Arkadien 03 - Arkadien fällt
hatte es kaum ausgesprochen, als die Seitentür der Halle aufgerissen wurde. Antonio Festa stürzte mit gezogener Pistole herein, nass geschwitzt, als hätte er selbst gerade einen Angriff abwehren müssen.
»Die Vögel … sie sind völlig durchgedreht«, keuchte er. »Wir mussten uns in die Kirche –«
Er brach ab, als er die beiden nackten, blutbespritzten Teenager neben der reglosen Richterin entdeckte.
Mit einem wütenden Ausruf brachte er die Waffe in Anschlag. »Zurück! Los, weg von ihr!«
Alessandro wollte Rosa unter die Achsel greifen, um sie hochzuziehen, aber sie sprang bereits auf. »Wir waren das nicht!«
»Zurück!«, brüllte der Leibwächter erneut. Er kam jetzt langsam auf sie zu und starrte den Leichnam an. »Was habt ihr mit ihr … Mein Gott!« Er ächzte, als er die Wunden sah.
»Das waren wir nicht«, wiederholte Rosa, während sie und Alessandro langsam einen weiteren Schritt zurück machten.
»Auf den Bauch! Die Hände über den Kopf!« Er rief den Namen seiner Kollegin. »Stefania!«
Die Schritte der jungen Polizistin näherten sich draußen auf dem Platz. Als sie die Halle betrat, starrte sie erst Rosa und Alessandro an, verständnislos angesichts ihrer Nacktheit und des vielen Blutes. Dann entdeckte sie Quattrini am Boden. »Nein«, flüsterte sie. Mehrere Tauben stießen sich vom Dachstuhl ab und flogen an ihr vorbei ins Freie. »Was habt ihr getan?«
»Wir haben versucht ihr zu helfen!« Rosa kam zornig auf die beiden zu. »Während Sie da draußen –«
Ein Schuss peitschte, riss eine Kerbe in den Betonboden unmittelbar vor ihren Füßen und pfiff als Querschläger davon.
»Keinen Schritt!«, schrie Festa sie an. »Und legt euch endlich hin, verdammte Scheiße!«
Alessandro berührte Rosa am Arm. »Komm, tun wir, was er sagt.« Er ging in die Hocke und legte sich flach auf den Bauch. Sie kam kaum gegen ihre Empörung an, ließ sich aber nach kurzem Zögern neben ihm nieder.
Stefania war neben der Richterin auf die Knie gesunken und schloss ihr mit der flachen Hand die Augenlider. »Warum habt ihr das getan?«, fragte sie leise, ohne einen der beiden anzusehen. »Sie hat es nur gut mit euch gemeint.«
»Wir haben damit nichts zu tun«, widersprach Alessandro. »Das waren –«
»Vielleicht die Vögel?«, fiel ihm Festa ins Wort. Der Leibwächter würde ihnen niemals glauben.
Alessandro drehte den Kopf ein wenig, bis er Rosa in die Augen sehen konnte. Sie wartete auf sein Signal. Sich vor den Polizisten zu verwandeln war der allerletzte Ausweg.
»Hast du Handschellen?«, rief Festa zu seiner Kollegin hinüber.
»Im Auto.« Stefania löste den Blick nicht von der Toten. Ihr Gesicht bebte vor Trauer und Wut.
»Hol du sie. Ich pass auf die beiden auf.«
Sie schüttelte den Kopf, dann erhob sie sich und zog mit links ihr Handy aus der Hosentasche. »Ich rufe Verstärkung. Bis die hier ist, sollte keiner von uns mit ihnen allein bleiben.«
»Ich werde schon mit denen fertig«, entgegnete Festa.
Alessandros Blicke sagten: Warte noch. Gleich.
Stefania schaute wieder auf die Verletzungen der Richterin. »Die hat ihr doch keiner mit bloßen Händen zugefügt.« Ihr Kopf fuhr herum, sie starrte in Rosas Richtung. »Und was ist mit euren Sachen passiert?«
»Die wollten sie entsorgen«, kam Festa Rosa zuvor. Ihm war anzusehen, dass er liebend gern abgedrückt hätte.
Rosa deutete mit einem Nicken auf die Überreste von Alessandros Anzug. »Und vorher haben wir sie in Stücke gerissen, um – was zu tun? Sie zu verschlucken?«
Festa betrachtete die Stofffetzen. Bei aller Härte, die er zur Schau stellte, war doch offensichtlich, dass Quattrinis Tod ihn ebenso getroffen hatte wie seine Kollegin.
»Was ist mit den Eulen?«, fragte Rosa. »Sie haben sie doch selbst gesehen.«
Der Polizist neigte den Kopf. »Und?«
»Das Scheißvieh war zwei Meter groß!«
Die Leibwächter wechselten einen Blick, als zweifelten sie nun erst recht an Rosas Zurechnungsfähigkeit.
»Ihre Totems«, flüsterte Alessandro. »Die Malandras haben ihnen ein paar gewöhnliche Raubvögel auf den Hals gehetzt. Harpyien können das. So wie du mit den Schlangen im Glashaus sprechen konntest und ich mit den Raubkatzen im Zoo.«
Shit. Nicht gut.
»Pass auf sie auf«, sagte Stefania zu Festa, tippte auf ihrer Handytastatur und ging nach einem letzten Blick auf Quattrini zur Seitentür.
Alessandro unternahm noch einen Versuch. »Jemand wollte, dass es so aussieht, als hätten wir die Richterin
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