Arkadien 03 - Arkadien fällt
wollte mein Auto klauen. Warum glaubt eigentlich jeder, das sei völlig in Ordnung?«
Rosa drehte den Schlüssel herum und warf ihn Cristina zu, die ihn erstaunlich sicher auffing. »Lass ihn«, sagte sie zu Iole. »Er hat Recht.«
»Er hat uns eingeschlossen!«
»Wir haben gerade andere Probleme.« Hastig berichtete sie ihnen von der Ankunft der Carnevares. Sie hatte den Satz kaum beendet, als draußen mehrere Autotüren schlugen.
Lorenzo stand auf, ohne Iole aus den Augen zu lassen. Die hielt die Gitarre noch immer erhoben, so als wartete sie nur auf einen Anlass, ihm erneut eins überzuziehen.
Er wandte sich an Raffaela und zeigte mit dem Finger auf Rosa. »Was ist sie für ein Ding? Was hast du mir da ins Haus geschleppt?«
Iole kam ihrer Lehrerin zuvor. »Rosa ist kein Ding!« Und erneut raste die Gitarre auf ihn zu, aber diesmal fing Rosa sie ab. Ziemlich schnell und geschickt. Schlangenreflexe.
»Ist gut jetzt«, sagte sie zu Iole. »Die Carnevares bringen uns alle um, wenn sie hier reinkommen.«
Am gelassensten blieb Cristina. »Wie viele Wege gibt es in die Kirche?«
»Die Fenster sind alle vergittert.« Lorenzos Stimme schwankte noch immer. Gerade eben erst war ihm der leibhaftige Teufel begegnet. »Dann sind da zwei Türen. Das Hauptportal und in der Sakristei eine Verbindungstür zur Garage, aber die ist mit einem Stahlriegel gesichert. Da kommt so schnell keiner rein.«
Rosa sah zu den schmalen Fenstern hinauf, jedes an die drei Meter über dem Boden. Sie hatten mehr Ähnlichkeit mit Schießscharten als mit Kirchenfenstern. Unmöglich, durch eines in den Innenraum zu gelangen.
Anders die Fenster der Sakristei. Ihre Gitter abzumontieren würde eine Weile dauern, aber sie lagen im Erdgeschoss und waren leichter zugänglich.
»Viel Zeit bleibt ihnen nicht.« Sie schob die anderen vom Portal fort. »Dass ich hier bin, können sie so schnell nur von der Polizei erfahren haben. Wahrscheinlich vom selben Spitzel bei der Anti-Mafia, der auch die Richterin auf dem Gewissen hat. Darum sind sie mit Sicherheit nicht die Einzigen, die auf dem Weg hierher sind. Die Polizei dürfte auch bald auftauchen.«
Raffaela funkelte Lorenzo wutentbrannt an. »Du bist so ein Vollidiot!«
Er wirkte noch immer unentschieden, ob er auf der richtigen Seite stand. Die schwarzen Wagen vor der Kirche hatten offenbar keinen vertrauenerweckenden Eindruck auf ihn gemacht.
Rosa zog erneut die Pistole aus der Jackentasche. »Hast du noch mehr davon?«
Er schüttelte den Kopf.
»Lorenzo«, sagte Raffaela eindringlich, »falls du –«
»Nein, verdammt!«, brüllte er. »Ich hab keine anderen Waffen.«
Iole hielt die Gitarre mit beiden Händen wie eine Streitaxt. Rosa zog sie näher heran. »Du bleibst bei mir. Egal, was passiert.«
Cristina runzelte die Stirn. »Wo stecken die? Sie müssten längst am Tor sein.«
Als hätte es nur dieses Stichworts bedurft, ertönte ein hartes Pochen am Portal. Jemand hämmerte mit einem Pistolengriff dagegen.
»Wir wollen Rosa Alcantara«, rief gedämpft eine Männerstimme durch das Holz. »Ihr anderen interessiert uns nicht. Wenn ihr sie ausliefert, krümmen wir keinem ein Haar.«
»Klingt okay«, sagte Lorenzo.
Raffaela scheuerte ihm eine. Allmählich verstand Rosa, was zwischen den beiden schiefgelaufen war.
Er fluchte, machte aber nur einen Schritt aus ihrer Reichweite und bewegte lautlos die Lippen.
»Verpisst euch!«, rief Iole zu den Carnevares hinaus.
»Lieb von dir«, sagte Rosa leise, »aber die Gitarre wird dir nicht viel nützen, wenn sie es hier rein schaffen.«
Cristina schaute nachdenklich vom Portal zu Rosa. »Und wenn es kein Spitzel war? Du hast gesagt, dieser Thanassis hat Zugriff auf Satellitenbilder. Könnte er nicht beobachtet haben, wo wir an Land gegangen sind? Für ihn wäre es einfacher, dir die Clans auf den Hals zu hetzen, als seine eigenen Leute hierherzuschicken.«
Das klang logisch – und bedeutete wahrscheinlich, dass die Hybriden Alessandro sehr wohl auch ohne sie an den Hungrigen Mann ausliefern würden, solange sie nur sicher waren, dass die Clans Rosa selbst erwischten. »Das heißt«, sprach sie ihren Gedanken laut aus, »die Typen da draußen haben keine Ahnung, dass auch die Polizei auf dem Weg hierher ist.«
Cristina nickte.
Rosa schaute sich auf der Suche nach einem Ausweg in der Kirche um. Die drei Wagen waren vermutlich mit zwölf Männern besetzt gewesen. Sicher streiften schon einige von ihnen als Raubkatzen um das
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