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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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er das behauptet, und offenbar haben einige seiner Kollegen seine Darstellung bestätigt. Vor allem aber hat er mit der Kreuzung verschiedener Arten experimentiert – du weißt schon, Ratte mit Meerschwein, Hund mit Katze, Affe mit –«
    »Mensch?«
    »Das war es, was ihm das Genick gebrochen hat. Die meisten seiner Versuche hat er erst mal im Geheimen gemacht und dabei ganz erstaunliche Resultate erzielt, erste Genspaltungen, all so was. Durch sie wurde er zur Nobelpreishoffnung. Erst als Lücken in seiner Dokumentation aufgetaucht sind und Gerüchte die Runde machten, dass er allerlei wissenschaftliche und ethische Tabus gebrochen habe, ließ man ihn fallen. Sigismondis war außer sich. Er berief sich auf die Freiheit der Forschung, sogar auf antike Grundsätze der Alchimie, darauf, dass der Weg immer dem Ergebnis unterzuordnen sei. Er hat sich wohl bei diversen Auftritten ziemlich danebenbenommen. Ein echter Aufrührer und kein besonders sympathischer. Irgendwann verschwand er einfach, und kurz danach machten Bilder die Runde, die seine ehemaligen Assistenten aufbewahrt hatten. Fotos von gekreuzten Spezies, die er im Labor erschaffen hatte, wirklich widerliche Sachen. Ich kann dir ein paar Adressen im Netz geben, unter denen du dir das Zeug anschauen kannst. Jedenfalls einen Teil davon.«
    »Schönen Dank, nicht nötig.«
    »Ich stelle dir zum Abschluss eine Mappe zusammen, da kannst du dann selbst entscheiden, ob du weiterblättern willst oder nicht.« Die Studentin klang amüsiert darüber, dass jemand, der landesweit wegen Mordverdacht gesucht wurde, vor einigen Fotos von Tierversuchen zurückschreckte. »So oder so, Sigismondis ist ein Treffer ins Schwarze. Erst verschwand sein Name von allen Nominierungslisten, aus Förderanträgen und internationalen Projektexposés, dann hat er sich höchstpersönlich in Luft aufgelöst. Falls er damals nicht in irgendein Loch gefallen ist, in dem ihn keiner gefunden hat, würde ich mal annehmen, dass er seine Forschungen nicht aufgegeben hat. Irgendwo hat er weitergearbeitet, unter falschem Namen, vielleicht in einem Land, das es mit der Ethikkontrolle nicht allzu genau nimmt. Die Sowjetunion, Nordkorea, Kuba, die DDR – die Auswahl war ja zu jener Zeit nicht gerade klein. Oder er hatte einfach eine verdammt große Garage. Ganz sicher aber muss er für seine Arbeit Geldgeber gehabt haben, und zwar mit sehr tiefen Taschen und einem ziemlich großen Interesse an seinen Experimenten.« Ewa hielt kurz in ihrem Redefluss inne, schnappte nach Luft und setzte hinzu: »Nur frag mich bitte nicht, wer eine Vorliebe für Menschen mit Hundeköpfen haben könnte. Oder für Kühe, die menschliche Babys zur Welt bringen. Das müssen ziemlich kranke Typen gewesen sein, so viel steht mal fest.«
    »Du bist ganz sicher, oder?«, fragte Rosa. »Dass nur er in Frage kommt.«
    »Natürlich gibt es eine Menge verrückte Wissenschaftler. Aber unter denen, die es fast bis ganz nach oben geschafft haben und dann auf der Zielgeraden über ihre Skrupellosigkeit gestolpert sind, nimmt Eduard Sigismondis eine absolute Sonderstellung ein. Wenn du mich also direkt fragst: Ja, ich glaube, dass er der Mann ist, auf den all die Kriterien zutreffen, die du mir genannt hast.«
    »Falls er noch lebt.«
    »Eigentlich spielt das gar keine Rolle. Mag sein, dass er mittlerweile tot ist – trotzdem hatte er nach den Vorfällen vielleicht noch zwei, drei Jahrzehnte Zeit, diesen ganzen Schweinkram irgendwo durchzuziehen, bevor es ihn schließlich erwischt hat.«

Der Antiquar
    R osa folgte einer gewundenen Gasse bergauf. Gelegentlich tauchte hinter Iblas Dächern die Kuppel des San-Giorgio-Doms auf und versank wieder. Eine hellbraune Katze schaute schläfrig zwischen Terrakottakübeln von einem schmiedeeisernen Balkon. Die Pflastersteine waren wie poliert. Als ein Junge auf einer Vespa an Rosa vorüberknatterte, wirkte das in dieser reinlichen Umgebung so unpassend, als rase er durch ein Wohnzimmer.
    Sie trug nach wie vor Jeans und Bluse einer der Malandra-Schwestern, und obgleich beides leidlich passte, fühlte sie sich unwohl darin. Außerdem hatte sie eine große Sonnenbrille aus dem Handschuhfach aufgesetzt. Die Gummisohlen der Schuhe quietschten bei jedem Schritt leise auf dem Pflaster wie in einer Turnhalle. Es kam ihr vor, als würde sie durch halb geschlossene Fensterläden beobachtet. Auf dem letzten Stück war sie keinem Menschen mehr begegnet, entdeckte auch niemanden hinter den Scheiben oder den

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