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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Station gewandert waren. Dariat strahlte ein Selbstbewußtsein aus, das vorher nicht dagewesen war. Die tiefe Wut, die vorher in ihm gewesen war, existierte nicht mehr. Sie war Traurigkeit gewichen. Tolton wunderte sich über diese eigenartige Kombination; Trauer und Zuversicht waren eine merkwürdige Triebfeder. Wahrscheinlich eine höchst unbeständige noch dazu. Andererseits – wenn man bedachte, was der arme Dariat in den letzen paar Wochen durchgemacht hatte, dann war es durchaus verständlich. Es war genaugenommen sogar den einen oder anderen Vers wert. Und Tolton hatte schon ziemlich lange nichts mehr gedichtet.
    »Wir hatten keine ausgedehnte Konversation oben auf dem Dach des Aufzugs«, antwortete Dariat. »Eher die Art von gewaltsamem Erinnerungsaustausch, wie ich sie auch im Jenseits erlebt habe. Die Gedanken des anderen Wesens waren nicht sehr stabil.«
    »Du meinst, es weiß über uns Bescheid?«
    »Ich fürchte ja. Aber verwechselt nicht Wissen mit Interesse. Sie interessieren sich für nichts anderes als die Aufnahme von immer mehr Lebensenergie, jedenfalls für den Augenblick.«
    Erentz spähte dem sich entfernenden Orgathé hinterher, als es über den umlaufenden Salzwasserozean schwebte. »Ich schätze, wir sehen besser zu, daß wir uns organisieren«, sagte sie, und sie hätte nicht weniger begeistert klingen können.
    Dariat wandte sich von dem dunklen Eindringling ab und drehte sich um. Eine Gruppe von Geistern drückte sich im Bereich des Kaverneneingangs herum, in der Deckung der großen Felsbrocken, die die gesamte Wüste vor der Abschlußkappe durchsetzten. Sie beobachteten die kleine Ansammlung zählebiger körperlicher Menschen mit widerwilligem Respekt, doch sie vermieden jeglichen direkten Augenkontakt, wie Ladendiebe, die der Aufmerksamkeit des Kaufhausdetektivs zu entgehen versuchten.
    »Du!« bellte Dariat plötzlich. Er setzte sich über den pulvrigen Sand in Bewegung. »Ja, genau du, Dreckskerl! Erinnerst du dich noch an mich?«
    Tolton und Erentz folgten ihm nach, neugierig, was sein Verhalten nun schon wieder zu bedeuten hatte.
    Dariat näherte sich zielstrebig einem der Geister, der in einem weiten Overall steckte. Es war der Mechaniker, einer aus der Gruppe, der er unmittelbar nach der Ankunft von Valisk im dunklen Kontinuum begegnet war, als er nach Tolton gesucht hatte.
    Die Erinnerung war offensichtlich gegenseitig. Der Mechaniker wandte sich ab und ergriff die Flucht. Andere Geister wichen auseinander, um ihn durch ihre Mitte zu lassen. Dariat jagte ihm hinterher, und er entwickelte angesichts seiner Leibesfülle eine überraschende Geschwindigkeit. Als er die anderen Geister erreicht hatte, erschauerten sie und wichen noch weiter auseinander, schockiert und verängstigt angesichts der Kälte, die von ihm ausstrahlte.
    Dariat bekam den Arm des Mechanikers zu fassen und beendete seine Flucht. Der Mann kreischte voller Panik und schlug blindlings um sich, doch er war unfähig, sich aus Dariats Griff zu befreien. Und dann wurde er noch durchsichtiger.
    »Dariat!« rief Tolton. »Hey, Mann, komm schon! Du tust ihm weh!«
    Der Mechaniker war kraftlos in die Knie gegangen, und er zitterte heftig, während er immer mehr von seiner blassen Farbe verlor. Im Gegensatz dazu leuchtete Dariat fast. Er starrte finster auf sein Opfer herab. »Erinnerst du dich? Erinnerst du dich an das, was du mir angetan hast, du Dreckskerl?«
    Tolton blieb vor den beiden stehen, doch er wagte nicht, seinen einstigen Freund zu berühren. Die Erinnerung an die Kälte, die er in der Station gespürt hatte, war zu frisch und zu stark.
    »Dariat!« brüllte er.
    Dariat blickte auf das verblassende Gesicht seines früheren Peinigers herab. Gewissensbisse öffneten seinen Griff, und der körperlose Arm entzog sich seinem Griff. Was würde Anastasia zu seinem Verhalten gesagt haben? »Tut mir leid«, murmelte er verschämt.
    »Was hast du mit ihm gemacht?« verlangte Tolton zu wissen. Der Mechaniker war kaum noch zu sehen. Er hatte sich in eine fetale Position zusammengerollt, und sein halber Körper war in den Sand eingesunken.
    »Nichts«, sprudelte Dariat hervor, peinlich berührt wegen seiner unkontrollierten Entgleisung. Das Fluidum, das seinem Körper Stofflichkeit verlieh, besaß offensichtlich einen häßlichen Preis. Er hatte es die ganze Zeit über gewußt, doch er hatte sich geweigert, darüber nachzudenken. Sein Haß war eine Entschuldigung gewesen, weiter nichts, und ganz bestimmt nicht die

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