Argus #5
im Spiel? Und gab es noch weitere Opfer?
Manny rieb sich die Augen und griff nach einer Zigarette.
Wie viele verdammte Zombies liefen da draußen herum?
16
W ir müssen reden», begann Manny, als er Daria in ihr Büro folgte. Er ließ sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen.
«Ich dachte mir schon, dass Sie was auf dem Herzen haben, nachdem ich Sie den ganzen Morgen im Gericht herumlungern sah», antwortete sie, während sie mit dem Fuß die Tür schloss, die Handtasche auf den Aktenschrank stellte und ihre Plateauschuhe abstreifte. Die Schuhe hatte sie spontan im Internet gekauft, und sie drückten schrecklich. Sie zog ein Paar Ballerinas aus der Schreibtischschublade und schlüpfte hinein. «Was gibt’s? Haben Sie sich mit Raul gestritten? Dürfen Sie nicht mehr in die Cafeteria oder so was? Tut mir leid, da kann ich nichts für Sie tun.»
Er starrte sie verblüfft an, als stünde sie splitternackt vor ihm. «Verdammt, Counselor, sind Sie klein! Sind Sie überhaupt eins fünfzig?»
Drohend hob sie den Zeigefinger. «Ich habe Sie gewarnt; kein Kommentar zu meiner Größe. Ich sage auch nicht Yeti zu Ihnen, bloß weil Sie zwei Meter zehn groß sind.»
«Eins siebenundneunzig.»
«Egal. Über eins neunzig kommt sowieso nur noch heiße Luft.»
«Kann ich Sie mal was fragen: Kommen Sie ohne Hilfe überhaupt an die Türklinke?»
Sie funkelte ihn an. «Gehen Sie jetzt lieber, Detective», antwortete sie, setzte sich an den Schreibtisch und scheuchte ihn mit einer Geste.
«Nicht, bevor wir geredet haben. Ist das Ihr Dad?» Er zeigte auf ein Foto auf ihrem Schreibtisch, das Daria mit ihrem Vater beim College-Abschluss zeigte. «Sie sehen ihm gar nicht ähnlich.»
«Das nehme ich mal als Kompliment. Ja, das ist mein Vater.»
Manny warf einen Blick unter den Tisch. «Hat er auch so kleine Füße?»
«Es reicht. Ich weiß jetzt, wie Sie die Leute zum Geständnis zwingen. Sie gehen Ihnen so lange auf die Nerven, bis sie nicht mehr können.»
«Ich mach doch nur Spaß, Counselor. Sieht gut aus, Ihr Papa. Und er setzt hübsche Kinder in die Welt. Das können Sie ihm ausrichten», setzte er mit einem Augenzwinkern nach. «Wie ich höre, muss man sich mit italienischen Vätern immer gutstellen. Guten Eindruck machen. Vielleicht legt er ein gutes Wort für mich ein, wenn wir den Fall hinter uns haben.»
Sie verdrehte die Augen. «Sie sind ein Optimist. Und Sie haben keine Ahnung von italienischen Vätern. Sie können von Glück reden, wenn er Sie nicht dafür umbringt, dass Sie sein kleines Mädchen beleidigt haben.»
«Und das ist Ihr Bruder?» Manny griff nach dem nächsten Foto. «Der sieht Ihnen auch nicht ähnlich. Sieht aus wie Ihr Vater. O nein, sagen Sie jetzt bloß nicht, das ist Ihr Freund. Das wäre doppelt schlimm. Erstens, weil er wie Ihr Vater aussieht …»
«Was soll das? Arbeiten Sie an einem Stammbaumprojekt? Weswegen haben Sie mir den ganzen Morgen aufgelauert, Manny?» Daria griff über den Schreibtisch, nahm ihm das Bild aus der Hand und stellte es wieder auf den Tisch. «Sie benehmen sich echt wie ein Kleinkind.»
«Na gut, genug geplaudert. Ich habe die Frau auf dem Lunders-Video gefunden.»
Daria zog die Braue hoch. «Wirklich?»
Manny seufzte. «Sie ist tot.»
Daria lehnte sich zurück und faltete die Hände im Schoß. Ihr Gesicht verdunkelte sich. «Das ist schlecht.»
Er runzelte die Stirn. «Ich weiß, Sie wollen wissen, wie sie hieß, Counselor. Ihr Name war Gabriella Vechio. Sie war neunundzwanzig, Steuerberaterin in New York und wurde vor fünf Jahren tot auf einer Baustelle in Long Island gefunden. Kurz nachdem das Video gedreht wurde. Vorher hatte man sie vergewaltigt, gefesselt, ausgepeitscht, gefoltert und dann erwürgt.»
«Okay», entgegnete Daria langsam.
Sie klang, als wollte sie eigentlich sagen: Und was geht mich das an? Das ärgerte ihn. Er spürte, wie sein Blutdruck anstieg. Die kleine Vechio war einen schrecklichen Tod gestorben, und bis jetzt war keiner dafür zur Verantwortung gezogen worden. Und nach dem kurzen Gespräch mit Detective Schrader hatte er den Eindruck, dass sich oben in New York auch niemand besonders bemüht hatte, einen Verdächtigen zu finden. Nach angemessener Zeit war ihre Akte einfach in den Keller zu den ungeklärten Fällen gewandert, und man war zur nächsten Leiche übergegangen. Und jetzt wollte die Abteilung für Altfälle von ihm einen Täternamen und ein Todesurteil, damit auch sie den Fall vom Tisch bekam. Es passierte
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