Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
gehalten. Die öffentlichen Bauwerke wie die Gemeindehalle oder die Kirche wurden gut in Schuß gehalten, und die Bürgerversammlung hatte die Konstruktion eines flachen, mit Erde bedeckten Räucherkamins organisiert, um darin Fisch zu konservieren. Die breiteren Wege waren mit Holzhäckseln bestreut, um den Schlamm einzudämmen. Es gab sogar ein Fußballfeld. Drei Landestege ragten in das schale Wasser des Zamjan hinaus; zwei davon dienten allein der kleinen Zahl von Fischerbooten, die das Dorf gebaut hatte.
Als die Coogan den Bug auf den größten Landesteg richtete, bemerkten Lori und Darcy zu ihrer nicht geringen Erleichterung eine ganze Reihe von Leuten, die auf ihren Feldern arbeiteten. Oconto war bisher also nicht überrannt worden. Rufe wurden laut, als die Siedler das Händlerboot entdeckten. Männer rannten herbei, doch sie trugen ausnahmslos Waffen. Es dauerte eine geschlagene Viertelstunde, um das nervöse Empfangskomitee davon zu überzeugen, daß die Besucher keine Gefahr darstellten. In den ersten Minuten fürchtete Darcy, man würde sie einfach über den Haufen schießen. Len und Gail Buchannan waren wohlbekannt (wenngleich nicht sonderlich beliebt), und das kam ihnen letztendlich zu Hilfe. Die Coogan fuhr flußaufwärts, in Richtung der abtrünnigen Counties, und brachte keine Aufständischen von dort den Fluß hinab. Und zu guter Letzt wurden Lori und Darcy mit ihrer Kleidung aus synthetischem Gewebe und der kostspieligen Ausrüstung als eine Art Regierungsvertreter betrachtet. Mit welchem Auftrag, danach fragte niemand.
»Sie müssen das verstehen«, sagte Geoffrey Tunnard. »Seit letztem Dienstag haben die Leute hier einen mächtig nervösen Zeigefinger.« Er war der Anführer der Siedlung, ein schlanker fünfzigjähriger Bursche mit einem weißhaarigen Lockenkopf und einer unzählige Male geflickten farblosen Arbeitshose. Nachdem er endlich überzeugt war, daß die Coogan weder Revolution noch Zerstörung brachte, hatte er sein Lasergewehr wieder über die kräftige Schulter geschlungen und schien froh, reden zu können.
»Was ist denn letzten Dienstag passiert?« erkundigte sich Darcy.
»Die Zettdees.« Geoffrey Tunnard spuckte über den Rand des Landestegs. »Wir haben gehört, daß es oben in Willow West Schwierigkeiten gegeben hat, also sperrten wir unsere in einen Pferch. Sie waren gute Arbeiter, seit wir hier angekommen sind, aber warum hätten wir ein unnötiges Risiko eingehen sollen?«
»Ja, warum«, antwortete Darcy diplomatisch.
»Aber am Montag hatten wir Besuch von Fremden. Sie behaupteten, aus Waldersy Village zu kommen, oben im Kristo County. Sie berichteten, daß die Zettdees am gesamten Quallheim River und in Willow West rebellierten, und daß sie die Männer töteten und die Frauen vergewaltigten. Viele der jüngeren Kolonisten sollen sich der Revolte angeschlossen haben. Die Burschen waren Vigilanten, das hat man auf den ersten Blick gesehen, ein wilder, schießwütiger Mob. Ich schätze, sie haben Canus geraucht, das Zeug macht einen high, wenn man die Blätter richtig trocknet. Sie haben Scherereien gemacht und wollten unsere Zettdees töten. Wir konnten das nicht zulassen. Kein Mensch darf einen anderen kaltblütig umbringen, ganz bestimmt nicht, wenn jemand anders es verlangt. Wir schickten die Burschen weiter, den Fluß hinunter. Und ich will verdammt sein, wenn sie in der Nacht nicht zurückgeschlichen sind. Und wissen Sie, was dann kam?«
»Sie haben die Zettdees befreit?« vermutete Lori.
Geoffrey Tunnard sah sie mit Respekt in den Augen an. »Vollkommen richtig. Sie haben sich an uns vorbeigeschlichen. Nicht einmal die Hunde haben angeschlagen! Sie haben dem alten Jamie Austin die Kehle durchgeschnitten, der am Pferch Wache gestanden hat. Am nächsten Morgen ist unser Aufseher Neil Barlow hinter ihnen her. Er hat fünfzig Männer mitgenommen, allesamt bewaffnet, und seitdem haben wir kein verdammtes Wort mehr von ihm gehört. Das sieht Neil überhaupt nicht ähnlich. Die Sache liegt jetzt sechs Tage zurück. Er hätte sich längst melden müssen. Die Männer besitzen Familien. Im Dorf warten Frauen und Kinder, und sie sind ganz krank vor Sorge.« Er blickte von Darcy zu Lori und wieder zurück. »Können Sie uns vielleicht mehr sagen?« Sein Tonfall war müde, erschöpft; Geoffrey Tunnard war ein Mann, der unter großer Anspannung stand.
»Tut mir leid, ich weiß nichts darüber«, sagte Darcy. »Noch nicht. Aber genau aus diesem Grund sind wir hier. Wir
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