Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
von den Armen, die in den Umhang gehüllt waren.
    Janni blieb vor den hinteren Eingangsstufen stehen. Er war heute keine erfreuliche Erscheinung, blutbesudelt und mit zerfetzter Haut, durch die sich die Rippen bohrten. Stilcho plagte sich auf die Füße, wickelte sich fest in den Umhang und hielt Abstand — er selbst war kein Geist, aber er war tot, deshalb verstand er Geister nur allzu gut und erkannte, wenn einer zutiefst erregt war, ob nun in dieser oder der anderen Welt.
    »Ich möchte mit dir reden«, sagte Janni. »Ich muß reden!«
    »Geh weg!« Stilcho war sich der Lebenden im Haus schmerzlich bewußt, ebenso der Schutzzauber und -wachen, die über den ganzen Garten verteilt waren. Er sprach im Geist, denn Janni war ebensosehr in seinem Kopf, wie er vor ihm auf dem Weg stand — und ebensosehr wie Janni in seinem Kopf war, stand er auch auf dem Weg. Stilcho wußte das. Er hatte diesen Geist beschworen. Rache, hatte Stilcho gewispert. Und dieser Geist, der ziellos an den fernen Gestaden des Nirgendwo gewandert war, hatte sich umgedreht, das blutige Gesicht gehoben und die blutigen Lippen geleckt. Rache und Roxane. Das hatte genügt, Janni zurück in die Welt der Lebenden zu bringen.
    Doch es gab Strafen für Zurückgekehrte wie Janni. Die Erinnerung war eine davon. Anhänglichkeit eine andere. Die Hölle war nicht nur im Jenseits. Tote wie er brachten sie mit sich und schufen sie, wohin sie sich begaben, selbst wenn sie mit den besten Absichten kamen. Und dieser hatte sich schon zu lange aus der Hölle entfernt, mißachtete Befehle und lief in der Stadt herum, wie es ihm beliebte.
    Seine Erscheinung verschlimmerte sich. Blut tropfte auf die Stufen. Übler Geruch hing in der Luft. Janni ließ sich nicht abweisen, wollte nicht verschwinden; und Stilcho ging den schmalen, ungepflegten Weg hinunter zum Eisentor, wo Dickicht und Bäume und selbst die Erde dunkler Luft wichen, hinunter zum nachtschwarzen Fluß, der murmelnd am Ufer nagte, wo das Grundstück begann. Er blickte über die Schulter, ohne Hoffnung, daß sich der Geist zurückgezogen haben könnte. »Bei allen Göttern, Mann ...«
    »Er steckt in Schwierigkeiten«, sagte Janni. »Mein Gefährte ist in Schwierigkeiten, verdammt ...«
    »»Nicht dein Gefährte. Nicht mehr dein Gefährte. Du bist tot, hast du das denn immer noch nicht begriffen?« Stilcho blinzelte, strich sich durch Haar und verzog das Gesicht, als der Geist seine ekelerregendste Erscheinung annahm. Stilcho hatte einen echten Körper, so vernarbt und verstümmelt er auch war; Janni hatte keinen oder vielmehr nur einen, den seine jeweilige Stimmung ihm gab, denn das war so bei Geistern von Jannis Art. »Wenn sie bemerkt, daß du schon wieder nicht auf Wache bist ...«
    »Tut sie was? Mich umbringen? Hör zu, Freund ...«
    »»Nicht dein Freund. In der Hölle sind neue Geister. Du kennst sie. Du weißt, wer sie dazu gemacht hat ...«
    »Sie waren lange schon fällig!« Jannis Gesicht hatte plötzlich Augen, die im Mondschein durch einen roten Schleier funkelten. »Und dieses Aufräumen war längst überfällig. Was haben sie dir bedeutet? Halbrankener, Nichtse ... Sie hatten ihre Chance.«
    Stilcho drehte sich mit dem Rücken zum Fluß und funkelte nun ihn an. »»Meine Toten — du scheinheiliger Halunke! Meine Toten ...« Stiefsöhne von Stiefsöhnen gemordet, seine Kameraden aus der Kaserne hingemetzelt, und mehrere Dutzend verwirrte, verratene Geister heulten heute nacht an der Höllenpforte. Das war Ischades Schuld und Stratons; doch Stilcho wandte sich mit seiner Anklage an den Falschen. »Wundert mich nicht, daß du nicht dorthin zurückkehren möchtest — ist es das, Janni-Schlächter? Gefährte von Schlächtern? Hält die Hölle ein zu großes Empfangskomitee für dich bereit?« Janni griff wütend nach ihm, und Stilcho wich zu dem niedrigen Tor zurück. Unerwartet gab es über dem Abgrund nach, und Stilchos Herz hämmerte. Er befürchtete, daß Schutzzauber gebrochen waren. Er fürchtete sich vor dem steilen Hang, den der Pfad zum Fluß hinunter nahm, und er erinnerte sich, daß er von anderen Dingen sterben konnte als von Ischades kalter Schulter. Er blieb im Tor stehen und versuchte sich den anderen mit einem Bluff vom Leib zu halten. »Rühr mich nicht an, oder ich bringe dich dorthin zurück, woher ich dich gerufen habe. Augenblicklich. Dann wirst du feststellen, daß diese Hexenhure Roxane angenehme Gesellschaft war. Die Hölle ist für immer, Jannigeist. Und sie sind darauf

Weitere Kostenlose Bücher