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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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anschließend von einer Meute Panthera durch den Central Park gehetzt und fast zerfleischt worden. Lernfähig waren andere.
    Ein Anflug von Zweifel flackerte über Lorenzos Gesicht.
    »Hey«, sagte sie hastig. »Ich hab ’ne Idee.«
    »Ach?«
    »Warum spielst du uns nicht später was vor?« Als sie Raffaela und Cristina mit einem großen Spaghettitopf herumfuhrwerken sah, fügte sie hinzu: »Nach dem Essen. Geht das?«
    Iole hatte die Pistole unter ihrem Geisteroutfit verschwinden lassen und beeilte sich, das Chaos, das sie angerichtet hatte, zu beseitigen.
    Lorenzo lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Ich muss erst was rauchen.«
    »Klar.«
    Ehe sie ihn zurückhalten konnte, gab er dem Stuhl einen Stoß und drehte sich im Kreis.
    Sie hielt den Atem an. Biss sich auf die Unterlippe. Wartete auf den unvermeidlichen Moment, in dem er Iole entdecken musste.
    Aber als er die Drehung vollendet hatte und ihr wieder das Gesicht zuwandte, waren seine Augen geschlossen und sein Kopf weit in den Nacken gelegt. »Also ehrlich«, sagte er, »du inspirierst mich total.«
    »So?«
    »Als du vorhin vor dem Fresko gestanden hast, da war so eine Energie zwischen dir und dem Bild. Als wäre da etwas, das nur zu dir spricht.«
    Iole pirschte zurück zum Sitzsack und dem hechelnden Sarcasmo. Mit Daumen und Zeigefinger gab sie Rosa ein Okay-Zeichen.
    »Ich könnte nachher wirklich ein kurzes Stück spielen.« Lorenzo öffnete die Augen wieder, aber Rosa stand schon nicht mehr vor ihm. Er kippte mit dem Stuhl nach vorn und hielt irritiert nach ihr Ausschau.
    Sie winkte ihm zu, auf halbem Weg zu Raffaela und Cristina. »Ich seh besser mal, ob ich helfen kann.«
    Lorenzo nickte verdattert.
    Als sie die Frauen erreichte, deutete die Lehrerin mit finsterem Blick auf Cristina. »Sie ist betrunken.«
    Rosa war bereit, es mit hundert betrunkenen Anwältinnen aufzunehmen, wenn sie dafür nie wieder über Gebete und Inspiration reden musste.
    »Nur ein bisschen«, trällerte Cristina und tastete nach der Kühlschranktür.

Die Versuchung
    S ie wartete bis nach dem Essen – Berge von Spaghetti mit Tomatensoße und Knoblauch –, ehe sie entschied, dass es an der Zeit war, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
    Während Lorenzo wieder einmal mit Raffaela stritt, zog sie eine dicke Windjacke aus einem Kleiderhaufen nahe dem Eingang und drückte sich durch einen Spalt ins Freie. Die Jacke war auf der rechten Seite schwerer als auf der linken. Iole hatte kurz zuvor unauffällig die Pistole in die Tasche geschoben.
    Die Sonne stand niedrig über dem Horizont, sie würde bald untergehen. Das Rauschen der Wogen am Fuß der Klippen und das Heulen des scharfen Windes übertönten alle anderen Laute. Nur wenige Kilometer südlich des Dorfes verlief die Autobahn, deren Bau dem Ort den Todesstoß versetzt hatte, aber der Verkehrslärm wurde in die entgegengesetzte Richtung davongeweht.
    Vor Rosa lag die verlassene Dorfstraße. Sie atmete tief ein, dann ging sie rasch an der Front der Kirche entlang. Steinchen knirschten unter ihren Sohlen. Beinahe erwartete sie, dass die Glocke auf dem Dach Alarm läuten und ihr einen Mordsschrecken einjagen würde. Sie musste von Hand bedient werden, im Inneren hatte Rosa das armdicke Seil aus einem Schacht in der Decke baumeln sehen.
    Sie bog um die Ecke und blieb stehen.
    Der VW-Bus war verschwunden.
    Seine Reifen hatten tiefe Furchen im Gras hinterlassen. Sie führten zur Sakristei, an die sich eine Garage mit altmodischem Flügeltor anschloss. Um die Griffe der beiden Türhälften lag eine Kette mit Vorhängeschloss. Lorenzo musste den Wagen dort hineingefahren haben, während sie sich im Bad umgezogen hatte.
    Frierend zog sie die Jacke enger um ihren Körper und näherte sich dem Tor. Die Kette war in mehreren Schlingen um die Griffe gelegt worden, das Schloss fest eingerastet. Von innen würde sie die morschen Flügel mit dem VW-Bus aufbrechen können, aber mit bloßen Händen war das unmöglich. Sie lief an der Seitenwand der Garage entlang zur Rückseite. Es gab kein Fenster und auch keine andere Öffnung, durch die sie als Schlange hätte hineingelangen können. Sicherlich existierte eine Verbindungstür zur Sakristei. Das bedeutete, dass sie zurück in die Kirche musste.
    Noch einmal ging sie zum Tor und rüttelte daran. Keine Chance. Die Ketten saßen viel zu fest.
    »Ich hab’s gewusst, als du aufgetaucht bist«, sagte Lorenzo in ihrem Rücken.
    Sie fuhr herum. Da stand er, ohne die anderen, beide Hände in den

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