Armeen Der Nacht
alles, was noch übrig ist, und alles, was es von meiner Macht und meinem Beruf noch geben wird, Jodeera. Ich bin so aus der Übung, daß eine meiner Katzen mich verließ und ich nicht einmal imstande bin sie zu finden. Das ist alles vorbei. Ahdiovizun ist der Mann, der Fuchs' Kneipe im Labyrinth von Freistatt führt und im Kettenhemd Getränke ausschenkt.«
Er drehte und wand die Schultern und ließ das Kettenhemd klirrend über Arme und Kopf gleiten. Es wurde zu einem kleinen Bündel, das er auf den Schanktisch legte, als wäre es ganz leicht.
»Dann möge das alles mit Ezucar begraben sein«, sagte sie sanft, unmittelbar neben ihm hinter dem Schanktisch, »und mit dem Rest der Vergangenheit. Ich liebe dich in der Gegenwart, Ahdio. Was ist mit der Zukunft? Können wir sie nicht jetzt beginnen?«
Da blickte er sie an, und die Tränen auf ihren Wangen brachten jene in seinen Augen zum Überquellen. Er umarmte sie und wurde von ihr umarmt, und beide schienen sich zu bemühen, ihre Körper eins werden zu lassen. Die Umarmung dauerte eine lange, lange Weile, und gewiß könnte sich niemand vorstellen, der Ahdiovizun in Freistaat kannte, daß er weinte, wie er es jetzt tat.
»Zuhause ist, wo Ahdio ist«, murmelte sie. »Alles andere ist unwichtig. Ich bin heimgekehrt.«
Schließlich erinnerte sie ihn, daß er die Eingangstür nicht verschlossen hatte. Er tat es, dann gingen sie nach oben.
In der folgenden Nacht war sie in der Wirtsstube, und so atemberaubend war ihre Gegenwart, daß alle — männliche und weibliche Gäste gleichermaßen — bewundernd die Münder aufrissen. Ahdio mußte brüllen, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und sie zum Schweigen zu bringen, als er etwas bekanntmachte. Er erklärte unmißverständlich, daß dies sein Mädchen war und es niemand wagen sollte, sich ihr zu nähern oder unhöflich zu ihr zu sprechen oder sie gar zu rufen. Und Jodeera blieb hinter dem Schanktisch, goß ein, half ihm und Throde.
Natürlich nutzte Ahdios Warnung nicht. Gäste, die sich nie die Mühe gemacht hatten, aufzustehen und an die Theke zu kommen, taten das nun immer häufiger, statt Ahdio oder Throde herbeizuwinken. Sie holten sich ihre Getränke jetzt selbst, nur um zum Schanktisch gehen zu können und sie anzusehen. Wie nicht anders zu erwarten, wurden die Blicke immer lüsterner, je weiter die Nacht voranschritt. Unvermeidbar machte irgendjemand eine Bemerkung. Dann ein anderer. Daraufhin hieb ein weiterer, vielleicht aus Rechtschaffenheit und Ehrgefühl heraus, möglicherweise aber auch nur, um sich bei Ahdio Liebkind zu machen, diesem einen sein irdenes Trinkgefäß auf den Kopf. Der Krug brach auf dem harten Schädel. Der Bruder des Verprügelten ging auf den Krugschwinger los. Ahdio erteilte beiden eine Lehre, und Throde ging seinen Stock holen.
Jodeera sah hilflos zu und fühlte sich elend.
Allein ihre Anwesenheit führte zu Auseinandersetzungen. Vielleicht hatten sowohl sie wie Ahdio gewußt, daß es dazu kommen würde, aber beide hatten gehofft, es würde gutgehen.
Es war also zu Schwierigkeiten gekommen. Ahdio griff ein, und Ahdio schloß die Kneipe schon früh.
»O Liebling«, schluchzte Jodeera. »Es tut mir so leid!«
»Es war nicht deine Schuld, das wissen wir beide. Und wir wissen auch, daß ich dich nun nicht mehr gehen lasse. Nichts wird sich zwischen uns stellen! Nichts!«
Ahdio hielt sie so fest, daß ihre Arme schmerzten, und blickte sie eindringlich an. Er wußte, was er tun mußte. Es widerstrebte ihm, trotzdem würde er es tun. Heute nacht mußte Ahdiomer Viz wiederauferstehen. Nur für eine Nacht.
Der Überfall kam, als Throde, auf seinen Stock gestützt, heimwärts humpelte. Da jeder wußte, daß er nie Geld bei sich trug, konnte der Beweggrund der drei Männer nur Rachsucht sein. Sie kamen an Ahdio nicht heran, also würden sie sich ihren Spaß mit seinem Helfer machen. Throde erkannte den hinausgeschmissenen Tarkle und die zwei, die mit ihm am Tisch gesessen hatten und noch länger geblieben waren.
Sie standen grinsend quer in der engen Gasse. Tarkle ragte wie ein Wachtturm vor Throde auf und tat, als schaue er sich um. »Ich seh' Ahdio nirgends. Ich glaub', diesmal wird er sich nicht zwischen dich und meine Faust stellen, Humpler!«
Throde schwieg, und Tarkle machte seinen Zug.
Dann Throde. Sein Stab sprang ihm geradezu quer in beide Hände. Das rechte Ende schnellte geradewegs auf Tarkies linkes Bein, etwas unterhalb vom Knie, und das andere Stabende
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