Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
auf.
»Holz?« fragte Kenneth Kavanagh ungläubig. »Sie haben Ihr ganzes Schiff voller Holz?«
»Eintausend Tonnen.« Joshua öffnete den Verschluß seiner Umhängetasche und zog das schwarze Mayope-Scheit hervor, das er eigens zu diesem Zweck auf dem Holzhof in Durringham ausgesucht hatte. Es war ein ganz normales Stück Holz, fünfundzwanzig Zentimeter lang, doch die Rinde war noch nicht entfernt und wichtiger noch: Es besaß einen kleinen Ast mit mehreren vertrockneten Blättern daran. Joshua warf das Holz mitten auf den Schreibtisch. Es gab ein massives Geräusch.
Kenneth hörte auf zu lachen und beugte sich vor. »Heiliger Herr im Himmel!« Er fuhr mit dem Fingernagel über das Holz, dann klopfte er es etwas härter mit den Knöcheln ab.
Ohne ein Wort reichte Joshua ihm ein Stemmeisen aus rostfreiem Edelstahl.
Kenneth setzte die scharfe Spitze an das Holz. »Ich kann es nicht einmal zerkratzen!«
»Normalerweise benötigt man eine Fissionsklinge, um Mayope zu bearbeiten. Aber man kann es auch mit den mechanischen Motorsägen schneiden, die hier auf Norfolk zum Einsatz kommen«, sagte Joshua. »Obwohl es nicht ganz einfach sein dürfte. Sicher können Sie sich vorstellen, daß dieses Holz sich so gut wie niemals abnutzt, wenn es erst einmal in Form geschnitten ist. Ich denke, Ihre Handwerker werden recht schnell einige sehr interessante Verwendungsmöglichkeiten dafür finden, wenn sie einen Augenblick nachdenken.«
Kenneth hob das Stück auf und prüfte sein Gewicht. Mit der anderen Hand zupfte er nachdenklich an seiner Unterlippe. »Mayope, habe ich das richtig verstanden?«
»Vollkommen. Es stammt von einer Welt namens Lalonde. Einer tropischen Welt. Mit anderen Worten: Mayope wächst nicht hier auf Norfolk, jedenfalls nicht ohne ausgiebige gentechnische Veränderung.« Er sah Gideon an, der hinter Kenneth Kavanaghs Stuhl stand. Der Mann zeigte zwar ein gewisses Interesse für das Holz, aber er wirkte nicht besonders fasziniert, ganz und gar nicht wie sein älterer Cousin. Wieso stellte er keine Frage? Andererseits hatte er seit der Vorstellung kein einziges Wort gesagt. Warum war er dann überhaupt anwesend? Joshua wußte instinktiv, daß es einen wichtigen Grund dafür geben mußte. Wenn die Kavanaghs wirklich so bedeutend waren, wie es den Anschein hatte, dann würde selbst ein Invalide nicht seine Zeit damit verschwenden, in einem Büro herumzustehen und gar nichts zu tun.
Iones Worte kamen ihm in den Sinn. Vertrau deinen Instinkten, nicht nur was Dinge angeht, auch Menschen. Sei vorsichtig mit Menschen!
»Waren Sie damit bereits bei einem anderen Importeur?« erkundigte sich Kenneth Kavanagh vorsichtig.
»Ich bin heute erst auf Norfolk eingetroffen. Selbstverständlich bin ich zuerst zu den Kavanaghs gegangen.«
»Es ist äußerst liebenswürdig von Ihnen, meiner Familie auf diese Weise Ihren Respekt zu erweisen, Mister Calvert. Und ich möchte Ihre Geste erwidern. Ich bin sicher, daß wir zu einer Vereinbarung gelangen. Wie Sie wissen, ist es den Rosengärten untersagt, ihre Produkte zu verkaufen, bevor die neue Ernte eingebracht ist. Glücklicherweise besitzt meine Familie ein inoffizielles Verteilungssystem. Warten Sie, ich sehe nach, was wir Ihnen anbieten können.« Er legte das Mayope zur Seite und fing an zu tippen.
Joshua bemerkte Gideons Blick und sah ihm offen in die Augen. »Haben Sie vor Ihrem Unfall ein sehr aktives Leben geführt?«
»Ja. Wir Adligen sind sehr sportbegeistert. Während der Wintermonate gibt es auf Kesteveen nicht viel zu tun, deswegen gibt es ein ausgedehntes Programm, mit dem wir uns die Zeit vertreiben. Mein Sturz war ein schwerer Schlag für mich.«
»Dann gefällt Ihnen der Büroalltag nicht so sehr?« hakte Joshua nach.
»Die beste Arbeit, wenn man meine Umstände in Betracht zieht, Mister Calvert.«
Kenneth hatte aufgehört zu tippen.
»Wissen Sie, in der Schwerelosigkeit wären Sie nicht halb so eingeschränkt«, sagte Joshua. »Es gibt viele Menschen mit medizinischen Problemen, die ihr gesamtes Leben an Bord von Raumschiffen oder auf Industriestationen verbringen.«
»Ach, tatsächlich?« fragte Gideon tonlos.
»Ja, tatsächlich. Vielleicht möchten Sie darüber nachdenken? Ich habe an Bord meiner Lady Macbeth im Augenblick eine freie Stelle. Nichts Technisches, aber gute, ehrliche Arbeit. Sie könnten es ausprobieren, vielleicht gefällt es Ihnen besser als die Arbeit im Büro. Wenn nicht, bringe ich Sie nächstes Jahr im Sommer hierher
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