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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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»Die Wahrheit jetzt«, sagte er. »Warst du in dieser Nacht wirklich mit ihm zusammen?«
    »Ganz bestimmt«, sagte Francie.
    Bevor Sandy eine weitere Frage formulieren konnte, kam ein bohrender, lärmender Klang von der Bühne, als Maggio seiner elektrischen Gitarre einen zornigen Akkord entlockte. »Na schön, ihr Arschlöcher«, sagte er laut ins Mikrofon. Diesmal sah jeder auf ihn. Der rothaarige Baßmann und der Drummer saßen mit einem wachsamen Ausdruck auf den Gesichtern hinter ihm. »Wir haben so einen beknackten Reporter hier, der nicht glaubt, daß Rick Maggio es noch bringt. Er wird’s lernen. Jetzt gleich. Also, Leute, ihr könnt euch eure Wünsche in eure winzig kleinen Arschlöcher stecken und euch eure gelben Bänder um eure winzig kleinen Schwänze binden, denn jetzt gibt’s Rock and Roll!« Er brüllte die letzten Worte, sprang hoch und landete schwer, daß die Bühne erzitterte, und dann erbebte der ganze schäbige kleine Schuppen unter der Kampfansage seiner Gitarre. Die einleitenden Akkorde waren ungemein bekannt, und Maggios rauhe, böse Stimme krallte sich in den Text wie ein Mann, der Schmerzen hat, sich in einen Schrei verkrallt.
    Ain’t gonna take it easy
    Won’t go along no more
    Tired of gettin’ stepped on
    When I’m down here on the floor
    Während er sang, funkelte er Sandy mit einem altvertrauten höhnischen Grinsen auf dem Gesicht an. Als er sich in den Refrain stürzte, flackerte für Sandy kurz und auf seltsame Weise ein gedoppeltes Bild auf, als ob die Aufgedunsenheit und der Bart und die schwammigen Schichten alle Teil einer grotesken Illusion wären, falsch und irgendwie unwirklich, und erst jetzt sah er durch sie hindurch dorthin, wo der echte Rick Maggio gefangen war.
    Cause I’m ragin’! sang Maggio .
    RAGIN’! echoten seine Hintermänner .
    Sie kannten den alten Nazgûl-Hit gut genug, um sich den Anschein zu geben, als spielten sie mit ihm zusammen. Die Baßgitarre war unsicher, und die Drums waren nicht halb so fiebrig und zornig, wie sie sein sollten. Aber zumindest kannten sie ihren Text, ihren einzigen Ein-Wort-Text, und legten ein wenig Rage hinein, als sie ihn sangen. Maggio grinste und entrang seiner Gitarre Schmerz.
    Yes, I’m ragin’! sang er .
    RAGIN’! schrien sie .
    Die Amps waren voll aufgerissen, so daß es unmöglich war, sich zu unterhalten, und das Come On Inn bebte in dem Getöse. Einige im Publikum machten einen erschrockenen Eindruck. Sandy konnte es ihnen nicht verübeln; Maggio sah erschreckend aus. »Ragin’!« war immer sein Song gewesen, der einzige Titel auf Music to Wake the Dead, wo er statt Hobbins die Leadstimme gesungen hatte, und jetzt ließ er seine ganze Verletztheit, seine ganze Gehässigkeit und all seine entstellte Wut in ihn einfließen.
    How I’m ragin’! schrie er .
    RAGIN’! brüllte es zurück .
    Sandy erinnerte sich an West Mesa. Das Licht war scharlachrot und surreal geworden, und Maggio, mager und höhnisch grinsend, war nach vorne getreten, um den Song zu bringen, seine große Nummer auf ihrem neuen, unveröffentlichten Album. Und bei der dritten Zeile des Refrains hatte das Publikum die Idee erfaßt, und als Maggio »Ragin’!« schnarrte, schrien sechzigtausend Leute es ihm zurück. Rotes Licht und Blutdurst und nackter Zorn über all die Grausamkeit der Welt; sechzigtausend Stimmen vereinigt. Beinahe sexuell.
    Ain’t gonna tote no rifle
    Ain’t gonna sweep no floor
    Screw them liars in their suits
    I ain’t takin’ any more!
    Es war verhunzt, es war amateurhaft, ja. Aber es hatte immer noch Kraft. Rohe, häßliche Kraft. Sandy spürte sie. Er konnte das Herzblut fühlen, das Maggio in seine Gitarre gab, den Schmerz in der Stimme, den wachsenden Zorn.
    Cause I’m ragin’!
    RAGIN’!
    Yes, I’m ragin’!
    RAGIN’!
    How I’m…
    Und dann, mit Übelkeit erregender Abruptheit, hörte es auf. Die Musik erstarb mit einem schauerlichen Wimmern, wie von Nägeln auf einer riesengroßen Tafel, die Back up-Musiker erstarrten und glotzten einander an.
    Unten hatte der Barmixer unter der Bühne den Stecker herausgezogen.
    Rick Maggio zitterte wie ein Mann, den man beim Liebesakt unterbrochen hatte, der im Augenblick direkt vor dem Orgasmus gewaltsam und rauh aus seiner Partnerin gerissen wurde. Er sah benommen und krank aus. Dann, als er schließlich erkannte, was geschehen war, wurde er bleich vor Zorn. »Was fällt dir ein, verflucht noch mal?« schrie er zu dem Barmixer hinab. »Nimm deine verdammten Hände von

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