Armageddon 05 - Die Besessenen
verwesende, rutschige Schicht auf dem Weg bildeten. Die Senatoren stützten und stutzten, wo es ging, doch die kleineren Pflanzen wurden einfach ersetzt. Vandalismus in einem solchen Ausmaß war ein für Tranquility beispielloses Ereignis. Joshua sah den gewaltigen Berg von Kleidung, den die Schimps angesammelt hatten, und mußte unwillkürlich grinsen. Hauptsächlich handelte es sich um Unterwäsche.
Zwei Serjeants wachten draußen vor dem Gewölbegang, der ins Innere des Regierungspalastes führte. »Die Lady Ruin erwartet Sie«, sagte einer und führte sie durch das Mittelschiff zum Audienzsaal.
Ione saß auf ihrem gewohnten Platz hinter dem halbrunden Schreibtisch in der Mitte des Raums. Ringsum stachen schräge Lichtstrahlen durch die hohen Fenster und verliehen ihr eine fast spirituelle Aura. Joshua biß sich auf die Zunge, um keinen Kommentar über die Theatralik von sich zu geben, als sie ihn mit einem freundlichen Lächeln begrüßte. Er spielte das Spiel mit und verneigte sich feierlich. Mzu wurde mit einem etwas förmlicheren Nicken begrüßt.
Sechs hochlehnige Sessel standen vor dem gewaltigen Schreibtisch, und vier davon waren bereits besetzt. Joshua erkannte Parker Higgens, und Samuel war ebenfalls da, doch für den Namen des dritten mußte Joshua ein Suchprogramm in seiner neuralen Nanonik aktivieren. Es war Kempster Getchell, der Chefastronom des Laymil-Projekts. Die vierte Person drehte sich zu Joshua um …
»Sie!«
»Hallo, Joshua«, sagte Syrinx, und um ihre Lippen spielte ein kaum merkliches Lächeln.
»Oh«, murmelte Ione in einem verdächtig zuckersüßen Tonfall. »Sie beide kennen sich?«
Joshua warf ihr einen strafenden Blick zu, dann ging er zu Syrinx und gab ihr einen flüchtigen Kuß auf die Wange.
»Ich habe gehört, was auf Pernik geschehen ist. Ich bin froh zu sehen, daß Sie die Geschichte unbeschadet überstanden haben.«
Syrinx berührte das nanonische Medipack auf Joshuas Hand. »Ich bin offensichtlich nicht die einzige, die ein paar Narben davongetragen hat.«
Joshua erwiderte Syrinx’ Lächeln und nahm neben ihr Platz.
»Bevor wir anfangen, möchte ich Ihnen und Dr. Mzu eine Datei vorspielen«, begann Ione förmlich.
Die trostlose Umgebung von Coastuc-RT überflutete Joshuas Bewußtsein. Er sah Waboto-YAU mit Hilfe des Translators disputieren, und die beiden gefährlich aussehenden Angehörigen der Soldatenkaste standen dicht bei Reza Malin. Joshua hatte es bisher sorgsam vermieden, Kelly Tirrels Aufzeichnungen von Lalonde anzusehen, insbesondere die von Collins zusammengeschnittene Fassung. Lalonde war eine Welt, an die er lieber nicht erinnert werden wollte. Die Nähe des Söldnerführers erweckte Emotionen, die Joshua gerne hätte schlafen lassen.
Als die Aufzeichnung endete, blickte er auf und sah, daß eine der hohen Glasscheiben hinter Ione dunkel geworden war. Statt helles goldenes Licht in den Raum zu werfen, enthielt sie jetzt das Abbild eines uralten orientalischen Mannes in einem antiken Rollstuhl.
»Wing-Tsit Chong wird heute für den Jupiter-Konsensus sprechen«, verkündete Ione.
»Aha«, sagte Joshua und lud den Namen in ein Suchprogramm seiner neuralen Nanonik, um jederzeit Daten abrufen zu können.
Syrinx beugte sich zu ihm herüber. »Der Gründer der edenitischen Kultur«, sagte sie leise. »Eine sehr wichtige historische Persönlichkeit.«
»Und wer war der Erfinder des ZTT-Antriebs?« konterte Joshua.
»Üblicherweise wird die Entdeckung Julian Wan zugeschrieben, obwohl er rein technisch betrachtet lediglich der Chef der Forschungsgruppe auf dem New-Kong-Asteroiden war. Ein Bürokrat, im Grunde genommen.«
Joshua runzelte verstimmt die Stirn.
»Vielleicht bietet die Gegenwart ein geeigneteres Thema zur Diskussion«, tadelte Wing-Tsit sanft.
»Der Schlafende Gott der Tyrathca wirft eine ganze Reihe von Fragen auf«, sagte Ione. »Sehr bedeutsamer Fragen, wenn man die Psychologie der Tyrathca bedenkt. Sie waren fest davon überzeugt, daß ihr Gott imstande ist, ihnen gegen die menschlichen Besessenen zu helfen. Und die Tyrathca lügen nie.«
»Bisher hat diese Wesenheit oder dieses Objekt jedenfalls noch keinen nennenswerten Einfluß auf unsere Situation«, sagte Wing-Tsit Chong. »Das impliziert drei mögliche Optionen. Erstens, es handelt sich um einen Mythos, und die Tyrathca haben sich entweder an der Nase herumführen lassen oder zweitens die Begegnung falsch interpretiert. Oder drittens, die Gottheit existiert tatsächlich, ist zu
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