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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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jeden Teil der Fluchtkapsel durchdrangen und jegliche Wärme wegspülten. Der Temperatursturz war so gewaltig, daß sich die Farbe der Kunststoffbauteile veränderte und sie ausbleichen ließ wie eine zu hohe Dosis an ultraviolettem Licht. Toltons Atem kondensierte auf den Oberflächen zu einer eisenharten Schicht aus Frost.
    Sie hatten die Überlebenskleidung aus den Versorgungsspinden genommen, und Tolton hatte so viele der isolierten Overalls übereinander gezogen, wie nur irgend möglich gewesen war. Er sah noch dicker aus als Dariat, und sein Gesicht war mit dichten Bandagen bedeckt, die er sich mehrfach um den Kopf geschlungen hatte, um seine Ohren und den Hals zu schützen. Jedes freie Stück Haut war von einer Reifschicht überzogen, und jede Wimper erinnerte an einen winzigen Eiszapfen.
    Die Energiezellen der Rettungskapsel verloren ihre Ladung fast genauso schnell, wie sich die Wärme verflüchtigte. Zuerst hatte die Lebenserhaltungsmaschinerie noch fröhlich vor sich hin gebrummt, die Luft erwärmt, die Feuchtigkeit und das Kohlendioxid extrahiert. Dann hatten sie ein Diagnoseprogramm gestartet und mit Schrecken festgestellt, daß die Zellen beim gegenwärtigen Stromverbrauch innerhalb vierzig Minuten restlos leer sein würden. Dariat hatte nach und nach sämtliche Systeme heruntergefahren, Navigationsrechner, Kommunikationsanlagen, Ionentriebwerke, und nachdem Tolton sich in zwei Wärmeanzüge und seine Isolierkleidung gehüllt hatte, war auch noch der Rest deaktiviert worden – bis auf die Kohlendioxidfalle und einen einzelnen Ventilator. Auf diese Weise hätten die Energiezellen noch zwei Tage halten müssen.
    Doch Toltons Wärmeanzüge verbrauchten ihren Vorrat an Energiezellen sehr viel schneller, als sie erwartet hatten. Fünfzehn Stunden, nachdem sie in die Melange eingetaucht waren, war die letzte Zelle leer. Danach hatte Tolton angefangen, Suppe aus den selbsterhitzenden Fertigpackungen zu trinken.
    »Was meinst du, wie lange hält der Rumpf noch durch?« fragte er zähneklappernd zwischen den einzelnen Schlucken. Er trug soviel Kleidung auf dem Leib, daß er die Arme nicht mehr durchbiegen konnte. Dariat mußte den Trinknippel an seine Lippen halten.
    »Ich bin nicht sicher. Meine Extrasinne sind nicht für derartige Dinge geschaffen.« Dariat schlug sich mit den Armen gegen die Brust. Die Kälte machte ihm nicht soviel zu schaffen wie Tolton, doch auch er hatte mehrere wollene Pullover und ein paar dicke Skihosen angezogen. »Der Nullthermschaum ist wahrscheinlich inzwischen verdampft. Mit dem Rumpf wird das gleiche passieren, bis er so dünn geworden ist, daß der Druck der Melange uns implodieren läßt. Es wird jedenfalls schnell gehen.«
    »Schade. Ich würde gerne etwas spüren. Ein wenig Schmerz wäre im Augenblick ein richtig gutes Gefühl.«
    Dariat grinste zu seinem Freund hinüber. Toltons Lippen waren pechschwarz, und die Haut schälte sich.
    »Was ist denn?« krächzte Tolton.
    »Nichts. Ich hab’ nur gedacht, wir könnten vielleicht eine der Raketen feuern. Kann sein, daß es dann wärmer wird hier drin.«
    »Ja. Und es würde uns schneller auf die andere Seite bringen.«
    »Wird auch langsam Zeit. Wenn du einen Wunsch frei hättest, was uns auf der anderen Seite erwartet – was wäre das?«
    »Eine Tropeninsel. Mit kilometerlangen weißen Sandstränden. Und einem Meer so warm wie Badewasser.«
    »Keine Frauen?«
    »O Gott, ja, natürlich!« Er blinzelte, und seine Augenlider verklebten. »Mist, ich kann nichts mehr sehen.«
    »Du Glücklicher. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie du aussiehst?«
    »Wie steht es mit dir? Was würdest du dir wünschen, was uns auf der anderen Seite erwartet?«
    »Das weißt du doch. Anastasia. Ich habe für sie gelebt. Ich bin für sie gestorben. Ich habe meine Seele für sie geopfert … nun ja, jedenfalls für ihre Schwester. Ich dachte, sie beobachtet mich vielleicht. Wollte einen guten Eindruck machen.«
    »Keine Angst, das hast du ganz bestimmt, Mann. Ich sag’ dir doch, eine Liebe wie deine muß sie ganz schwindelig machen. Die Hühner stehen total auf diese irre Totale-Hingabe-Nummer.«
    »Du bist der unsensibelste Poet, der mir in meinem ganzen Leben begegnet ist.«
    »Straßenpoet, bitte sehr. Ich kann mit diesem Rosen- und Schokoladengesülze nichts anfangen, dazu bin ich zu sehr Realist.«
    »Jede Wette, daß Rosen und Schokolade einträglicher sind.« Als keine Antwort kam, warf Dariat einen genaueren Blick auf Toltons Gesicht. Er

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