Armageddon 06 - Der nackte Gott
Wärmereservoirs gesättigt sind.«
»Verstanden.« Joshua beschleunigte die Lady Macbeth mit acht g zurück in Richtung der Oberfläche. Jeder kämpfte gegen die gewaltige Gravitation, während die Sensoren ihm die roten und goldenen Furchen und Rillen der Sonnenseite zeigten, die irrsinnig schnell näher kamen. Dann fing Joshua den Sinkflug der Lady Macbeth ab und jagte in einer Höhe von sechzig Metern parallel zu der Scheibenstadt dahin. Er schaltete den Fusionsantrieb ab, und unvermittelt setzte Schwerelosigkeit ein.
»Die Laser haben uns verloren«, berichtete Beaulieu. »Offensichtlich können sie uns in dieser geringen Höhe nicht verfolgen.«
Hinter ihnen setzte die Sonnenschaufel ihren Kurs in Richtung Knoten fort. Die fünf Speicherkugeln leuchteten wütend bei dem Versuch, die Energie wieder abzugeben, die von den Masern der Lady Macbeth beim zweiten Vorbeiflug eingestrahlt worden war. Die Gasfontänen verloren nur langsam an Wucht.
»Es wird ziemlich eng«, sagte Liol. »Trotzdem glaube ich, daß es reicht.«
Joshua verfolgte den Bahnvektor, den der Bordrechner im Sekundentakt neu zeichnete. Er beobachtete, wie die Geschwindigkeit der Sonnenschaufel abnahm und verglich die sinkende Verzögerung mit der Abnahme der Gasströme. Schuppen aus grauem Brei verklumpten die Lecks immer stärker, doch es würde reichen. Es war eng, doch es würde reichen; das Schiff würde sechzig Kilometer oberhalb der Scheibenstadt zum Stillstand kommen.
Dann schrillten Datavis-Alarme vor seinem geistigen Auge. Die Lady Macbeth wurde erneut angegriffen. Energie brandete an den verschiedensten Stellen gegen den Rumpf und brachte große Flecken des Thermoschaums zum Schmelzen.
»Erneut Laserfeuer«, sagte Beaulieu. »Sie können uns nicht länger als jeweils zwei oder drei Sekunden unter Beschuß nehmen, aber es sind verdammt viele. Sie scheinen eine koordinierte Sättigung zu planen. Die Treffer sind inzwischen fast konstant.«
»Quantook-LOU hat uns gewarnt, daß die Dominien versuchen würden, uns am Verlassen der Scheibenstadt zu hindern, bevor wir ihnen nicht die Baupläne gegeben haben«, sagte Samuel. »Sie müssen denken, daß wir genau das vorhaben.«
Joshua überprüfte den Bahnvektor der Lady Macbeth. Bei ihrer gegenwärtigen Geschwindigkeit würden sie in weniger als hundert Sekunden über den Rand der Scheibenstadt in den freien Weltraum segeln. Der Kurs hatte sie weit weggeführt von Anthi-CL. Per Datavis ließ er sich vom Bordrechner eine taktische Analyse geben. »Das alte Mädchen wird noch eine gute Weile mit dem Beschuß fertig. Wir müssen nicht wegspringen.«
Die Sensoren der Lady Macbeth verfolgten weiter die Sonnenschaufel. Sie war nur noch fünfundsechzig Kilometer von der Oberfläche entfernt, und ihre Annäherungsgeschwindigkeit war auf zehn Meter in der Sekunde gesunken. Die fünf Gasfontänen aus ihren Speicherkugeln waren noch immer aktiv, doch aus den Rissen kam kein Gas mehr, sondern hauptsächlich Flüssigkeit und erstarrender Brei. Bei dreiundsechzig Kilometern Höhe war ihre Geschwindigkeit auf zwei Meter pro Sekunde gesunken.
Bei einundsechzig Kilometern kehrte sich der Antriebsvektor um. Eine Sekunde lang verharrte die Sonnenschaufel bewegungslos über dem Knoten, dann kroch sie mit fast unmeßbarer Geschwindigkeit wieder von der Scheibenstadt weg. Der Strom aus den Speicherkugeln war zu einem unregelmäßigen Spucken matschiger Flüssigkeit abgeebbt.
Dann zündete der Fusionsantrieb.
Joshua stöhnte bestürzt, während der Bordrechner der Lady Macbeth die Sensorbilder in reine Daten umsetzte und ihm die Temperatur, die Leuchtstärke und die Strömgeschwindigkeit des Plasmas meldete. Diesmal setzte die Sonnenschaufel ihren gesamten Schub ein. Die Spitze der Abgasflamme jagte der Oberfläche entgegen, während das gewaltige Schiff beschleunigte. Es war viel zu nah an der Oberfläche.
Die Antriebsflamme traf den Apex des Knotens und verdampfte augenblicklich jede Röhre und jedes Stück Folie, das sie berührte. Eine Explosionswelle aus superheißem Gas raste in das Innere des Knotens hinein und zerfetzte weitere Geflechtröhren und Verbindungsstücke. Splitter und Bruchstücke vergrößerten das Chaos noch. Der gesamte Knoten bäumte sich unter dem Aufprall auf und geriet ins Schwingen. Kleine Wellen breiteten sich sinusförmig vom Epizentrum her über die gesamte Scheibenstadt aus. Weitere Röhren brachen an Anschlußstücken und Verstärkungsstreben auf. Über einen Bereich von
Weitere Kostenlose Bücher