Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)
neben Eddy Rames und Dominique Lagrand auf einem der quer montierten Sitze im hintersten Teil der Maschine, Solveigh, Adelheid Auch und das Mädchen aus Dortmund ihnen gegenüber. Zwischen ihnen stand auf Paletten ihre Ausrüstung, fest mit dem Boden verzurrt. Was notwendig war, denn mit einem regulären Flug hatte schon der Start auf dem Fliegerhorst Manching nichts zu tun gehabt. Das Heulen der Triebwerke, der steile Anstellwinkel, nichts davon war für den Magen eines regulären Passagiers gedacht. Komfort konnten sie nicht erwarten, aber es war die einzige Möglichkeit gewesen, vor dem nächsten Morgen in Portugal zu landen. Es hatte eine Intervention von Will Thater gebraucht, sie neben den etwa fünfzig Luftlandepionieren des deutschen Heers an Bord zu schleusen und den Zwischenstopp in Portugal einzulegen. Die Soldaten allerdings schien weder der Lärm noch der ruppige Start zu stören, viele von ihnen schliefen oder spielten Karten. Paul Regen, Solveigh und der Rest ihres Kommandos hatten weder Zeit zum Ausruhen noch zum Kartenspielen. Alles lief jetzt darauf hinaus, ob sie Ioana schnell genug fanden.
»Wie weit sind Sie mit dem BMW?«, fragte Paul Regen, um sich von der Übelkeit abzulenken.
»Ich arbeite daran«, sagte Eddy. Liliana hatte sich tatsächlich das Kennzeichen des Wagens gemerkt, der Ioana in Dortmund abgeholt hatte. Er war auf Enzo Cesare angemeldet, den hinkenden Vetter zweiten Grades von Matteo Taccola. Die Frage war, wohin Enzo mit ihr gefahren war. Entgegen der landläufigen Meinung war es nicht besonders schwer, ein Fahrzeug zu finden, zumindest auf den Autobahnen. »Glauben Sie denn wirklich, dass die Kamerabilder von den LKW-Maut-Kontrollstellen nicht gespeichert werden? Dann sind Sie wirklich naiver, als ich dachte«, hatte Eddy ihm vorgeworfen. Paul hatte tatsächlich geglaubt, dass er nicht in einem Überwachungsstaat lebte. Möglicherweise war das naiv, möglicherweise sogar dumm, aber es war notwendig, um als Polizist seinen Job zu erledigen, fand Paul.
»Nein, natürlich nicht«, hatte er stattdessen geantwortet und beschlossen, seinen Gewissenskonflikt zu vertagen, bis sie Ioana gefunden hatten. Wenigstens vermittelte die Transall, sobald sie ihre Flughöhe erreicht hatte, nicht mehr das Gefühl, im nächsten Moment abzustürzen, dachte Paul. Es war ihm allerdings unverständlich, warum es im Laderaum nach Benzin stank und warum es so kalt sein musste. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu. Unter ihnen mussten sich die Alpen mit den mondänen Skiorten der Schweiz erstrecken. Die Aussicht genießen konnte man allerdings nicht, denn die Transportmaschine hatte nur vier kleine Fenster, die alle im vorderen Teil des Flugzeugs lagen, wo die Soldaten saßen.
»Ich hab ihn!«, schrie Eddy endlich, eine gefühlte Dreiviertelstunde später. Die Rotoren verschluckten einen Teil seiner Sätze, Paul hatte Mühe, ihm zu folgen. »Auf der A4 Richtung Frankreich, in der Nacht vom 27. auf den 28.Juni!«
Paul Regen kalkulierte. Das war vor etwas über einer Woche gewesen. Eine Woche. Paul Regen bezweifelte, dass sich der Täter so lange Zeit lassen würde. Er schaute zu Liliana, deren starrer Blick in dieser Sekunde einen Funken Hoffnung schöpfte.
»Das sind gute Neuigkeiten«, rief Agent Lang und zeigte mit dem Daumen nach oben. Doch ihre Augen sprachen eine andere Sprache. Sie schätzte die Situation genauso ein wie er.
»Wie lange werden Sie brauchen, um seine Route zurückzuverfolgen?«, schrie Paul gegen der Lärm der Triebwerke an.
»Nicht lange!« Eddy tippte einige Befehle in seinen Computer. »Jetzt, da ich weiß, wann und wo ich suchen muss.«
Paul Regen atmete Luft ein, die nach Kerosin schmeckte, und seine Finger trommelten auf dem unverkleideten Metall der Flugzeugwände, während er auf das Ergebnis wartete.
»Was ist mit der Drohne?« Ein weiteres Ablenkungsmanöver für seine Nervosität. Und weil es möglicherweise ihre einzige Chance war. Die Autobahn würde sie nicht bis zum Täter führen. Höchstens in die Nähe.
»Sie ist auf dem Weg!«, schrie Solveigh. »Morgen früh kann sie starten.«
Das ist gut, dachte Paul Regen. Und wenn es uns hilft, Ioanas Leiche zu bergen und dafür zu sorgen, dass sie das letzte Opfer dieses kranken Bastards sein würde.
»Ich habe ihn bis Namur in Belgien auf der A15. Dort ist er abgefahren. Und zwar direkt, nachdem er eine etwa fünfzehnminütige Pause gemacht hat.«
Das war es, dachte Paul Regen. Das war der Übergabeort.
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