Argus #5
in einem Animationsstudio in Hollywood erfunden worden und auch nur dort zu finden war.
Doch am Ende hatte altmodische, schweißtreibende Polizeiarbeit zu dem Anruf geführt, der Manny gestern vom St. Petersburg PD erreicht hatte und die bösen Nachrichten bestätigte, die Dickerson bereits von zwei weiteren Police Departments erhalten hatte. Es gab weitere Opfer.
«Ich habe noch zwei Mordfälle in Florida, beide ungelöst. Einer drüben an der Westküste in St. Petersburg, der andere im Süden in Homestead. Beides Frauen, beide haben Brandzeichen, die eine im Nacken in Form einer Zickzacklinie in einem geschlossenen Kreis. Das war Cyndi DeGregorio, eine einundzwanzigjährige Stangentänzerin aus Miami, die letzten Juli auf einer Müllkippe gefunden wurde. Die andere hatte ein Brandzeichen am Gesäß, aber sie konnte noch nicht identifiziert werden. Keiner hat je nach ihr gesucht. Vielleicht war sie eine Prostituierte. Sie wurde hinter dem Baseball-Stadion am Progress Energy Park gefunden, am Eröffnungstag des Frühjahrstrainings der Devil Rays im April 2009. Noch beunruhigender ist, dass ich auch eine männliche Leiche in New Jersey gefunden habe, mit demselben Brandzeichen rechts auf der Brust. Er war wie ein Fisch aufgeschnitten und ausgeweidet worden und wurde ebenfalls auf einer Müllkippe gefunden, in Hoboken. Er hieß Kevin Flaunders. Ein zweiundzwanzigjähriger Bodybuilder und Callboy; er wurde im November 2008 gefunden. Drei Morde in den letzten drei Jahren. Und das sind nur die, die ich über ViCAP finden konnte. Vielleicht gibt es noch mehr, die nicht im System gelandet sind. Vielleicht wurde das Brandzeichen übersehen. Vielleicht waren die Leichen verwest, bevor sie gefunden wurden, und die Brandzeichen sind nicht mehr erkennbar. Entscheidend ist, es gibt noch mehr, Counselor. Es gibt weitere Opfer. Und wir können die Augen nicht mehr davor verschließen.»
Daria war völlig perplex. «Ich weiß nicht, ob ich verstehe, was Sie sagen wollen, Manny …»
«Ich glaube, wir haben es hier mit einem Serientäter zu tun. Oder mehreren.»
Das Wort «Serientäter» löste bei jedem Detective und Ankläger Angst aus. Die Ungeheuerlichkeit dessen, mit wem, oder besser, mit was , man es da zu tun hatte, war im richtigen Leben schwer zu verdauen. Es war wie der Unterschied, von einem Erdbeben zu lesen oder eines zu erleben: Wer das Grauen und die Zerstörung nicht kannte, die von solch einem lebenden, atmenden, menschlichen Monster angerichtet wurden, das seine Opfer willkürlich unter seinen Mitmenschen aussuchte, hatte keine Ahnung, wie falsch Bücher und Filme darüber berichteten, wie trivial sie Serienmorde klingen ließen. Glücklicherweise kamen Serienmorde in Wirklichkeit nur selten vor und machten weniger als ein Prozent aller Morde landesweit aus. Dafür war die Identifizierung und Verhaftung eines Serienmörders extrem schwierig, wie Manny nur zu gut wusste.
«Vor ein paar Jahren habe ich an einem Fall gearbeitet», begann er. «Hier in Miami wurde eine Reihe von Polizisten ermordet. Das war 2004.»
Damals hatte Daria noch studiert, doch sie erinnerte sich an die Morde, die in ganz Florida Schlagzeilen gemacht hatten. «Das war der Fall Morpheus, oder?»
«Ja. Im Lauf der Ermittlungen musste ich einen Serienmörder befragen, der behauptete, er hätte Informationen zu dem Fall. Sein Name war Bill Bantling.»
«Cupido», sagte Daria langsam. Ihr Herz schlug schneller. Manche Namen lösten unwillkürlich starke Regungen aus. Bill Bantling stand ganz oben auf dieser Liste, zusammen mit Ted Bundy, Jeffrey Dahmer und Charles Manson. Die emotionale Reaktion war Angst. Das gleiche unvertraute, eisig kalte Gefühl, das sie bei Talbot Lunders’ Arthur Hearing überkommen hatte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie rutschte unbehaglich auf dem Stuhl herum.
«Genau, Cupido. Bei dem war ich auch dabei.»
«Wie viele Frauen hat er ermordet?», fragte Daria leise. Als Cupido die Nachtclubs von South Beach heimgesucht hatte, war sie selbst noch eine feierlustige College-Studentin gewesen. Sie war sogar in derselben Nacht im Club Liquid gewesen, als eines von Cupidos Opfern von ebender Theke spurlos verschwand, an der auch Daria zu viele Kamikaze-Schnäpse gekippt hatte. Die unheimliche Fast-Begegnung hatte sie nie ganz losgelassen. Du weißt nie, wann du selbst dran bist, wann du vielleicht einem Serienmörder ins Auge fällst.
«Elf», antwortete Manny mit einem tiefen Seufzer. Elf junge
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