«
In den Nachkriegsjahren profitierte Detroit vom Wirtschaftswachstum. Obwohl es auch hier durchaus rassistische Vorurteile gab, war die Motor City im Vergleich zu Memphis ein liberales Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit Jazzclubs, Tanzhallen, Theatern, Varietés, Bars und einem aufregenden Nachtleben. Mit anderen Worten: Am Sonntagmorgen gab es reichlich Seelen, die dringend erlöst werden mussten und dankbar den erbaulichen Worten von Reverend C. L. Franklin lauschten.
In Memphis war Reverend Franklin Pastor der New Salem Baptist Church gewesen, in Buffalo leitete er die Gemeinde der Friendship Baptist Church. Als er in Detroit seinen neuen Posten in der New Bethel Baptist Church an der Ecke Linwood und West Pennsylvania antrat, wurde klar, dass seine sonntäglichen Auftritte in Memphis und Buffalo nur »Generalproben« für seine wahre Berufung gewesen waren.
Wenn Reverend Franklin anfing zu predigen und der Chor einstimmte, sprangen von ihrer Ergriffenheit davongetragene Kirchgänger auf und riefen enthusiastisch »Gelobt sei der Herr!«. In der 4500 Personen fassenden Kirche ließen manche Gemeindemitglieder sich so von der kollektiven Begeisterung mitreißen, dass Krankenschwestern in weißen, gestärkten Uniformen sie wiederbeleben mussten. An heißen Sommertagen wurden Fächer verteilt, um für Abkühlung zu sorgen. Diese kostenlosen Pappfächer waren mit Werbung für örtliche Bestattungsunternehmen bedruckt. So waren unter dem Dach von Reverend Franklins Kirche Leben und Tod wunderbar vereint.
Die Kunde vom wortgewaltigen Prediger verbreitete sich schnell. Bald reisten Menschen von weither an, um das Evangelium nach Reverend C. L. Franklin zu hören. Schließlich wurde ein blau leuchtendes Neonkreuz über dem Altar angebracht, um die elektrisierende Wirkung seiner Predigten noch zu unterstützten.
Franklin wurde so berühmt, dass man ihn zunehmend zu Gastauftritten im ganzen Land einlud. Wenn er auf Reisen war, blieben seine fünf Kinder in der Obhut verschiedener Haushälterinnen und Bekannten zurück. Eine davon war eine Frau namens Lola Moore, die Aretha als »Daddys besondere Freundin« bezeichnete. Für eine Weile zog Rachel, Arethas Großmutter väterlicherseits, bei ihnen ein. Die Kinder nannten sie »Big Mama«. Sie galt als besonders streng und war eine der Frauen (u. a. neben der langjährigen Haushälterin Katherine), die Aretha das Kochen beibrachten.
Drei weitere Besucherinnen, die gelegentlich auf die Kinder aufpassten, waren Frances Steadman und Marion Williams, beide Gospelsängerinnen bei den Clara Ward Singers, sowie Mahalia Jackson.
Mahalia Jackson war bereits eine Legende, als sie die Franklins kennenlernte, und sie sollte zu einer lebenslangen Inspiration für Aretha werden. Von sich selbst glaubte Mahalia, dass sie »vom Schicksal dafür bestimmt sei, Gospels zu singen«.
Geboren wurde sie 1911 in New Orleans als Tochter eines Hafenarbeiters / Barbiers / Predigers und seiner Frau. Ihre Mutter starb, als sie vier Jahre alt war, danach wurde sie von ihren Tanten großgezogen. Mit zwölf »versprach ich dem Herrn, dass ich mein Leben dem Gesang widmen würde«.
Mit 16 zog sie nach Chicago, um bei einer anderen Tante zu wohnen, und dort begann auch ihre Karriere als professionelle Sängerin. Sieben Jahre lang war sie Mitglied des Gospelquintetts The Johnson Singers, 1941 wurde sie Solosängerin. Vier Jahre später nahm sie den Song »Move On Up a Little Higher« auf – eine religiöse Platte, die sich acht Millionen Mal verkaufte und Mahalia zum Star machte. Danach folgten zahlreiche weitere Hits sowie später Filmauftritte und sogar eine eigene Radioshow.
Mahalias reine, kräftige Altstimme war der Schlüssel ihres Erfolgs. Sie sang voller Gefühl und berührte das Publikum im Innersten mit ihrer spirituellen Leidenschaft, die festem Gottvertrauen entsprang. Man spürte, dass Mahalia all das, wovon sie sang, auch wirklich fühlte. Diese Inbrunst beeindruckte die junge Aretha so, dass auch sie lernte, ihrem Gesang Wahrhaftigkeit zu verleihen.
Obwohl sie zur berühmtesten Gospelsängerin der Welt wurde, blieb Mahalia Jackson immer bodenständig. Sich selbst beschrieb sie einmal als » starke Frau aus Louisiana, die Reis so kochen kann, dass jedes Korn für sich steht.« Aretha erinnert sich gern an ihre gemeinsame Zeit mit Mahalia – sowohl in der Kirche als auch in der Küche.
Im Haus der Franklins herrschte immer viel Trubel und Musik war allgegenwärtig.
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