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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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tat ihr nur leid, daß Ahdio sich gezwungen gesehen hatte, seinen Beruf wiederaufzunehmen. Doch es war ja nur für ein einziges Mal; es genügte wahrlich, daß des Nachts in ihrer Wohnung über Fuchs' Kneipe der Zauber aufgehoben und der Schleier der Häßlichkeit gelüftet wurde, so daß sie wieder seine wunderschöne Jodeera war.

Molin Fackelhalter
Der Gotterkorene
    Lynn Abbey
    So, wie er den Hammer schwang, hätte er ein Steinmetz sein können, nur daß kein Steinmetz vor dem Morgengrauen — und obendrein allein — in dem unfertigen Tempel arbeiten würde. Auch ein Soldat hätte er sein können, denn als ein Jüngerer kam, tauschte er den Hammer gegen ein Schwert und stand seinen Mann bei Kampfübungen, bis die ersten Sonnenstrahlen schräg durch die schiefen Steinsäulen fielen. Tatsächlich war er ein Priester — ein Priester des Sturmgottes Vashanka und deshalb vor allem ein Soldat und Steinmetz.
    Er war ein rankanischer Edelmann: ein entfernter Neffe des dahingeschiedenen, unbetrauerten Kaisers; ebenso ein entfernter Verwandter des neuen Kaisers — obgleich niemand ihn erkannt hätte, so wie der Schweiß schmutzige Spuren auf seinen Rücken zeichnete und sein schwarzes Haar in feuchten, wirren Strähnen herabhing. Daher hätten Gleichgestellte aus der Hauptstadt seinen hochgewachsenen blonden Gefährten für den Edelmann gehalten und den Priester für einen Winder oder einen Mischling aus einem anderen eroberten Gebiet.
    Geboren war er in der mit Prunk überladenen Kinderstube des Vashankatempels in Ranke als ein mit guten Omen bedachtes Ergebnis einer sorgfältig vorbereiteten Vergewaltigung. Sein Vater verstümmelte oder tötete zehn Männer von edelstem Geblüt, ehe er Vashankas Schwester Azyuna im selten ausgeführten Ritual des Zehntodes nahm. Es spielte keine Rolle, daß Azyuna Sklavin gewesen war oder daß sie bei seiner Geburt starb. Molin war mit dem Besten aufgezogen worden, das sein sterblicher Vater und Vashankas Kult zu bieten hatten.
    Sein Aufstieg war stetig, wenn nicht rasant gewesen. Mit fünf war er Akoluth; noch ehe er zehn war, reiste er mit der Armee. Mit vierzehn führte er die Belagerung von Valtostin durch und schlug in einer Nacht vier Breschen in die Mauer. Einige meinten, er würde Oberhierophant werden, doch im Gegensatz zu seinen Erfolgen in Krieg und Zerstörung ließ seine Ergebenheit gegenüber seinen Vorgesetzten zu wünschen übrig. Er fiel offenbar in Ungnade und verschwand im Allerheiligsten des Kaiserlichen Tempels, aus dem er erst wieder herauskam, als er Anfang Dreißig war, um den unerwünschten Kadakithis nach Freistatt in die Verbannung zu begleiten.
    »Ihr würdet die Hälfte der Männer auf den Barrikaden in den frühen Tod schicken«, lobte Walegrin, der Befehlshaber der Garnison in Freistatt, als sie die Schwerter ablegten. »Wehe den Narren, die sich einbilden, Vashankas Priester seien verweichlicht.«
    Molin tauchte das Gesicht in eine Schüssel mit eiskaltem Wasser, statt auf Walegrins Bewunderung einzugehen. Daß Vashankas Priester verweichlicht waren, lag zu einem großen Teil an der nicht mehr zu ändernden Abwesenheit des Gottes selbst. Vashanka war in Freistatt gestorben — gestorben, denn wenn ein Gott von seinen Anhängern getrennt ist, leben die Anhänger weiter, nicht jedoch der Gott. Und was ist mit den Priestern, den Vermittlern zwischen Anhängern und Göttern, wenn ein Gott ganz einfach verschwunden ist? Das war keine Frage, über die Molin gern nachdachte.
    Er zupfte die Tunika eines erfolgreichen Handwerkers um die Schultern zurecht und versteckte den Hammer in einem Spalt zwischen zwei mannshohen Steinblöcken. »Haben die Barrikaden gestern Nacht gehalten?« Er schob das Schwert in eine Hülle am Sattel.
    »Unsere Linien hielten«, antwortete Walegrin mit einer Grimasse, als sie die Einfriedung von Vashankas letztem unfertigem Tempel verließen. »In Abwind gab es wieder einmal Auseinandersetzungen zwischen Stiefsöhnen und dem Lumpenpack. Und etwas Totes oder Tödliches treibt sich am Schimmelfohlenfluß herum. Doch nichts, was unsere fischäugigen Herren beunruhigt.«
    Es war Ilstag für die Ilsiger, Savankhtag für die Rankaner und Bauchtag für die Beysiber (die ihr Barbarentum damit bewiesen, daß sie die Tage nach ihren Körperteilen statt nach Göttern benannten), vor allem aber — und für alle am wichtigsten — war es Markttag. Der Bürgerkrieg würde an diesem Tag ruhen, während Freund und Feind sich in eine andere Art von

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