Arkadien 03 - Arkadien fällt
Hände des Hungrigen Mannes, der beschließt, Mori müsse der Richtige sein, um für ihn mehr über die Geschichte der Arkadischen Dynastien herauszufinden. Der Hungrige Mann behauptet, er sei die Wiedergeburt des arkadischen Königs Lykaon, aber wir wissen beide, dass das Unfug ist. Er ist nichts als ein größenwahnsinniger capo , der die Mythen der Arkadier ausnutzt, um wieder an die Macht zu kommen. Richtig?«
»Dass Mori für ihn gearbeitet hat, ist aber nur eine Vermutung.«
»Ganz sicher hat Mori seine Nase zu tief in Dinge gesteckt, die ihn nichts angingen. Er war kein Politik- oder Wirtschaftsjournalist, darum kann ich mir nicht vorstellen, dass er über irgendwelche Geschäfte der Cosa Nostra gestolpert ist. Es muss mehr dahinterstecken, sonst hätte mein Vater ihm ein paar menschliche Killer auf den Hals gehetzt und nicht die Malandras. Dass Mori von Harpyien umgebracht worden ist, kann eigentlich nur eine Warnung gewesen sein – eine Warnung meines Vaters an die anderen Arkadier, an den Hungrigen Mann oder sonst wen. Jemand muss mit Mori über die Dynastien geredet haben. Was er in irgendwelchen alten Büchern gefunden hat, kann nicht genug gewesen sein, um ihn gleich ermorden zu lassen.«
»Noch mehr Spekulationen«, wandte Rosa ein.
»Mein Vater bekommt Wind von Moris Nachforschungen und beschließt, seinem Treiben ein Ende zu machen. Vielleicht um dem Hungrigen Mann zu schaden, falls Mori für ihn gearbeitet hat, vielleicht auch nur, um das Geheimnis der Dynastien zu wahren. Die Harpyien töten Mori und seine Frau und schaffen Fundling zu meinen Eltern. Später beginnt Fundling, sich für seine Herkunft zu interessieren, erfährt, dass das Hotel in Agrigent nie abgebrannt ist, und stößt dabei auf die Geschichte vom verschollenen Kind der Moris. Heimlich sammelt er immer mehr Informationen, erst nur über die beiden, danach auch über die Themen, die Mori beschäftigt haben. Nachdem Fundling aus dem Koma erwacht und die Richterin ihn in Sicherheit gebracht hat, bittet er darum, dass sie ihn in genau diesem Hotel einquartiert, wo er« – Alessandro stockte –, »na ja, was auch immer macht.«
»Was auch immer.« Rosa stöhnte und ließ sich mit dem Rücken gegen die Einfassung des Brunnens sinken. »Wenn wir genauer wissen wollen, was passiert ist, müssen wir einen Blick in Moris Buch werfen. Vielleicht bringt uns das weiter.«
»Oder aber Mori hat sich die wirklich interessanten Dinge für das zweite Buch aufgehoben, das, an dem er gearbeitet hat, als er umgebracht wurde.«
»Wir werden ja sehen.«
Alessandro schwieg einen Moment. »Du willst noch mal in den Laden und das Buch stehlen?«
»Fällt dir was Besseres ein?«
Seine Antwort ging in verrauschtem Getöse unter.
»Was ist da los bei dir?«, fragte sie alarmiert.
»Aliza. Sie randaliert hinten im Transporter. Das macht sie schon, seit du weg bist.«
»Kann jemand sie hören?«
»Hier ist weit und breit keiner. Sie wechselt laufend die Gestalt – gesund kann das nicht sein. Aber sie hat Ausdauer, das muss man ihr lassen. Wenn du zurück bist, müssen wir sie loswerden, ob dir das gefällt oder nicht. Sie macht uns nichts als Ärger.«
Diese Diskussion wollte sie nicht schon wieder mit ihm führen, schon gar nicht am Telefon, darum wechselte sie das Thema und sagte, dass sie bis zum Abend in Ibla bleiben würde. Sobald der alte Mann seinen Laden verließ, wollte sie versuchen, das Buch herauszuholen. Der Weg zurück zum Transporter würde fast eine Stunde dauern, und es lohne nicht, erst dorthin und später wieder in die Stadt zu laufen. Insgeheim aber fürchtete sie vor allem, dass Alessandro sie umstimmen könnte.
»Mir gefällt das nicht«, sagte er. »Ich wäre lieber bei dir.«
»Einer von uns muss bei Aliza bleiben. Und die Chancen, in den Laden reinzukommen, sind als Schlange viel besser als für einen Panther.«
»Versprich mir, dass du gut auf dich aufpasst.«
»Und du auf dich. Aliza ist immer noch gefährlich.«
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, wog Rosa das Telefon unschlüssig in der Hand, dann schob sie es in ihre Hosentasche. Noch ein paar Stunden, bis es dunkel wurde. Sie musste sich irgendwohin zurückziehen, wo niemand sie erkennen konnte.
Sie wandte den Blick zum Himmel über der Altstadt. Nirgends Vögel, keine Eulen. Falls Aliza die Wahrheit gesagt hatte und die anderen Malandras nach ihnen suchten, waren sie ihnen zumindest noch nicht nach Ragusa gefolgt.
Mit gesenktem Blick streifte sie
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