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Aristoteles: Grundwissen Philosophie

Aristoteles: Grundwissen Philosophie

Titel: Aristoteles: Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Detel
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Naturalismus, der Aristoteles’ Theorie des Politischen oft attestiert wird, findet seine Grenze in den normativen Elementen der Theorie und ihrem weiten Begriff von Natur, denn eine Entwicklung »von Natur aus« schließt deliberative Momente nicht aus. Und der Begriff der politischen Herrschaft wird durchaus auf seine Legitimität hin abgeklopft: Politische Herrschaft ist nur legitim, sofern sie erstens eine rotierende Herrschaft von Freien über Freie ist, zweitens eine Herrschaft der Gesetze ist, drittens über Ämter, Gerichte und Ratsversammlungen ausgeübt wird und viertens am Gemeinwohl orientiert ist. Der entscheidende Unterschied zwischen der aristotelischen Theorie des Politischen und der neuzeitlichen Vertragstheorie [124] liegt zweifellos darin, dass Aristoteles nicht von einer menschenrechtlichen Gleichheit ausgeht. Aber im Rahmen jener Gemeinschaften von Menschen, die er aufgrund ihres Charakters, ihrer Bildung, ihrer Selbstarbeit und nicht zuletzt ihres Vermögens als Gleiche anerkennt, verteidigt er eine demokratische Verfassung im Sinne der Politie, die auch in legitimationstheoretischer Hinsicht nicht weit von neuzeitlichen Demokratietheorien entfernt ist.
    Dass Aristoteles an einer wohlbegründeten Variante demokratischer Verfassungen festgehalten hat, ist im Übrigen nicht nur politiktheoretisch, sondern auch historisch bemerkenswert. Denn gerade als ein Metöke in Athen, der von seiner Biografie her den Makedonen nahe stand, wird Aristoteles kaum entgangen sein, was vor allem Demosthenes in Athen unablässig predigte – dass nämlich die Makedonen dabei waren, den demokratischen Verfassungen der griechischen Stadtstaaten ein politisches Ende zu bereiten und ganz anderen politischen Formationen zum Durchbruch zu verhelfen. Dennoch hat Aristoteles in politischer Frontstellung gegen seine Makedonenfreunde die demokratische Verfassung zäh verteidigt und sich darum bemüht, ihr eine vernünftige und realisierbare Form zu geben.

[125]
Neoaristotelismus
    Wenn man heute von Neoaristotelismus spricht, denkt man meist an eine interessante Rückbesinnung auf die aristotelische Ethik und politische Theorie im Rahmen der modernen Moralphilosophie und politischen Philosophie. Die Rückbesinnung auf Aristoteles in der Gegenwartsphilosophie erstreckt sich aber auch auf andere wissenschaftliche und philosophische Gebiete. Die neoaristotelische Bewegung zielt nicht darauf, die alten aristotelischen Positionen zu rehabilitieren, und sie beruft sich auch nicht auf genaue Textinterpretationen. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Wiederbelebung aristotelischer Intuitionen auf dem theoretischen Niveau der Gegenwartsphilosophie. Eine Einführung in das Denken Aristoteles’, die dessen Innovationskraft betont, lässt sich mit einer Übersicht über einige leitende Ideen der verschiedenen neoaristotelischen Ansätze sinnvoll abrunden.
    Diese Übersicht wird sich hauptsächlich auf jene beiden großen Felder konzentrieren, die heute zu Recht als wichtigste Gebiete der Rehabilitierung aristotelischer Grundgedanken gelten: die neoaristotelischen Ansätze in der modernen Ethik und politischen Theorie sowie die neoaristotelische essenzialistische Ontologie. Darüber darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch auf anderen Feldern antike und insbesondere aristotelische Intuitionen seit dem 20. Jahrhundert wieder an Bedeutung gewonnen haben. So ist beispielsweise das explizite Konzept einer deduktiv-nomologischen wissenschaftlichen Erklärung, das Aristoteles erfunden hatte, erst im logischen Empirismus des 20. Jahrhunderts wieder mit der gleichen Klarheit aufgenommen worden, freilich mit dem Unterschied, dass das moderne Verständnis der formalen Logik über die spezifische Fassung der Syllogistik hinaus erweitert wurde und die Wissenschaftstheorie des [126] 20. Jahrhunderts einen engeren Kausalitätsbegriff verwendete (eingeschränkt auf effiziente Ursachen). Und wenn Karl Popper (1902–1994) und seine Anhänger sich als Erfinder der hypothetisch-deduktiven Methode und der fallibilistischen Wissenschaftstheorie bezeichnen, dann nur aufgrund ihrer mangelnden historischen Kenntnisse, d. h. aufgrund der falschen historischen Annahme, dass man vor Popper unter Wissen stets bewiesenes, unerschütterliches Wissen verstanden hätte. Poppers falsifikationistische Wissenschaftstheorie ist jedoch im Wesentlichen eine Rehabilitierung der – recht verstandenen – aristotelischen Wissenschaftstheorie.
    Man hat in letzter

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