Armeen Der Nacht
Efreet- und Krrfträumen zu tun glaubte.
Sie kamen und gingen. Ihr Gesicht ... ihr Mund, ganz nahe, er sprach Worte, und er war imstande, von Lippen zu lesen, doch bei ihr war es, als spreche sie in einer Sprache, die er kannte und doch nicht kannte, wenn er wach war, oder als ließe sein Gehirn ihn die Laute nicht zusammenfügen.
Kein Mann hatte solche Nächte, ohne dafür zu bezahlen.
Er spürte schmerzende Stellen; er hatte Flecken (Hexenmale?), Biß- und Kratzwunden, die das bestätigten, an das er sich zu erinnern vermochte. Konnte die Seele eines Menschen durch so winzige Verletzungen heraussickern?
Eine Spinne hatte ihr Netz über das Gitter der Lüftungsöffnung gewebt. Das war ein Omen. Rasch riß er es herunter und zerquetschte die Spinne mit dem Absatz. Doch dann empfand er ein größeres Schuldgefühl als nach dem Töten in der Kaserne.
»Stilcho.« Es bedurfte großer Willenskraft, ihn zurückzurufen. Ischade konzentrierte sich auf den Stiefsohn, sie suchte die langen Fäden ab, die jedem seiner Schritte gefolgt waren. Sie zog daran, wob sie neu und brachte ihn auf die Beine von dem kalten Boden unterhalb der winterlichen Rosensträucher. »Stilcho! Narr! Laß los! Komm hoch!«
Er weinte — Tränen aus einem Auge und eine dünne, rötliche Flüssigkeit aus der leeren Höhle. Und er kam zurück — kehrte ganz plötzlich in die Welt zurück, mit einem Schrei, der in jeder Stadt Aufsehen erregt hätte, außer in Freistatt.
»Nun«, sagte sie. Sie saß mit den Armen um die Knie verschränkt und musterte diesen unwilligsten ihrer Diener. »Wo warst du?«
Da erkannte er sie und kletterte zurück, bis er sich an den Dornen der Rosensträucher verfing. Er fing zu frösteln an; und sie nahm den Zauber fort, der noch daran haftete.
»Dieser Narr!« sagte sie. Sie hatte sofort die Handschrift und den eigenwilligen Stolz erkannt. Manchmal amüsierte Haught sie mit seinem Wissensdurst und seinem selbstbewußten Eifer zu dienen. Jetzt war kein solcher Augenblick. »Wohin bist du letzte Nacht gegangen?«
»Hie-hierher.«
»Eitler Wahn. Welche Wunder hast du vollbracht? Was hat er von dir verlangt?«
»Ich ... ich ...« Stilchos Zähne klapperten. »Daß ich — hinuntergehe ... eine A-antwort finde ...«
Sie holte tief Atem und kniff die Augen zusammen. Stilcho blickte in ihr Gesicht und drückte sich in die Rosenbüsche, ohne auf die Dornen zu achten. Er zuckte zusammen, als sie ihn erreichte und am Arm faßte. »Stiefsohn. Nein, ich tue dir nichts, keine Angst. Was wollte Haught wissen?«
»N-ni-niko.« Stilcho zitterte noch mehr. »T-tempel ... Sagte ... sagte, soll dir ausrichten ... Janni ... Janni sucht Niko.«
Sie war einen Moment ganz still. Aus einer zerkratzten Wange Stilchos sickerte Blut. »Auf welcher Seite steht er, Stilcho?«
»Sagte ... sagte ... du ver-verbringst zuviel Zeit ... mit Straton. Sagte ... denk an Janni. Denk ...«
Es verging alles sehr rasch, sehr ruhig. Sie blickte ihn einen Moment lang an, und er erstarrte wie ein Vogel vor einer Schlange. Dann lächelte sie, und er zuckte aufs neue zurück. Doch sie streckte die Hand nur aus, um eine Strähne aus seinem verwüsteten Gesicht zurückzustreichen. »Du hast ein gutes Herz, Stilcho. Ein treues Herz. Es ist gegen Korruption gefeit. Gegen Korruption aller Art. Obgleich dir nicht gefällt, was ich getan habe. Haught ist ein Nisibisi. Gibt dir das nicht zu denken?«
»Er haßt die Nisihexe!«
»O ja. Nisifeinde verkauften ihn in die Sklaverei. Aber Stiefsöhne kauften ihn. Ich sage dir eines, Stilcho, ich dulde keinen Streit in meinem Haus. Schau, du blutest. Geh hinein und wasch dich. Warte ...« Sie drückte einen Kuß auf seinen narbigen Mund und hauchte einen auf die zerkratzte Wange. Beim zweiten hielt er den Atem an, denn sie hatte einen prickelnden Zauber in seine Seele geschickt. »Wenn Haught so etwas noch einmal versucht, werde ich es gleich wissen. Geh ins Haus.«
Er löste sich aus dem Rosenstrauch, sammelte sich und ging zu den Stufen. Hastig. Mit aller Anmut, zu der ein Toter fähig war, der von seiner hohen Gebieterin kam. Und sie kauerte jetzt im Staub und zauberte ein paar frische Blätter auf den Rosenstrauch.
Die Tür schlug zu. Der Rosenstrauch versuchte, eine neue unzeitgemäße Blüte hervorzubringen. Ein hellgrüner Sproß schoß hervor, eine Knospe bildete sich. Ischade stand auf und wartete, bis sie sich blutrot und in vollkommener Schönheit geöffnet hatte.
Dann pflückte sie die Rose, saugte an
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