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Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Titel: Armageddon 01 - Die unbekannte Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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seiner Umarmung verbringen.
    Marie streifte die farblose Latzhose ab, die sie an Deck getragen hatte, und zog einen sauberen Büstenhalter und ein frisches T-Shirt über. Die Kleidungsstücke hatten während der gesamten Reise in ihrer Tasche gelegen. Das Gefühl von glattem Synthetikgewebe auf der Haut brachte Erinnerungen an die Erde und die Arkologie zurück. Ihre Welt, wo es Leben gab und eine Zukunft, wo GovCentral didaktische Kurse veranstaltete und die Menschen vernünftige Jobs hatten, wo man in Clubs ging und die freie Auswahl unter tausend Sens-O-Vis-Kanäle hatte, und wo einen die Vakzüge innerhalb von weniger als sechs Stunden auf die andere Seite des Planeten brachten.
    Schwarze Tropenjeans im Lederlook beendeten die Verwandlung. Es war, als hätte Marie die Zivilisation übergestreift. Sie nahm ihre Umhängetasche auf und ging nach vorn.
    Gail Buchannan brüllte schon wieder nach ihr, als Marie den Riegel der Toilettentür zur Seite schob. Die Toilette selbst war nicht mehr als ein Holzkasten (selbstverständlich aus Mayope, um Gails Gewicht zu tragen) mit einem Loch im Deckel und einem großen Stapel Weinblätter, um sich hinterher abzuwischen. Marie kniete nieder und bog die unterste Planke der Kiste beiseite. Der Fluß gurgelt kaum einen Meter unter ihr vorbei. Ihre beiden Päckchen hingen gesichert mit einer Angelschnur aus Silikon unter den Decksplanken. Sie schnitt die Bündel mit der Fissionsklinge eines Taschenmessers los und stopfte die zum Schutz vor Feuchtigkeit in Polyethylen eingeschlagenen Päckchen in ihre Umhängetasche. Es waren nanonische Medipacks, das Wertvollste im Verhältnis zum Gewicht, das es an Bord der Coogan gab, dazu ein paar tragbare Mood-Phantasy-Player, ein paar Prozessorblocks und ein paar kleine batteriebetriebene Werkzeuge. Es war ein Hort, den sie im Verlauf der Reise ständig aufgestockt hatte. Die Umhängetasche war kaum groß genug, um alles zu fassen.
    Gails Stimme näherte sich der Hysterie, als Marie schließlich zurück in die Kombüse trat und einen letzten Blick in ihr hölzernes Gefängnis warf, wo sie eine Ewigkeit mit Kochen und Putzen zugebracht hatte. Sie nahm den großen braunen Tontopf mit gemischten Kräutern vom Regal und zog eine dickes Bündel mit Lalonde-Francs hervor. Es war nur eins der zahlreichen Verstecke, die Gail überall an Bord der Coogan angelegt hatte. Marie stopfte die harten Plastikchips in eine Gesäßtasche, dann nahm sie, einem Impuls folgend, ein Streichholz in die Hand, bevor sie auf das Deck hinaustrat.
    Die Coogan war bereits längsseits dem Landesteg, und Len Buchannan warf gerade eins dickes Tau um einen der Poller, um das Schiff festzumachen. Gails Gesicht unter dem Chinesenhut hatte eine ungesunde purpurne Färbung angenommen.
    Sie erblickte Marie, und ihre Beschimpfungen blieben ihr für eine Sekunde im Hals stecken. »Was glaubs’ du eigentlich, was du da machst mit deinen Klamotten, du kleine Dirne? Du wirs’ Lennie gefälligst bei dem Fleisch helfen! Mein armer Lennie kann die getrockneten Schweinehälften unmöglich alle allein an Bord schaffen. Und was in drei Teufels Namen hast du mit dieser Tasche vor? Was hast du da drin?«
    Marie grinste sie auf die Weise an, von der ihr Vater immer gemeint hatte, es wäre unerträglich gleichgültig. Sie strich das Zündholz an der Kabinenwand an.
    Beide Frauen beobachteten fasziniert, wie die gelbe Flamme spuckend zum Leben erwachte und sich am Holz entlang in Richtung von Maries Fingern fraß. Gail riß entsetzt den Mund auf, als ihr dämmerte, was als nächstes geschehen würde.
    »Macht’s gut«, sagte Marie lächelnd. »Es war wirklich nett, euch kennenzulernen.« Sie ließ das Streichholz in die Nähkiste vor Gails Füßen fallen.
    Gail kreischte voller Panik auf, als die Flamme zwischen ihren Knäueln aus Baumwollgarn und den Spitzen verschwand. Hellrote Flammen züngelten auf.
    Marie kletterte über Bord und marschierte über den Landesteg davon. Len stand am Poller vor ihr. Er hielt ein Stück Silikontau in der Hand.
    »Du willst gehen«, sagte er.
    Gail brüllte eine Tirade von Obszönitäten und Drohungen hinter ihr her. Ein lautes Platschen, als die kostbare Nähschatulle ins Wasser segelte.
    Marie schaffte es einfach nicht, so blasiert dreinzublicken, wie sie es sich wünschte. Auf dem faltigen Gesicht des alten Mannes erschien ein merkwürdiger Ausdruck von Bestürzung.
    »Geh nicht«, sagte er. Es war fast ein Flehen; Marie hatte seine Stimme noch nie so

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