Armeen Der Nacht
Respekt eingeflößt hatte, zitterte unter dieser Berührung.
Noch mehr zitterte sie, als er sie zum Spiegel umdrehte, und sie die Frau mit dem krausen schwarzen Haar sah, die verstört zurückblinzelte. Er hatte sie so gemacht. Zauberei, wie bei der Ro se. Mit funkelnden Augen wirbelte sie zu ihm herum. »Ich bin nicht dein Spielzeug, verdammt!«
(Doch die Stimme blieb weich, und ihr Akzent war nicht der einer Ilsigerin.)
»Du bist so, wie ich dich immer sah.«
»Sei verdammt!«
»Und so, wie sie dich will. Laß Moram auf der Straße. Er hat seinen Nutzen. Du gehörst in die obere Stadt. Ist dir denn noch nicht klar geworden, wozu du bestimmt bist?«
»Ich bin nicht deine verfluchte Hure!«
Er zuckte zusammen. »Habe ich das je verlangt? Nein. Ich sage dir, was du tun wirst. Aber dieses Wort würde ich an deiner Stelle nicht benutzen. Wirklich nicht, Moria, nicht wenn sie es hören kann.«
Weitere Boten eilten durch den Tag. Ein großer hob sich auf schwarzen Schwingen und scheuchte dabei einen Schwarm kleinerer auf, als er vom Dach des Häuschens am Fluß aufstieg. Die kleinen nahmen Dutzende von Wegen.
Und Ischade (sie schlief tatsächlich hin und wieder, doch in letzter Zeit nur selten) hüllte sich in einen blauen Umhang, der so ganz anders als ihr nächtlicher schwarzer war, und griff nach gewissen anderen Dingen, die sie brauchte.
»Stilcho«, sagte sie. Als sie keine Antwort erhielt, schob sie den Vorhang zur kleinen Kammer des Stiefsohns zurück.
Er war nicht dort. »Stilcho!« Sie sandte ihren Geist aus, um die nähere Umgebung abzusuchen, und vernahm eine schwache Antwort.
Da öffnete sie die Hintertür und schaute hinaus. Sie sah ein fröstelndes Bündel unterhalb der Rosensträucher.
»Stilcho!«
Es gab eine Art von Zuflucht in diesem Haus, einem von sechs Schlupflöchern, die sie innerhalb der schwarzen Zone für Operationen fern des Stützpunkts unterhielten. Lustlos breitete Straton seinem Braunen Stroh im Stall aus und gab ihm Futter und Wasser. Dann stieg er die schmutzige Treppe des verlassenen Hauses hinauf und zog an der Rolladenkette, damit etwas Licht einfallen konnte.
Ein wenig zu essen stand bereit und ein bißchen Wein. Ein Wasserkessel hing über der Feuerstelle. Er stapfte in der staubigen Stille herum und wußte, daß niemand ihn hören konnte: Unter der Stube war der Stall, und zu beiden Seiten befanden sich Lagerhäuser, deren wohlbetuchte rankenische Besitzer in der oberen Stadt wohnten.
Er frühstückte, wusch sich. Wieder einmal einer dieser Tage, wie viel zu viele in letzter Zeit, mit Grauen zu Beginn und am Ende und Langeweile dazwischen, weil er nirgendwo hingehen und nichts tun konnte. Es hieß nur warten, warten, warten. Irgendwann würde das verteilte, wachsame 3. Kommando auf etwas stoßen, doch inzwischen nahmen die alltäglichen Geschäfte ihren Gang; drunten am Hafen wurde weitergehämmert, daß es sogar noch von entfernteren Wänden widerhallte.
Es wurde gebaut, während das Ende der Welt bevorstand!
Er saß da, kaute an einem Kanten Brot, trank einen Becher Wein dazu, doch er wollte nichts anderes als zu ihr, zum Fluß, in die Dunkelheit. Vielleicht wäre ihm etwas eingefallen, wie er seine Zeit hätte vertreiben, ja nutzen können, wenn er nur nachgedacht hätte. Doch da war diese tiefe Überzeugung, daß es nichts, absolut nichts zu tun gab, was sich gelohnt hätte. Jedenfalls nicht im Augenblick. Und daß bald die Hölle losbrechen würde.
Seit er das Bett mit der Hexe teilte, hatte er Vorahnungen.
Niko war in eine solche Falle gegangen, doch selbst das hatte ihn nicht abgeschreckt, denn er wußte, weshalb, und er akzeptierte es. Lustlos saß er herum, hörte das Pochen seines Herzens wie die Hammerschläge und das Rattern von Karrenrädern unten auf dem Kopfsteinpflaster.
Meine Stadt. Mauern, hintern denen das Reich durchhalten könnte, wenn einige Änderungen vorgenommen würden.
Nicht nur ein Kaiser von Ranke war durch den Willen der Soldaten aufgestiegen (und gefallen, o ja).
Er könnte nach dem Schwert greifen, das Kadakithis unberührt ließ. Könnte bereit sein, wenn Tempus zurückkehrte.
Das würde Crit einen ganz schönen Schrecken versetzen. Hallo, Crit, sieh dir deinen neuen Kaiser an. Mich!
Er schauderte. Es war verrückt. Er versuchte sich an die Nacht zu besinnen, doch sie war voll dunkler Löcher. Es gab nur Erinnerungsfetzen an Dinge, die er mit Ischade getan hatte und die alle so unwahrscheinlich waren wie solche, die man in
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