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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Mädchen waren so unverfroren, sie direkt zu fragen, weshalb sie sich hinter einem Gesichtstuch und den wallenden Gewändern verbarg.
    »O mein süßer kleiner Junge«, sagte die Dame zu dem Kind und legte eine feingliedrige, gepflegte Hand an seine dunkle, rundliche Wange. »Weißt du, ich vertrage die Sonne nicht. Wenn ich mich ihr aussetze, bekomme ich grüne Warzen. Das wäre doch abscheulich anzusehen, meinst du nicht?«
    So nett war die verschleierte Dame zu dem Mädchen, das schon fast eine Frau war, allerdings nicht, denn in ihrem Alter hätte sie wahrhaftig wissen müssen, daß man keine so taktlosen Fragen stellte.
    »Pocken!« sagte die Dame knapp. Das Mädchen verfügte zwar nicht über den Anstand zu erröten oder gar, um Entschuldigung zu bitten, verstummte jedoch sofort und erinnerte sich mit erschrocken geweiteten Augen, daß sie rasch etwas erledigen mußte.
    (Die erste >Erklärung< wurde ungläubig abgetan — natürlich nicht in Anwesenheit der Verschleierten. Denn wenn sie stimmte, bemerkte ein Mitreisender weise, weshalb trug sie dann keine Handschuhe und weshalb waren ihre Hände so schön? Die zweite Erklärung war bedeutend beunruhigender.
    Zwar wurde auch sie angezweifelt, aber wer wollte schon das Risiko eingehen, sich Pocken von ihr zu holen? Die Leute begannen vorsichtshalber Distanz zu wahren.)
    Der stämmige, nicht übel aussehende Wächter aus Mrsevada war ebenfalls unverfroren, doch auf andere Weise. Er wußte, welche Wirkung sein blitzendes Lächeln in seinem gutaussehenden Gesicht hatte. Es hatte ihm schon viel eingebracht und würde es auch weiterhin tun. Nachdem er seinen Kameraden versichert hatte, daß er bald mit der wahren Antwort zurückkommen würde, wandte er sich selbstsicher an die verschleierte Dame.
    »Was verbergt Ihr unter all den Gewändern und Schleiern, Süße?«
    »Ein von Syphilis verwüstetes Gesicht und einen kindtragenden Bauch«, antwortete ihm die Gesichtlose. »Möchtet Ihr mich heute Nacht in meinem Zelt besuchen?«
    »Uh ... ich, uh, nein, ich wollte nur ...«
    »Und was verbergt Ihr hinter diesem übertriebenen Lächeln, Schwertmann?«
    Er blinzelte, und das blitzende Lächeln schwand wie die kleinen flaumigen Wolken am Himmel, die nichts zu bedeuten haben.
    »Ihr habt eine scharfe Zunge, syphilitische Schwangere.«
    »Das stimmt«, bestätigte sie. »Ihr werdet verstehen, daß ich keine Männer mit gewinnendem Lächeln mehr mag ...«
    Der gutaussehende Wächter zog sich zurück.
    Danach stellte ihr niemand mehr Fragen. Außerdem ließen die Karawanenaufseher und ihre Mitreisenden sie von da ab nicht nur in Ruhe, sondern machten einen Bogen um sie — denn nach allem, was man nun wußte, konnte sie ja keine Dame sein!
    Sie hatte für die Reise bezahlt — sogar den vollen Preis —, widerspruchslos und ohne sich zu beschweren, mit nur ein wenig Feilschen, was verriet, daß sie eine normale Sterbliche war, doch nicht hochmütig. (Die meisten Edelleute bewiesen ihren Hochmut entweder, indem sie den Preis selbst machten und bezahlten — und gewöhnlich weniger als andere auf den Tisch legen mußten — oder indem sie sofort die geforderte Summe bezahlten, damit man gleich erkannte, daß sie viel zu wohlhabend waren, um mit einfachen Schreibern oder Karawanenmeistern oder wer sonst kassierte zu feilschen.) Sie hatte ihr eigenes Wasser und ihre eigenen Nahrungsmittel mitgebracht. Sie blieb für sich, machte keine Umstände und bot anderen obendrein Gesprächsstoff.
    Der hochgewachsene Karawanenmeister mit seiner guten Menschenkenntnis glaubte nicht, daß sie syphilitisch oder pockennarbig oder schwanger war. Auch fand er sie nicht bedrohlich, nur weil sie ihr Gesicht nicht zeigen wollte. Daher war Karawanenmeister Eliab nicht sehr freundlich zu der kleinen Abordnung aus drei Frauen und einem willfährigen Ehemann, als sie von ihm verlangten, er müsse veranlassen, daß die verschleierte Person das Gesicht enthülle und sich zu erkennen gebe. Als Grund für ihre Forderung gaben sie an, sie sei mysteriös und deshalb unheimlich und erschrecke die Kinder.
    Meister Eliab blickte auf sie hinab. »Zeigt mir die Kinder, die von Lady Saphtherabah erschreckt wurden!« sagte er. Er hatte diesen beeindruckenden Namen rasch erfunden, denn in Wirklichkeit hatte sie sich für die Reise nur als >Cleya< eingetragen, was ein häufiger Name in Suma war. »Dann werde ich dafür sorgen, daß sie die Lady vergessen, indem ich ihnen Grund gebe, sich vor jemand anderem zu

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