Arkadien 03 - Arkadien fällt
wenig.
»Viele sagen, du gehörst zur Mafia.«
»Schließ jetzt die Scheißgarage auf!«
»Jesus rettet auch dich.«
Das setzte dem Ganzen die Krone auf. Sie drückte ab. Der Schuss peitschte hallend über das Plateau.
Das Loch im Boden neben seinem Fuß war groß genug, um einen Fußball darin zu versenken.
Über Rosas Lippen kam ein gefährliches Zischen. »Es reicht.« Ihr Zorn überdeckte sogar die Erleichterung darüber, dass Iole sehr wohl an Munition gedacht hatte. So ein Schatz.
Lorenzo hatte sich nicht von der Stelle bewegt, aber selbst bei diesen Lichtverhältnissen sah sie, wie bleich er geworden war. Die Röte auf seinem Gesicht verdankte er nur der Abendsonne.
»Das ist doch Kacke«, sagte er leise.
Sie deutete auf das Schloss. »Mach schon.«
Seine Augen weiteten sich langsam.
»Der Schlüssel.«
Ein Spalt erschien zwischen seinen Lippen, so als wollte er sprechen, aber er brachte keinen Ton hervor.
Sie befeuchtete ihre Mundwinkel mit der Zunge und spürte, dass sie gespalten war. Ihre Kopfhaut juckte, ein Zeichen dafür, dass ihr Haar sich zurückbildete. Wahrscheinlich hatten sich ihre Pupillen bereits in Schlitze verwandelt.
Hätte er nicht einfach irgendein Gitarre spielender Kiffer sein können? Ohne diesen ganzen Satan-Jesus-Erlösungs-Mist?
»Was bist du?«, fragte er heiser.
»Der Grund dafür, dass du diese Kette abnimmst.«
Sein Mund formte zwei Silben. Doch wieder versagte ihm die Stimme.
Da setzte sie die Pistole auf das Vorhängeschloss und wandte das Gesicht zur Seite. In Filmen funktionierte das, aber ihr würde es wahrscheinlich den Arm abreißen. Nach der nächsten Verwandlung hatte sie hoffentlich einen neuen.
Sie feuerte.
Etwas traf sie. Im ersten Moment glaubte sie, es wäre der Querschläger. Dann dämmerte ihr, dass Lorenzo sie mit aller Kraft an der Schläfe getroffen hatte.
Sie brach in die Knie und erkannte noch, dass das Schloss in Stücke gesprungen war. Die Kette sah aus wie eine silberne Schlange.
Er schlug noch einmal zu.
Diesmal wich sie ihm aus, sank mit der Schulter gegen das Garagentor, drehte sich um und zielte.
»Versuch das noch mal«, forderte sie ihn mit brüchiger Stimme auf. Sie durfte sich nicht verwandeln, nicht jetzt. Das alles hier kostete sie schon viel zu viel Zeit.
Er starrte entgeistert in den Pistolenlauf. Seine Grimasse hatte nichts mit der Waffe zu tun. Nur mit den schuppigen Hautsträhnen, die statt Haar ihr Gesicht umrahmten. Mit der Doppelspitze ihrer Zunge. Ihren Schlangenaugen.
»Ich schwöre dir«, wisperte sie, »ich schieß dir die Fresse weg.« Angemessen satanisch, fand sie – und wirkungsvoll. Er machte einen Schritt nach hinten. Schien zu überlegen, ob er die Flucht ergreifen sollte. Aber wahrscheinlich traute er ihr sogar zu, dass sie ihm in den Rücken schoss.
Mühsam schob sie sich am Torflügel nach oben. Rund um ihre Ohren knisterte und raschelte es, als die Hautstreifen wieder zu blondem Haar wurden.
»Noch ein paar Schritte zurück«, sagte sie mit leichtem Lispeln, aber schon menschlicher. Ein Hunding hätte geknurrt, ein Panthera gefaucht. Sie lispelte. Typisch.
Mit der freien Hand zog sie die Kette aus den Griffen. Klirrend fiel sie zu Boden.
Lorenzo sprach kein Wort. Ihr Anblick hatte einem Rocksänger die Sprache verschlagen. Das hätte ihr jemand erzählen sollen, als sie vierzehn war.
Sie wollte gerade die eine Torhälfte nach außen ziehen, als sie die Scheinwerfer am Ende der Dorfstraße entdeckte. Zwei Wagen. Nein, drei. Sie hatten das Fernlicht eingeschaltet. Der Schein glitt über die verlassenen Hausruinen am Straßenrand.
Die Fahrzeuge jagten mit enormer Geschwindigkeit heran. Keines trug ein Blaulicht auf dem Dach. Drei schwarze Mercedes. Keine Streifenwagen.
Ihr blieb keine Zeit mehr, den VW-Bus zu starten, ob mit oder ohne Zündschlüssel.
»Ist das so was wie ein Spezialkommando?«, fragte Lorenzo.
Sie erkannte die Kennzeichen. Dreimal das gleiche Kürzel. »Nein.«
Er blickte von den näher kommenden Autos zurück zu ihr. Sie war jetzt wieder ganz und gar Mensch.
»Carnevares«, sagte sie.
Massaker
D röhnend fiel das Kirchenportal hinter ihnen zu.
Iole ging mit einer Gitarre auf Lorenzo los, noch bevor er abschließen konnte. Er versuchte, dem Schlag auszuweichen, aber sie traf ihn an der Schulter und stieß ihn zu Boden.
»Du Arschloch!«, beschimpfte sie ihn, während sie drohend mit dem Instrument über ihm stand.
Er streckte ihr abwehrend eine Hand entgegen. » Sie
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