Armeen Der Nacht
schmetterte auf den Arm des Mannes zwischen Schulter und Ellbogen. Die Flinkheit Throdes war fast unwirklich, ganz im Gegensatz zu Tarkles Schmerzen. Beim ersten Schlag schrie er auf, beim zweiten ächzte er. Doch Throde war noch nicht fertig: Sein dritter Hieb traf Tarkles Hals. Das einzige Geräusch, das der Raufbold verursachte, war ein kehliger Laut. Er ging zu Boden. Einer seiner verblüfften Kameraden kam bereits auf Throde zu; der dritte hatte einen plötzlichen Anfall von Klugheit, er blieb kurz stehen, um seinen Dolch zu ziehen. Throde täuschte nach rechts an und stach mit dem Stock in den Bauch des zweiten Angreifers. Dem Mann entquoll ein sehr unschönes Geräusch. Throde zog ihm eins über den Kopf. Der Kerl stürzte auf Tarkle. Tarkle rührte sich und ächzte, sein Spießgeselle nicht.
Der dritte kam von der Seite. Er hielt den Dolch tief vorgestreckt, auf die Art eines Messerstechers, der wußte, wie er damit anderen ans Leder konnte.
Unwillkürlich riß er den Mund auf. Der Krüppel hatte bewiesen, daß er unerwartet flink war: Nun bewegte er sich sogar noch flinker, auf unglaubliche Weise. Der dritte Angreifer hatte sich leicht geduckt; sein Dolch gleißte, als er zustieß. Aber Throde war nicht da. Er rannte mehrere Schritte die Wand zur Linken seines Angreifers hoch, und zwar mit der Flinkheit und Geschicklichkeit einer erschrockenen Katze. Fünf Schritte hoch wirbelte er herum und fiel herab wie ein Stein, die rechte Schulter über den Stock gekrümmt, den er mit beiden Händen hielt. Der Messerstecher, der bei diesem Anblick beinahe die Nerven verlor, geriet in Panik. Er machte die falsche Bewegung — was ihn ein Auge kostete. Er schrie gellend, als er zu Boden ging. Throde landete geduckt. Er mußte seinen Stock aus der Augenhöhle des Mannes reißen, als er sich umdrehte, um zu sehen, wem er sich als nächstes stellen mußte.
Doch da war niemand mehr. Wimmernd kroch Tarkle davon. Throdes Arme zitterten unter dem Ansturm von Adrenalin und Erregung, aber er beherrschte sich.
»Throde und ich haben euch Hundesöhne ganz schön getäuscht!« knurrte er mit so verstellter Stimme wie nur möglich.
Tarkle blickte nicht zurück. Er kroch die Gasse entlang, auf ein Licht zu. Throde blickte hinunter auf seine beiden Opfer. Sie lagen unnatürlich verkrümmt. Aber das hier war eine Gasse im Labyrinth, wen würde es scheren?
Throde schon. Am ganzen Leib zitternd stützte er sich auf seinen Stab, hinkte zurück zum Haus von Alamanthis und weckte den Heiler. Dann humpelte der junge Mann nach Hause. Throde lebte allein.
In der folgenden Nacht arbeiteten Ahdio und Throde allein. Wieder hatte Ahdio eine Bekanntmachung: Sein Mädchen hatte ihn verlassen. Das führte zu Seufzern, verlegenen, reumütigen Gesichtern und mitfühlenden Mienen. Es war, soweit sich jemand erinnern konnte, die erste ruhige Nacht in Fuchs' Kneipe.
In der folgenden Nacht jedoch hatten Ahdio und Throde wieder Hilfe. Meistens blieb sie hinter der Theke, schenkte ein und klatschte Brot und Wurst auf Holzteller. Sie war nicht schön, diese neue Helferin in Fuchs' Kneipe, sie war sogar ausgesprochen häßlich. Ihr riesenhafter Arbeitgeber im Kettenhemd rief sie Cleya. Niemand redete sie ungehörig an. Niemand machte sich die Mühe, selbst zum Schanktisch zu gehen, um sie sich in ihrem langen, fast formlosen grauen Gewand anzuschauen. Ouleh erklärte, daß sie diese Cleya mochte. Der Grund dafür war einfach, und Fax verstand es am besten, ihn auszusprechen:
»Puh! Die hat ein Gesicht, das nicht einmal ihre Mutter lieben kann, und ich hab' schon bessere Figuren auf Besen reiten gesehen!«
Der Frau, die nun allgemein Cleya genannt wurde, machte das nichts aus. Endlich mit Ahdio beisammensein zu können, war ihr sogar diesen Preis wert. Ihr ganzes Leben lang war ihre Schönheit schließlich mehr ein Fluch als ein Segen gewesen. Nur ein Mann hatte sie nicht als Spielzeug, als Schmuckstück behandelt, und er war der einzige Mann, den sie je geliebt hatte. Ihr Vater und der mächtige Edelmann Ezucar hatten ihre Ehe abgesprochen und sie gezwungen, Ezucar zu heiraten, der ein Spielzeug und glitzerndes Kleinod haben wollte, um das ihn alle Männer in der Öffentlichkeit und auf seinen Gesellschaften beneideten. Und inzwischen hatte der Mann, den sie liebte, Suma verlassen. Nun, Jahre später, war sie ihm gefolgt, und sie waren beisammen. Sie zog die beiden Stuben über der Kneipe bei weitem dem Palast Ezucars mit all den Dienstboten vor. Es
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