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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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sichtbare Bild des Artefakts als verkleinerte Skulptur mitten in der Messe. Der Schlafende Gott kreiste allein im All, und Sonnenlicht wurde in breiten Strahlen von ihm reflektiert. Das war die erste Anomalie, obwohl Renato eine volle Minute verwirrten Nachdenkens benötigte, um das Offensichtliche zu sehen.
    »Hey!« rief er überrascht. »Dieses Ding besitzt keine dunkle Seite!«
    Joshua blickte stirnrunzelnd auf die AV-Projektion, dann verband er sich direkt mit dem Konsolenprozessor und überprüfte die Rohdaten. Die Satelliten bestätigten Renatos Beobachtung. Jeder Teil des Schlafenden Gottes war gleich hell; das Gebilde besaß keinerlei Schatten. »Generiert er dieses Licht möglicherweise intern?«
    »Nein«, antwortete Renato. »Das Spektrum entspricht exakt dem der Sonne. Irgendwie scheint er das Licht um sich herumzubiegen. Ich würde ja sagen, daß es sich um eine Gravitationslinse handelt, eine unglaublich dichte Masse. Was sich mit der Beobachtung der Tyrathca decken würde, einer räumlichen Anomalie.«
    »Alkad?« fragte Joshua. »Besteht dieses Ding vielleicht aus Neutronium?« Es wäre die größtmögliche von allen Ironien: ein Gott aus der gleichen Substanz wie Mzus Weltuntergangswaffe.
    »Einen Augenblick bitte, Kommandant.« Die alte Physikerin schien verwirrt. »Wir erhalten soeben die Daten der Gravitationsdetektoren.« Mehrere Holoschirme zeigten ein flirrendes Gewirr bunter Symbole. Auf den Gesichtern von Alkad und Peter breitete sich Verblüffung aus. Sie wandten sich gleichzeitig um und starrten auf die zentrale Holoprojektion in der Mitte des Raums.
    »Was ist denn?« fragte Joshua.
    »Nach den Daten zu urteilen handelt es sich bei dieser sogenannten Gottheit in Wirklichkeit um eine nackte Singularität.«
    »Das ist vollkommen unmöglich!« entgegnete Kempster indigniert. »Dieses Ding ist stabil!«
    »Sehen Sie sich seine Geometrie an«, sagte Alkad. »Außerdem haben wir eine gewaltige Fluktuation der Gravitationswellen im Vakuum gefunden, ausnahmslos im Bereich extrem kurzer Wellenlängen.«
    »Den Satelliten nach zu urteilen folgen die Fluktuationen einem festgelegten Muster«, sagte Peter zu Alkad.
    »Was?« Sie studierte einen der Schirme. »Heilige Mutter Maria, das ist vollkommen unmöglich! Vakuumfluktuationen müssen zufällig sein, das ist der einzige Grund, weshalb sie existieren können!«
    »Ha!« grunzte Kempster zufrieden.
    »Ich weiß, was eine Singularität ist«, sagte Joshua. »Ein Punkt, an dem die Masse unendlich verdichtet ist. Die Ursache für ein schwarzes Loch.«
    »Die Ursache für einen Ereignishorizont«, verbesserte ihn Kempster. »Der kosmische Zensor unseres Universums. Physik, Mathematik – alle Berechnungen führen ins Unendliche und brechen dort zusammen, weil das Unendliche in der Realität nicht zu erreichen ist.«
    »Außer in einigen sehr speziellen Fällen«, widersprach Alkad. »Der gewöhnliche Kollaps eines Sterns ist ein sphärisches Ereignis. Sobald der Kern bis zu einem Punkt komprimiert ist, an dem seine Gravitation die thermische Expansion übersteigt, stürzt alle Materie aus allen Richtungen gleichzeitig in das Zentrum. Der Kollaps endet damit, daß alle Materie zu einem unendlich kleinen Punkt komprimiert wird, der Singularität. Und an dieser Stelle ist die Gravitation so groß geworden, daß nichts mehr ihrem Feld entkommt, nicht einmal das Licht. Das ist der Ereignishorizont. Wenn man jedoch – theoretisch, wohlgemerkt – den Stern vor diesem Ereignis in Rotation versetzt, erhält man wegen der Zentrifugalkraft eine verzerrte Form, die entlang des Äquators weiter ist als über den Polen. Wenn der Stern schnell genug rotiert, bleibt diese Auswölbung während des Zusammenbruchs bestehen.« Sie deutete mit dem Zeigefinger auf die Projektion des Schlafenden Gottes. »Es entsteht eine Form, die genau wie diese aussieht. Und bis ganz zum Ende des Zusammenbruchs, wenn jegliche Materie in der Singularität zusammengepreßt wird, bleibt sie erhalten. Und im allerletzten Augenblick, bevor die Singularität entsteht, zeigt sich ein Teil ihrer unendlichen Masse außerhalb des Ereignishorizonts.«
    »Für einen winzigen Augenblick«, beharrte Kempster. »Aber bestimmt nicht für fünfzehntausend Jahre.«
    »Scheinbar hat jemand herausgefunden, wie man diesen Augenblick unendlich lange aufrechterhalten kann.«
    »Sie meinen ganz ähnlich wie bei dem Alchimist?« fragte Joshua per Datavis.
    »Nein«, antwortete sie auf dem gleichen Weg. »Diese

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