Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Frank
Vom Netzwerk:
diesen ursprünglichen Zustand des reinen Kapitalismus wiederherzustellen und dabei neu zu entdecken, was die Gründerväter wirklich gemeint hatten und was uns die Verfassung wirklich aufgibt. Es war so simpel wie in einem dieser Selbsthilfebücher für Süchtige, die den Leser mit seinem wahren Ich konfrontieren wollen: Wir müssen uns das Land zurückerobern und die Politik von Kompromissen und wesensfremden Ideen befreien.

Sie sind wir
    Seltsam, wie rasch der freie Markt seinen Ruf wiederherstellen konnte, nachdem seine Anhänger uns fast in den Ruin geführt hatten, und doppelt seltsam scheint dies, wenn man sich die Fans des freien Markts genauer betrachtet. In den Reihen der Konservativen, die heutzutage ihre Liebe zum Markt bekennen, finden sich nur wenige Leute vom Format eines Steve Forbes. Es sind keine Wirtschaftsbosse, Ökonomen oder Banker, sondern ganz normale Durchschnittsbürger.
    Wenn die Menschen den Markt lieben, so glauben die Konservativen, dann erwidert der Markt diese Liebe. Im populären Denken der revitalisierten Rechten stellen Märkte demokratische Systemedar, in denen die Konsumenten und Investoren ihre Wünsche über die Kanäle von Angebot und Nachfrage vermitteln. Stört man die Entwicklung der Märkte nicht, so der Glaube dieses Populismus, dann sind sie im Grunde Wahlen und artikulieren in perfekter Weise den Willen des Volkes. Daher sind auch jene, die am engsten mit den Mechanismen des Markts verknüpft sind – also etwa Rick Santellis Börsenmakler –, vom Glorienschein des Durchschnittsmenschen umgeben (»die schweigende Mehrheit«, wie sich der Leser vielleicht erinnert), während jene, die die Märkte von außen regulieren, unvermeidlich »elitär« sind: selbstherrliche Eierköpfe, die den Willen des Volkes mit eiserner Faust verbiegen.
    Es ist nicht schwer zu verstehen, warum dieser auf den Kopf gestellte Marxismus den Gewinnern in Amerika so zusagt. Er fügt ihrem Erfolg den donnernden Applaus des Publikums hinzu, während er ihre traditionellen Feinde – vor allem die parasitären Staatsbürokraten – als arrogante Besserwisser abstempelt. Daher findet man die Ursprünge dieser Ideen auch in Büchern, in denen es um Wohlstand geht. In Büchern über Managementtheorien, die all diesen Bossen sagen, dass sie einen Beitrag zur Befreiung der Menschheit leisten, wenn sie Arbeitsplätze nach China verlagern. In Büchern über die richtige Wertpapierstrategie, die die Weisheit von Kleinstadt-Omis bei der Auswahl ihrer Aktien preisen. In den dicken historischen Traktaten, in denen uns pensionierte Bankpräsidenten versichern, dass die freie Marktwirtschaft zu Volksaufständen überall auf der Welt führen wird.
    Als ich vor vielen Jahren zum ersten Mal über Martkpopulismus schrieb, hingen diesem Glauben fast nur die Wohlhabenden an. Darüber zu schreiben bedeutete, über Propaganda zu schreiben. Durchschnittsbürger, so dachte ich, glaubten genauso wenig, dass amerikanische Unternehmen Demokratien sind, wie sie glaubten, dass ein Pontiac »Treibstoff für die Seele« ist.
    Aber dann schlingerte das Wirtschaftssystem beinahe in die Katastrophe, und der Marktpopulismus, die einzige verfügbare Utopie, die den Unzufriedenen Amerikas zur Verfügung stand, wandeltesich vom Traum der Vorstandsvorsitzenden zur Kampfreligion von Millionen. Der utopische Kapitalismus kann eben in Zeiten der Illusionslosigkeit und des Zusammenbruchs plötzlich ziemlich attraktiv erscheinen. Er ist eine Doktrin, die alle Antworten parat zu haben scheint. Wir leiden, behauptet er, weil unsere Führer mit der amerikanischen Tradition gebrochen haben, also mit dem Laisser-faire-System, das vor den Gewerkschaften und dem Staat mit seiner Regulierungswut geherrscht hatte. Das System, von dem wir geglaubt hatten, dass es ganz Amerika durchdringt – der »Kapitalismus« –, war, so wurde uns nun erzählt, ein »unbekanntes Ideal«, das wir niemals wirklich erreicht hatten. Unsere gewählten Vertreter waren niemals rein genug gewesen, unsere Wirtschaftsführer hatten sich nie an seine Prinzipien gehalten und Subventionen angenommen, der Staat hatte sich mehr und mehr eingemischt – und nun, so ging die Mär weiter, mussten wir etwas unternehmen, wenn wir wieder auf die Beine kommen wollten.
    Dass in Amerika nicht die reine Marktwirtschaft herrscht, ist keine neue Erkenntnis, die sich erst mit dem Erwachen der Tea Party enthüllte. Es ist seit Jahrzehnten eine Lieblingsidee der Linken, die einen gezähmten

Weitere Kostenlose Bücher