Arglist: Roman (German Edition)

Oldies gestoßen, die sich an Ben Little erinnern.«
    Decker blickte von seinem Haufen rosafarbener Notizzettel auf. Heute trug Marge eine purpurrote Baumwollbluse zu einer beigefarbenen Hose. »Konntest du mit einem von ihnen sprechen?«
    »Nein, ich musste mich um einen Prozess kümmern und einen Notfallplan bearbeiten. Außerdem dachte ich, du hättest mir gesagt, Strapp wolle, dass du alle Befragungen persönlich durchführst.«
    »Tja, das wird wohl nicht gehen.«
    »Es ist mies von Strapp, solchen Druck auf dich auszuüben.«
    »Ich werd’s überleben. Hattest du Zeit nachzusehen, wann Christopher Donatti als Schüler nach L.A. kam?«
    »Der böse Bube Chris kam ein Jahr nach Littles Ermordung auf die Central West High. Er ging nie zur North Valley, allerdings liegen die beiden Schulen nur zehn Kilometer auseinander. Wenn du willst, tauche ich tiefer in die Sache ein. Der Little-Mord sieht aus wie ein Auftragsmord, und Donatti war... ist ein Auftragskiller.«
    Decker nickte. »Vielleicht rufe ich ihn tatsächlich einfach mal an. Typen wie er sind paranoid und immer auf der Hut, da hat er möglicherweise irgendwas läuten gehört.«
    »Das meinst du nicht wirklich ernst!« Als Decker nur mit den Achseln zuckte, fuhr Marge fort: »Das Arschloch hat auf dich geschossen.«
    »Das war damals nicht persönlich gemeint.«
    »Du spinnst!«
    »Ja, vielleicht, aber auf die Lösung eines fünfzehn Jahre alten Falls ist eine Menge gesetzt, und da werde ich jede Hilfe akzeptieren, die ich kriegen kann. Also, wer aus Littles Tagen unterrichtet immer noch an der North Valley High?«
    Marge überreichte ihm die Liste – zwei Lehrer der Geisteswissenschaften, zwei für Mathematik und Naturkunde sowie der Sportlehrer der Jungs. »Pete, wenn du einverstanden bist, nehme ich Oliver dazu, und dann könnten wir die Befragungen in ein paar Tagen durchziehen. Er wäre sowieso nützlich für diesen Fall, weil er zum Zeitpunkt von Littles Tod beim Morddezernat in Devonshire war.«
    »Hast du mit ihm über den Fall geredet?«
    »Ich mache nichts ohne deine Zustimmung, Boss, aber ich bin mir sicher, dass ihm eine Menge einfallen wird, wenn er die Akte liest. Ich habe ihn nur auf Arnie Lamar und Cal Vitton angesprochen.«
    »Und?«
    »Er sagt, sie waren in Ordnung... nicht bestechlich, soweit er noch wusste. Sie gehörten zum alten Eisen, aber Oliver setzte gleich nach, dass sie damals wahrscheinlich so alt waren wie er heute. Je länger er darüber nachdachte, desto stärker packte ihn seine berühmt-berüchtigte Alterspanik. Er ist eben furchtbar, wenn er Trübsal bläst.«
    »Hat er sich gewundert, warum du ihn auf Lamar und Vitton ansprichst?«
    »Ich glaube, er ahnt warum, Pete. Die beiden sind ein Synonym für den Mord an Little geworden.«
    Decker reichte ihr einen Zettel. »Der erste Name – Phil Shriner – ist der des Privatdetektivs, den Melinda Little Warren angeheuert hatte, um den Mord an ihrem Mann aufzuklären. Er hatte keinen Erfolg, auch wenn Melinda sagt, sie hätte ihm ein Vermögen bezahlt.«
    »Weißt du, ob er noch aktiv ist?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ich überprüfe ihn.« Sie schrieb sich den Namen auf ihren Notizblock. »Und wer ist Darnell Arlington?«
    »Ein Lieblingsprojekt von Ben Little. Als Darnell das erste Mal von der Schule verwiesen wurde, ist Ben für ihn in die Bresche gesprungen, und man gab ihm eine Gnadenfrist. Das zweite Mal flog Darnell raus, und Ben war auf Seiten der Schule. Arlington war zum Zeitpunkt des Mordes in Ohio, und Bens Witwe hatte gehört, dass der Junge sein Leben in den Griff bekommen hätte. Cal Vitton hat damals mit ihm gesprochen, aber der Junge ist einen zweiten Blick wert.«
    »Ist sozusagen erledigt.« Marge schrieb sich auch Arlingtons Namen auf und gab Decker seine Notizen zurück. »Dann kann ich Oliver mit auf den Schoß nehmen?«
    Decker dachte kurz darüber nach. »Also gut, lass uns Oliver einweihen. Strapp weiß genau, dass ich das nicht ganz alleine schaffen kann, aber die großen Jungs dürfen es ja nicht erfahren, wenn ich Arbeit abgebe. Bei all seinen Fehlern – Scott kann Geheimnisse für sich behalten.«
    »Das ist wahr.«
    »Und wer weiß? Vielleicht holt ihn ein Sondereinsatz aus seiner Depri.«
    Marge zuckte nur mit den Achseln. »Die Hoffnung stirbt zuletzt.«

6
     
    Calvin Vitton und Arnie Lamar hatten Waffe und Weste kurz nach dem Little-Mord abgegeben, aber keiner der beiden war aus der Stadt weggezogen. Cal der Schweigsame, wie er genannt wurde,