Arglist: Roman (German Edition)
Musikproduzent und Unternehmer.«
»So nennt man in Los Angeles Faulenzer.«
»Ich muss zugeben, dass ich bei nebulösen Berufsangaben meine Antennen ausfahre. Aber es ist nicht mein Fall, und Hollywood hat selbst genug gut ausgebildete Polizisten in ihrer Mordkommission. Ich bin sicher, sie haben gute Gründe, die beiden Kerle festzuhalten.«
»Ja, bestimmt.«
»Und trotzdem wüsste ich jetzt gerne mehr über dieses Hollywood-Carjacking, weil ich auf den Fall Ihres Mannes angesetzt wurde. Um etwas zu erreichen, kann ich nicht nur das alte Feld beackern.«
»Da stimme ich Ihnen zu.«
»Das freut mich, denn es gibt einige Personen, die beim ersten Mal nicht befragt wurden, mit denen ich aber gerne sprechen würde. Ihre Söhne, zum Beispiel.«
»Meine Söhne?« Melinda war überrascht. »Sie waren noch Kinder.«
»Auch Kinder haben Erinnerungen, Mrs. Warren. Sie sehen Dinge, sie hören Dinge, sie erleben Dinge. Oft sagen sie von sich aus lieber nichts, denn damit haben sie sich schon selbst mal in Schwierigkeiten gebracht. Aber stellt man ihnen geradeheraus eine Frage, werden sie höchstwahrscheinlich nicht lügen. Ihre Söhne sind mittlerweile erwachsen, deshalb benötige ich nicht Ihre Erlaubnis, sie zu kontaktieren. Andererseits wäre es hilfreich, wenn ich Ihre Unterstützung hätte.«
Ihre Mundwinkel wiesen deutlich nach unten, während ihre Stirn faltenlos blieb – Botox. »Lassen Sie mich die beiden anrufen, und ich melde mich dann bei Ihnen. Ich bin sicher, sie werden nichts dagegen haben, mit Ihnen zu reden. In zehn Jahren Therapie haben sie gelernt, wie man mit egal wem spricht.«
5
Wenn sich Ermittler der Mordkommission nur noch eine Haaresbreite von der Aufklärung eines Falls entfernt fühlten, dann war irgendein Ass aus einem anderen Revier, das ihnen dazwischenfunkte, so ziemlich das Letzte auf ihrer Wunschliste. Zwei ähnliche Verbrechen, die fünfzehn Jahre auseinanderlagen, machten noch keinen Wiederholungstäter, aber auch wenn Decker nicht die Absicht hatte, einem Kollegen die gut geschmierte Verurteilungsmaschinerie lahmzulegen, so fand er es dennoch unumgänglich, die Akten zu dem jüngsten Carjacking-Mordfall in Hollywood noch einmal durchzugehen, vorsichtshalber. Die Aussicht auf den ungebetenen Anruf bei den beiden Polizisten war wenig erfreulich.
Glücklicherweise besaß er eine Eintrittskarte, und der Grund dafür zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. Er hatte seiner Tochter schon unzählige Gefallen getan, was als Vater nur natürlich war und von ihm erwartet wurde – doch dieser kleine Auftrag würde Cindy die Chance geben, sich zu revanchieren.
Decker verließ den sich dahinschlängelnden Sunset Boulevard und bog auf die 405 Richtung Norden ins heimatliche Terrain des San Fernando Valleys ein. Die morgendlichen Wolken waren einer strahlenden Sonne gewichen, die nach der Klimaanlage verlangte. Obwohl das Auto schon alt war, stieß es tapfer einen mit Kühlmittel belasteten Luftstrom aus, der wohltuend über Deckers schweißnasses Gesicht strich. Er lockerte seine Krawatte und wartete auf ein Funknetz, während der Crown Vic den Berg hinauftuckerte. Als er die Spitze erreicht hatte, benutzte er seine stimmaktivierte Freisprechanlage. Cindy hob beim dritten Klingeln ab.
»Bist du beschäftigt?«, fragte er ohne lange Vorrede.
»Mit einem großen Salat.«
Decker blickte auf seine Uhr: halb zwölf. »Frühes Mittagessen?«
»Joe hatte Hunger, und der Zeitpunkt passt. Was gibt’s?«
»Ich würde gerne kurz mit dir reden, und es wäre hilfreich, wenn du alleine wärst.«
»Bleib dran.« Decker hörte, wie Cindy mit ihrem Partner sprach. Kurz darauf war sie wieder am Telefon. »Ist alles in Ordnung?«
»Alles bestens. Hab ich dich nervös gemacht?«
»Was glaubst du denn. Du rufst mich sonst nie im Dienst an.«
»Das liegt daran, dass der Anruf dienstlich ist. Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe. Du musst mir einen Gefallen tun, Cindy.«
»Einen Gefallen, aha.« Sie schwieg einen Moment. »Na gut, jetzt weiß ich, dass ich dazugehöre.«
»Warst du nicht bei der Entdeckung des Autos von Primo Ekerling dabei?«
»Ursprünglich waren Joe und ich auf den Fall angesetzt, bis wir den Kofferraum geöffnet und die Leiche entdeckt haben. Danach ging er sofort ans Morddezernat.«
»Also wurde das Auto als gestohlen gemeldet?«
»Ja, aber das Auto war nicht die Hauptsache. Ekerlings Freundin meldete, dass er, zusammen mit dem Auto, vermisst wurde. Eine Woche
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