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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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war. Dann ein zweites.
    Während er das zweite Glas leerte, wurde ihm klar, warum er ins Conrad Hilton gekommen war und um den fünfzehnten Stock gebeten hatte.
     
    Er würde nicht hier schlafen. Er konnte es nicht. Er schaute in den Spiegel. Seine Kleider waren vom Schlafen zerknittert, seine Augen ein ganz kleines bißchen blutunterlaufen, seine Haare ein ungekämmter Wust. Er spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht, holte seinen Koffer heraus, zog sich frische Jeans und einen blauen Kaschmir-Pullover an und kämmte sich die Haare. Dann nahm er seine Jacke von dem Stuhl, auf den er sie geworfen hatte, und trat schweigend in den Flur hinaus.
    Der Flur war trübe beleuchtet und still. Sandy konnte sich nicht erinnern, ob er sich verändert hatte oder nicht. Wahrscheinlich, dachte er. Wahrscheinlich haben sie den Farbanstrich gewechselt, oder die Teppiche, oder sonstwas. Er konnte sich nicht erinnern. Es sah genauso aus. Genauso wie damals.
    Alles war leer und still. Alle Türen waren zu und für die Nacht verschlossen. Aber das hatte nichts zu sagen. Verschlossene Türen waren kein Schutz. Weit, weit weg hörte er den Fahrstuhl aufgehen, und dann hörte er Schritte, schnelle Schritte, Rufe und Schreie. Und er wußte, es passierte noch einmal. Benommen und noch halb im Schlaf ging Sandy den Flur entlang und sah auf die Zimmernummern. Er kam um eine Ecke und erstarrte. Alles war da. Sie strömten aus den Fahrstühlen, wirbelten durch die Flure, stellten keine Fragen und beantworteten keine, holten zum Schlag aus, traten, fügten Schmerzen zu. Dunkle, blaue Gestalten und andere in Khaki, mit erhobenen und blutigen Knüppeln und natürlich den Pistolen, nicht gezogen, aber doch da, an ihren Seiten. Gesichtslos, ohne Dienstabzeichen ergossen sie sich aus den Fahrstühlen, und in ihren Augen konnte man sehen, daß man der Feind war, überhaupt kein menschliches Wesen, der Feind, der Feind, und sie gingen auf einen los und schlugen zu, und nichts, was man sagte oder tat, würde diesen Knüppeln Einhalt gebieten. Im Flur war Chaos. Sie hämmerten an Türen, traten andere ein, zerrten die Kids drinnen heraus, ohrfeigten sie, stießen sie, schrien auf sie ein, raus hier, raus, raus! Sie hörten auf keine Bitten. Er hörte die Gummiknüppel gegen Arme, Zähne, Schädel klatschen. Es war ein Geräusch, das man nicht vergaß, ein Laut, den man nie wieder vergaß. Er hörte das Grunzen, das schmerzliche Aufstöhnen, die Kraftausdrücke, die in beide Richtungen gingen. Er sah, wie ein schlanker schwarzer Junge mutig versuchte, ihnen die Stirn zu bieten, und sie rannten ihn einfach um, die Knüppel fuhren nieder, sie umringten ihn und schlugen zu, wieder und wieder und wieder. Blut an den Gummiknüppeln. Dann schaute einer von ihnen auf, und sie sahen ihn. Der Mund öffnete sich stumm, die kalten Augen verengten sich, und der blaugekleidete Arm zeigte zu ihm hin, und sie kamen auf ihn zu. Sandy trat zurück, weg von ihnen, und dann rannte er, schrie eine Warnung, stürzte so schnell er konnte durch die Flure und um die Ecken herum, und die ganze Zeit hörte er die Schritte hinter sich. Vor ihm war die Einsatzleitung. Vor ihm war die Suite. Sicherheit, Sicherheit, die Verantwortlichen, die Verantwortlichen würden sie nicht zusammenknüppeln. Die Türen zur Suite waren offen. Er rannte hinein. Sie sahen ihn alle überrascht an. Vier von ihnen spielten Bridge. Andere waren im Zimmer verstreut, unterhielten sich leise, blätterten in Papieren, tranken den bitteren Wein der Niederlage, leckten ihre Wunden. Sandy fing an, ihnen zuzurufen, die Türen zu, verschließt die Türen, aber es war zu spät, zu spät, der Feind war unter ihnen. Sie rannten herein und schwangen die Knüppel. Er sah, wie ein Bridgespieler eine Hand hob, um einen Schlag abzuwehren, hörte das Übelkeit erregende Knirschen, als er auftraf, sah den Knüppel zersplittern. Jemand verlangte eine Vollmacht, rief etwas von einer Vollmacht, und sie schlugen auf ihn ein, und dann rief er nichts mehr. »Halt!« brüllte Sandy. »Was geht hier vor!?« Er fuhr vor einem Schlag zurück, einen Arm über dem Gesicht.
    Dann öffnete er verwirrt die Augen, und der Flur war leer. Totenstill und leer. Er keuchte. Nein, sagte er zu sich selbst. Hier war nichts, nichts. Keine Rufe, keine Schreie, keine Geräusche von Schlägen. Wie auch? Es war nicht 1968. Diese Passionen waren längst tot. Er glaubte nicht an Gespenster. All diese verschlossenen Türen verbargen nur leere Zimmer und

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