Aretha Franklin - Queen of Soul
und völlig ausgehungert an Restaurants vorbeifahren musste, um dann vom Highway runterzufahren und in irgendeinem Kaff ein Lokal zu suchen, wo man als Schwarzer bedient wurde – das hat uns schon geprägt.«
»Als Gospelsänger hatte man es schwer, nach dem Auftritt an sein Geld zu kommen«, berichtet Erma Franklin. Der Organisator machte sich oft mit dem Geld aus dem Staub. Deshalb kämpften alle mit Zähnen und Klauen darum, mit Reverend Franklin aufzutreten, denn dann war die Bezahlung sicher.«
Erma erzählt auch, dass »Schwarze im Süden bei Schwarzen übernachten mussten: Man musste in schwarzen Motels absteigen. Da traf man die ganzen Gospelgruppen und die R & B-Stars, die zu meinem Vater hingingen und sagten: ›Wir haben dein Album gehört und finden es toll.‹ Wir lernten uns alle kennen und wurden Freunde. Wenn diese Stars dann in Detroit waren, riefen sie meinen Vater an und der lud sie zu uns zum Essen ein. Natürlich fingen sie dann irgendwann an zu singen und es gab eine große Party! Da ließ sich niemand lange bitten. Wir waren alle Rampensäue.«
Aretha erinnert sich vor allem an die langen Stunden unterwegs: »Wir fuhren Tausende und Abertausende von Meilen. Ich bin bestimmt vier Mal von Detroit durch die Wüste nach Kalifornien gefahren. Nie wieder! Nie wieder! So reiste man damals. Baby, diese steilen Bergstrecken ohne Leitplanke! Das war bestimmt schlimmer, als mit der Pferdekutsche.«
Die Erfahrungen, die Aretha auf diesen Gospeltouren sammelte, nutzten ihr später auf ihren Konzerttourneen in den 1960er- und 1970er-Jahren. »Im Alter von 13 bis 16 reiste ich mit meinem Vater. Ich sang mit den Roberta Martin Singers und dem Clara Ward Singers Caravan – richtigen Gospelgiganten. Das war ein sehr gutes Training.« Sie schloss unterwegs einige Freundschaften fürs Leben, zum Beispiel mit Mavis Staples, die mit ihrem Vater »Pop« Staples und ihren Schwestern Yvonne und Cleo als The Staples Singers auftrat.
In dieser Zeit leitete Reverend Franklin seine Tochter an. »Er ermutigte mich zu singen«, sagt Aretha, »und brachte mir bei, wie man sich als Dame benimmt.« Wenn sie vor lauter Nervosität zu schnell sang, sagte er: »Nimm dir Zeit; drück das aus, was du ausdrücken willst.« Sie hörte auf ihn und wurde belohnt, als sich auf einer der Gospeltourneen in der Oakland Arena die Gelegenheit bot, ihren Gesang aufzunehmen. »Wir gingen nicht ins Studio«, erklärt Aretha. »Es war ein Gottesdienst in Oakland, Kalifornien. Mein Dad predigte damals in vielen großen Auditorien im ganzen Land und ich trat an den Wochenenden als Solosängerin mit ihm auf. Das Label Chess Records, das schon viele seiner Predigten aufgenommen hatte, kam nach Kalifornien und nahm auch diese Predigt auf.« Im selben Jahr brachte Chess unter dem Namen Songs of Faith auch eine Sammlung von Arethas Gospelauftritten in der New Bethel Baptist Church heraus. (1964 wurde das Album unter dem Namen The Gospel Sound of Aretha Franklin und 1982 bei Checker Records als Aretha Gospel neu aufgelegt.)
Das Album ist ein echtes Stück Musikgeschichte: Nur von einem Klavier begleitet, bietet die reine und ungeschulte Stimme der 14-jährigen Aretha einen erstaunlichen Vorgeschmack auf das, was noch kommen würde. Im Hintergrund der religiösen Lieder sind »Amen«- und »Oh Lord«-Rufe der verzückten Gemeinde zu hören. Auf »There Is a Fountain Filled With Blood« ist Arethas Stimme besonders klar und kräftig. In der Mitte von »Precious Lord (Part Two)« stimmt sie ein Klagegeschrei an und zeigt damit bereits die Leidenschaft, die später auf den Alben von Atlantic zum vollen Ausbruch kommen würde. Schon hier praktizierte sie das, was sie im Laufe ihrer Karriere oft machen sollte: Sie nahm Songs von Sängern auf, die sie bewunderte, und machte sie durch ihre Interpretationen zu ihren eigenen. Auf diesem Album vereinnahmte sie so die beiden bereits erwähnten Stücke sowie Clara Wards »Never Grow Old«. Auf »He Will Wash You White As Snow« singt Aretha den Leadpart und der Chor antwortet ihr. Damit bietet dieses Album bereits frühe Versionen von einigen ihrer Hits aus den späten 1960er-Jahren, bei denen die Sweet Inspirations die Chorbegleitung lieferten. Die Aufnahmequalität dieses Songs erinnert an den Sound der großen Bluessängerin Bessie Smith, so wie auch Arethas Gesang an Bessies Interpretation des Blues erinnert.
Während Aretha vor dem Altar der New Bethel Baptist Church ihre Stimme fand, entdeckten
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