Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
erst zwanzig geworden, der Zweitälteste von drei Brüdern. Wie die meisten interorbitalen Schiffe war auch die Jamrana ein Familienunternehmen; alle sieben Besatzungsmitglieder waren Bushays. Die Fremdheit der großen Familie, die Lockerheit ihrer internen Bindungen, das waren Dinge, mit denen Louise Schwierigkeiten hatte. Für sie als Außenstehende sah es mehr nach einer Firma aus als nach einer Familie, wie Louise sie kannte. Pieris älterer Bruder war weg; er leistete eine Dienstzeit in der Navy von GovCentral. Somit befanden sich nur Pieris Vater, seine beiden Mütter, ein Bruder und zwei Cousins an Bord, um das Schiff zu betreiben.
Kein Wunder, daß ein junger weiblicher Passagier eine solche Anziehungskraft auf ihn ausübte. Er war scheu und unsicher, was ihn anziehend machte; ganz anders als die unangebrachte Dreistigkeit von William Elphinstone.
»Wie geht es Ihnen?«
Das war seine Standardfloskel.
»Prima«, antwortete Louise. Sie tippte auf das kleine nanonische Medipack hinter dem Ohr. »Die Wunder der konföderierten Technologie.«
»In zwanzig Stunden wendet das Schiff; dann sind wir halbwegs dort. Von da an fliegen wir mit dem Arsch … äh, ich wollte sagen mit dem Hintern nach vorn weiter Richtung Erde.«
Sie war ungeduldig wegen der Tatsache, daß es länger dauerte, siebzig Millionen Kilometer zwischen den Planeten zurückzulegen, als die Reise zwischen den Sternen. Aber wenigstens lief der Fusionsantrieb während eines Drittels der Zeit. Die Medipacks hatten nicht soviel Mühe, ihre Raumkrankheit zu bekämpfen. »Das ist gut.«
»Sind Sie sicher, daß ich nicht zum O’Neill-Halo funken soll und fragen, ob es ein Schiff gibt, das nach Tranquility fliegt?«
»Nein.« Mist, ihre Antwort war zu scharf gewesen. »Danke, Pieri, aber wenn ein Schiff geht, dann geht es, und wenn nicht, dann kann ich auch nichts tun. Schicksal, verstehen Sie?«
»Oh, sicher, ich verstehe.« Er lächelte angespannt. »Louise, falls Sie im O’Neill-Halo warten müssen, bis Sie ein Raumschiff gefunden haben, dann würde ich Ihnen die Asteroiden gerne zeigen. Ich habe Hunderte von diesen Felsen besucht. Ich weiß, wo etwas los ist, was Sie unbedingt sehen müssen, was Sie auslassen können. Ich würde mich wirklich freuen.«
»Hunderte?«
»Na ja, fünfzig ganz bestimmt. Und alle größeren, einschließlich dem Nova Kong.«
»Es tut mir leid, Pieri, der Name sagt mir nichts. Ich habe noch nie vom Nova Kong gehört.«
»Wirklich nicht? Auf Norfolk auch nicht?«
»Nein. Der einzige Name, den ich kenne, ist High York, und das auch nur, weil es unser Reiseziel ist.«
»Aber der Nova Kong ist berühmt! Es war der erste Asteroid, der in einen irdischen Orbit gebracht und bewohnbar gemacht wurde. Die Physiker vom Nova Kong waren es, die den Überlichtantrieb entwickelt haben. Und Richard Saldana war der Präsident des Asteroiden. Der Nova Kong war sein Hauptquartier. Von dort aus hat er die Kolonisation von Kulu geplant.«
»Wie phantastisch! Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß es eine Zeit gegeben haben soll, wo das Königreich nicht existiert hat. Es ist so … substantiell. Ehrlich gesagt, die gesamte vorraumfahrtliche Geschichte der Erde liest sich für mich wie ein Märchen. Waren Sie jemals vorher auf dem High York?«
»Ja. Das ist der Asteroid, auf dem die Jamrana registriert ist.«
»Also sind Sie dort zu Hause?«
»Wir docken meistens dort, aber mein wirkliches Zuhause ist das Schiff. Ich würde es gegen nichts in der Welt tauschen.«
»Genau wie Joshua. Ihr Raumfahrertypen seid alle gleich. Ihr habt wildes Blut in den Adern.«
»Vermutlich haben Sie recht, Louise.« Sein Lächeln verkrampfte sich, als sie den Namen nannte; der Schutzengel und Verlobte, dessen Namen Louise bei jedem Treffen ins Spiel brachte.
»Ist der High York straff organisiert?«
Die Frage schien ihn zu verwirren. »Ja, natürlich. Es muß so sein. Asteroiden sind nicht wie Planeten, wissen Sie? Wenn die Umweltsysteme nicht vernünftig gewartet und überwacht werden, kommt es ganz schnell zu einer Katastrophe. Asteroiden müssen straff organisiert sein, wenn sie überleben wollen.«
»Das weiß ich. Ich wollte wissen, wie die Regierung so ist. Nimmt sie die Einhaltung der Gesetze genau? Gibt es hohe Strafen? Auf dem Phobos schien es niemand allzu genau zu nehmen.«
»So sind die frommen Kommunisten eben. Sie sind vertrauensselig. Dad hat immer gesagt, sie entscheiden im Zweifelsfall für den Menschen.«
Es
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