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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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weiß. Ist das Buch wirklich so selten?«
    »Allerdings. Vor Jahren war einmal eine Neuausgabe in einem der größeren Verlage im Gespräch, aber dann ist es doch nie dazu gekommen, weil die Rechtelage bis heute ungeklärt ist.«
    »Weil der Autor ermordet wurde?«
    »Sie sind gut informiert.«
    »Darf ich es sehen?«
    Er legte die Liste wieder beiseite, dann nickte er langsam. »Das wird vermutlich keinen Schaden anrichten, nicht wahr? Kommen Sie mit.«
    Sie folgte ihm ins Hinterzimmer, das mit seiner Bücherfülle erdrückend wirkte. Der Geruch nach altem Papier und Druckerschwärze hatte etwas Betäubendes und löste eine ähnliche Reaktion bei ihr aus wie der intensive Duft von Blüten: Bis zu einem gewissen Punkt fand sie ihn betörend und sinnlich, danach schlug er ihr auf den Magen.
    Der Antiquar öffnete einen weiteren Durchgang. Am Ende eines Korridors, nur wenige Meter lang, befand sich eine Gittertür. Dahinter lag noch ein Zimmer, viel größer als die beiden vorherigen. Eine Klimaanlage brummte unter der Decke. Hier gab es keine Bücherregale, lediglich zahlreiche Stehpulte, die in einem Halbkreis um das Zentrum des Raumes angeordnet waren. Jedes verfügte über eine kleine Lampe, auf jedem lag ein einzelnes Buch.
    Der alte Mann drückte einen Knopf und alle Lampen gingen an. Ihr Licht war punktgenau auf den jeweiligen Band gerichtet, der gelbliche Schein gedimmt. Neben der Tür befand sich ein Tisch, auf dem eine Schachtel mit Einmalhandschuhen lag, dazu eine Lupe und eine weitere Box mit weißen Mundschutzmasken wie in einem Krankenhaus.
    »Zugegeben«, sagte sie, » so einen Raum gab es nicht in unserer Bibliothek.«
    »Gab?«
    Sie zögerte mit der Antwort, dachte aber dann, dass sie ihm genauso gut die Wahrheit sagen konnte. »Sie ist abgebrannt. Mitsamt dem Haus.«
    Er schob sich zwischen sie und die geschlossene Gittertür, als fürchtete er, allein ihre Anwesenheit könnte die kostbaren Bände in Flammen aufgehen lassen.
    »Ich hab sie nicht angezündet«, sagte sie.
    »Nein«, entgegnete er, »vermutlich nicht. Ich wüsste nur gern, ob Sie tatsächlich den Kaufpreis aufbringen können.«
    »Darf ich mir das Buch erst mal ansehen?«
    Langsam trat er beiseite und wies durch das Gitter auf eines der Pulte. »Da drüben, das ist es. Die Löcher in der Menge .«
    Ein unscheinbarer Band ohne Schutzumschlag. Ein brauner Buchdeckel, in dessen Oberfläche eine schlichte Typografie geprägt war.
    »Macht von hier aus nicht viel her«, sagte sie. »Kann ich einen Blick hineinwerfen?«
    »Ich muss Sie vorher noch einmal fragen: Können Sie sich dieses Buch leisten?«
    Noch vor zwei Tagen hätte sie mit dem Geld ihrer Familie den gesamten Straßenzug einschließlich aller Bücher und Katzen kaufen können. Jetzt hatte sie gerade einmal hundert Euro in der Tasche, und nicht einmal die gehörten ihr.
    »Ich fürchte, ich hab nicht genug Bargeld dabei«, sagte sie.
    »Natürlich nicht. Aber wenn Sie mir Ihre Kreditkarte geben, kann ich sie überprüfen. Vorn im Laden steht ein Lesegerät.«
    »Die hab ich auch nicht mit.«
    »Das ist allerdings ein Problem.«
    »Sie wollen mir das Buch nicht von nahem zeigen?«
    Er lächelte. »Ganz sicher nicht. Die Bücher in diesem Raum sind ein kleines Vermögen wert. Wenn jedermann darin herumblättern und die Bindung und das Papier abnutzen könnte, wäre das äußerst fahrlässig.«
    »Gut«, sagte sie mit gezwungenem Lächeln, »ich verrate Ihnen die Wahrheit. Ich bin Studentin und sitze an einer Arbeit über« – ein kurzes Zögern – »Katastrophenromane.«
    Er machte ein Gesicht, als verursachte der Klang des Wortes Schmerzen in seinen Ohren.
    »Und ihre Auswirkungen auf die Sensibilisierung der Menschen für den Klimawandel«, fügte sie hinzu.
    »Aha.«
    »Leonardo Moris Buch gilt als eine der besten Aufarbeitungen antiker Katastrophenberichte, jedenfalls sagt das mein Professor, und mich interessiert, ob Romanautoren es als Grundlage ihrer Bücher verwendet haben.« Sie hatte nie eine Universität von innen gesehen und gelesen hatte sie nur ihre abgewetzten Taschenbücher zu Hause in New York. Sie kam sich vor wie eine Einbeinige, die man hinaus auf einen Footballplatz schob.
    Der alte Mann mochte ein sturer Eigenbrötler sein, aber er war nicht weltfremd. »Sie haben mich also angelogen«, stellte er fest.
    »Tut mir leid.«
    »Sie hatten nie genug Geld, um das Buch wirklich zu kaufen.«
    »Nein. Entschuldigung. Ich meine, wirklich. Aber ich dachte, wenn ich

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